Leitartikel

Erinnerungen an den Modellbau der Pinswanger Kapelle

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

Vor 95 Jahren wurde in Pinswang (Gemeinde Rimsting) eine Kapelle erbaut. Mit dabei war unter anderem Hans Furtner. Dessen Sohn Sebastian Furtner aus Prien hat sich im hohen Alter von 85 Jahren zur Aufgabe gemacht, die Kapelle maßstabsgetreu nachzubauen. Das gelungene  Werk war erstmals beim  Gaufest-Umzug des Chiemgau-Alpenverbandes im Jahr 2005  in Niederaschau im Chiemgau zu bewundern.

Begonnen hat die Geschichte des Festwagens vor 95 Jahren. Damals machte sich der Vater von Sebastian Furtner mit einigen Nachbarn daran, eine Kapelle zu bauen. Die Zeit war damals hart. Der Erste Weltkrieg war gerade vorbei und Vater Hans Furtner wollte als Maurer etwas zur Erinnerung an die vielen Kriegsopfer tun. Die heute noch bestens von der Familie Oischinger (Schneider-Bauer) in Pinswang gepflegte Kapelle war die Anregung für Sebastian Furtner, eine Miniaturausgabe zu schaffen. Eigentlich wollte sich Furtner, der 49 Jahre in der Priener Schreiner Eifertinger seinen Handwerksdienst verrichtete, die Aufgabe für den Leonhardiritt in Greimharting vornehmen. Die aktive Teilnahme an Trachtenfesten und am Leonhardiritt waren  für Sebastian Furtner immer schon ein inneres Anliegen. Doch die Zeit langte nicht, um für den Umritt 2004 um die Greimhartinger Kirche fertig zu werden. Seither hat Sebastian Furtner die Aufgabe allerdings keine Ruhe mehr gelassen. In „etlichen hundert Stunden“ hat er in der hauseigenen Werkstatt Hand angelegt. Genau nach den Foto-Vorgaben der Original-Kapelle von Pinswang machte er sich ans Werk. Unzählige Details mussten geschickt erstellt werden. Der Altar mit dem Heiligen Leonhard, die acht Fenster und zwei Türen, die Kommunionbank, die vier Betstühle, der Weihwasserkessel und vieles andere mehr entsprechen in der nunmehrigen Ausfertigung genau dem Original, einschließlich einer gut funkionierenden Innen-Beleuchtung. Zur Fertigstellung halfen ihm noch der Spengler Helmut Hackenberg aus Greimharting, der sich gerne als damaliger Trachtenvorstand des GTEV „Ratzingerhöhe“ Greimharting einbrachte. Weitere unentgeltliche Helfer waren der Priener Glasermeister Sepp Stöttner und Sebastian Maier, der ganz spezielle Malerarbeiten vornahm. Sohn Sepp Furtner war es überlassen, am Gaufestsonntag mit den Pferden einspannen und den geschmückten Festwagen mit dem Kapellen-Nachbau von Pinswang innerhalb des Priener Trachtenvereins herzeigen. Für die Zuschauer war es eines von vielen Trachtenfest-Motiven. Viel wichtiger als die äußerliche Schönheit des Werkes auf dem Festwagen dürfte allerdings die inwendige Bedeutung des Geschaffenen sein. Für Sebastian Furtner und seine Helfer und nicht zuletzt für die Bauern und die gesamte Nachbarschaft von Pinswang, die schon vor 95 Jahren die Kapelle erbauten, war und ist der geleistete Dienst ein sichtbares Ergebnis zur Ehre Gottes. Inzwischen ist der Festwagen des öfteren  beim traditionellen Leonhardiritt in Greimharting mit dabei gewesen – nur heuer war dies aufgrund der Corona-Situation nicht möglich.

Fotos: Hötzelsperger

  1. Original-Kapelle von Pinswang
  2. Original-Fenster von Pinswang
  3. Altar der Miniatur-Kapelle mit Heiligem Leonhard
  4. Das aufgeklappte Werk
  5. Wast Furtner mit seiner Kapellen-Nachbau
  6. Beim Trachtenumzug in Aschau i. Chiemgau

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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