Natur & Umwelt

Wildnispädagogik in Nußdorf – Ganz schön wild

Es war vor über zehn Jahren, als Judith Anna Heckel einen privaten Schicksalsschlag verkraften musste, der eine berufliche und persönliche Kursänderung mit sich brachte: Sie erkannte, dass sowohl für Kinder als auch für Erwachsene das Leben in und mit der Natur ein ganz wichtiger Bestandteil ist, um ein gesundes und erfülltes Leben in Balance zu führen.

Die gelernte Arzthelferin ließ sich zur Wildnispädagogin ausbilden, um den Menschen den Zugang zur Natur wieder näherzubringen. Es kamen weitere Ausbildungen dazu. Mittlerweile ist die Nußdorferin auch Kinesiologin, Schülercoach, Elternkursleiterin, Mentorin und Kräuterpädagogin. Gemeinsam mit ihrer beruflichen Partnerin Franziska Landesberger kann sie deshalb viele Kurse anbieten, die alle eines zum Ziel haben: Den Teilnehmenden wieder den Zugang zur Natur und ein Leben in Harmonie zu ermöglichen. Franziska Landesberger bekam diesen Zugang während ihrer Studienzeit im Ausland, wo sie auch Menschen aus indigenen Kulturen und deren Selbstverständnis im Umgang mit der Natur kennenlernte. Auch sie ließ sich zur Wildnispädagogin ausbilden.

Die Schwerpunkte im vielfältigen Angebot des Duos sind dabei verschiedene Wildniscamps für Alt und Jung, sowie eine umfassende Pflanzenausbildung. Das Heilpflanzen-Pädagogik-Seminar geht dabei über ein ganzes Jahr, denn in der Natur ist der Jahreskreis enorm wichtig. „Diese Ausbildung ist sehr intensiv“, sagt Judith Heckel. „Deshalb können hier nicht mehr als maximal zwölf Personen teilnehmen.“ Sie lernen dabei allerhand über Heil- und Wildkräuter. Wie man sie zu Salben, Tinkturen, Ölen und Nahrung verarbeitet oder wie man sie trocknet, um Tee daraus zu gewinnen. „Wichtig ist uns dabei auch, dass die Menschen das Wesen der Pflanzen erfassen und erkennen, für was man sie nutzen kann“, sagt Landesberger. Da die Menge der Pflanzen um uns herum beinahe unerschöpflich ist, sollen die Kursteilnehmenden in der Lage sein, sich später auch unbekannte Pflanzen zu erarbeiten.  Das Besondere am Pflanzenkurs der beiden Wildnis- und Pflanzenpädagoginnen ist auch, dass die Teilnehmenden am Ende lernen, das gelernte Wissen an andere weiterzugeben.  „Wenn ich anderen Menschen etwas beibringen kann, verstehe ich es tiefer. Wir zeigen den Leuten auch, wie Franziska und ich so einen Kurs aufbauen. Am Ende sind sie dann in der Lage, selbst Kurse zu geben.“

Im kommenden April ist der erste Pflanzenausbildungskurs von Judith Heckel und Franziska Landesberger dann zu Ende. Ein neues Modul soll ebenso im Frühjahr starten. Im Gegensatz zu diesem neuen Angebot, haben die Wildniscamps der beiden eine längere Tradition. Schon seit vielen Jahren zeigen die beiden Frauen Kindern und Jugendlichen die Schönheiten und Geheimnisse der Natur. Die Termine für die nächsten Camps stehen schon fest: Vom 21. bis 25. August gibt es das Camp „Spurenleser und Lagerfeuergeschichten“ für Neulinge und vom 4. bis zum 8. September lockt das „Waldläuferbanden Sommercamp“ aktuelle und ehemalige Waldläufer hinaus in die Natur. Geboten ist in beiden Camps jede Menge Abenteuer. Franziska Landesberger gibt einen groben Überblick: „Die Kinder und Jugendlichen lernen dabei, wie man Feuer ohne Streichhölzer macht, wie man draußen schläft – ob mit oder ohne Zelt – sie lernen schnitzen, Schnüre drehen, kochen auf dem selbst entfachten Feuer oder welche Kräuter für was gut sind. Dazu kommen Sinneswahrnehmungsspiele und das spielerische Kennenlernen der Natur.

Heckel fügt hinzu: „Diese Fähigkeiten sind allerdings nur zweitrangig. Viel wichtiger ist es, dass die Kinder draußen in der Natur lernen, wie Einigkeit funktioniert. Sie erfahren, wie man miteinander Lösungen findet. Bei uns gibt es keine Opposition oder Verlierer. Das ist schön zu sehen, wie die Gemeinschaft in so einem Camp funktioniert. Hier entwickeln Kinder und Jugendliche oft ungeahnte Fähigkeiten und werden so selbstbewusste junge Menschen.“

Das spüren auch die Eltern der jungen Camp-Teilnehmer. So schrieb beispielsweise eine Mutter begeistert an die beiden Wildnis-Pädagoginnen: „Danke. Ich habe ein überaus glückliches und zufriedenes Kind nach Hause bekommen.“ Damit der Kontakt zur Natur nicht nur auf fünf Tage im Jahr beschränkt ist, haben Judith Heckel und Franziska Landesberger die „Waldläuferbande“ ins Leben gerufen. Hier trifft sich eine kleine Gruppe von Kindern der ersten bis sechsten Klasse einmal in der Woche an einem Nachmittag, um für etwa drei Stunden viel Spannendes und Nützliches aus und von der Natur zu erfahren. Dies passiert sowohl im Frühjahr als auch im Herbst für die Dauer von etwa zwei Monaten. Judith Heckel ist überzeugt: „Kinder erfahren hier vor allem Ausgeglichenheit, eigene Stabilität und Naturverbundenheit.“

Text: af – Bilder: Sissi Richter

Beitrag entstand in Kooperation mit dem Wendelstein Anzeiger – www.wendelstein-anzeiger.de

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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