Natur & Umwelt

Besuch einer Sternführung auf der Ratzinger Höhe

Veröffentlicht von Günther Freund

Der Chiemgau ist ein herrliches Fleckchen Erde mit einer Vielzahl landschaftlicher Schönheiten und interessanten Sehenswürdigkeiten.. Eine ganz besondere Attraktion ist  der von Manuel Philipp gegründete  Sternenpark  auf der  Winklmoos-Alm, der Hotspot in Deutschland für Astrotouristen mit bis zu 6000 sichtbaren Sternen.  Er ist einer von nur vier ratifizierten Sternenparks  in Deutschland.  Der Physiker, und Astronom Philipp ist ein Rimstinger und organisiert auch Sternführungen auf der Ratzinger Höhe.

Ich muss so eine Sternführung jetzt endlich einmal live erleben und melde mich per Internet an. Auf der sehr informativen und ansprechend gestalteten Website   zeigt eine Ampel 1,5 Std. vor Beginn an, ob die Sternführung stattfindet. Ich mache mich auf den Weg zum Treffpunkt beim Wanderparkplatz zwischen Gasthof Weingarten und Ratzing. Ein paar Leute sind schon da. Es ist ein gemischtes Publikum:  Einheimische und Touristen,  Astronomiefreunde und Laien. Sogar ein Ehepaar aus Köln ist da und erzählt mir, daß sie in Gstadt Quartier haben, schon die Chiemsee-Highlights besichtigt und den Chiemsee umradelt haben. Auch ein Humd ist da, ich glaube er heißt Pluto. Vielleicht will er wissen, warum er kein Planet mehr ist. Eine freundliche Frau mit Maske kassiert das Eintrittsgeld,  die Besucher brauchen keine Maske tragen.  Sie schickt uns 50 m vom Parkplatz in Richtung Herrgottswinkel, dort erwartet uns Manuel Philipp. Ich setze mich auf mein Sitzkissen, die anderen Sterngucker haben Klappstühle oder Isomatten dabei.

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Es wird eine Sternführung mit bloßem Auge, ohne Teleskop. Philipp beginnt mit einem Thema, das ihm ganz besonders am Herzen liegt, der  Lichtverschmutzung,. Der Lichtverschmutzung, also die übermäßige Beleuchtung in der Nacht, fallen jährlich Billionen von Insekten zum Opfer. Der Blick von der Ratzinger Höhe zeigt, wie Licht den Sternenhimmel verblassen lässt und die von Rosenheim erzeugte Lichtglocke ist deutlich sichtbar, sogar die von München.  Philipp erklärt, wie einfach es wäre , etwas gegen die Lichtverschmutzung zu tun und hat dazu ein  Projekt „Paten der Nacht“  auf die Beine gestellt. Damit will er in der Region die Bevölkerung für einen schonenderen Umgang mit künstlichem Licht sensibilisieren. Auch eine von  ihm ebenfalls initiierte „Earth Night“, eine Nacht ohne Straßenbeleuchtung,  soll einen Beitrag dazu liefern. Das ist aber ein heißes Eisen, das in so mancher Gemeinde zu heftigen Debatten führte. Wie immer, wenn es um Klimaschutz und Artensterben geht, stehen konservative Kirchturmpolitiker den notwendigen Maßnahmen zur Rettung unseres Planeten entgegen. Das Engagement des Astrophysikers gegen Lichtverschmutzung verdient aber jede Unterstützung, für die er bei den anwesenden Sterneguckern mit einem Flyer wirbt. Unterstützen kann man ihn als Umrüster, der mit gutem Beispiel vorangeht, als Sponsor,  oder auch nur, indem man die Flyer verteilt.

Dann gehts los mit der  Reise über den Nachthimmel. Philipp erklärt zuerst wo unsere Welt im Universum liegt und zeigt es auf einem Schaubild. Er erklärt Sonne und Mond, was ein Stern ist, wie er entsteht, warum er leuchtet, was er uns erzählt. Ist das, was man da sieht, ein Planet? Was sind Galaxien? Was und wo ist die Milchstraße?   Wie weit ist alles weg, wie weit sieht man mit bloßem Auge und welch riesige Entfernungen haben die Himmelsobjekte?  Ich frage ihn, wie die Entfernungen denn gemessen werden, obwohl ich das natürlich weis,  denn In meinem Geodäsie-Studium war Astronomie ein Teilfach, aber ich will wissen, wie er das Laien veranschaulicht. Der Astrophysiker veranschaulicht es recht gut, hat sogar eine nette Bezeichnung dafür: “Hinundherwackelmethode”. Die  Sterngucker lauschen dem äußerst kompetenten Astrophysiker aufmerksam, denn dieser versteht es auch sehr gut seine Ausführungen mit interessanten Geschichten aufzulockern. Und wenn sie die komplexe Materie mal nicht verstehen, dann glauben sie ihm halt einfach was er erzählt.

Nach dem spannenden eher theoretischen Teil kommt dann der Blick zum Himmel, der mittlerweile fast wolkenlos ist. Der Platz auf der Ratzinger Höhe ist perfekt gewählt, keine Lichter stören, wenn nicht gerade ein Auto vorbeifährt, was nur ganz selten der Fall ist. Hunderte Milliarden  Sterne, Kometen oder Satelliten ziehen ihre Bahn. Mit einem grünen Laserstrahl zeigt Philipp auf die verschiedenen Sternbilder wie den Großen Wagen, Kleiner Bär oder Cassiopeia.  Er zeigt die 12 Tierkreisbilder, wie man den Polarstern findet, wer das Sommerdreick bildet (Deneb, Wega, Atair) oder auch die Milchstraße. Und zum Schluss  zeigt er noch auf “Gemma”, passend als Aufforderung für die Besucher zum Gehen,  nach 2 1/2 hochinteressanten Stunden. Keiner der Besucher ist vorzeitig gegangen, nur Pluto ist eingeschlafen und hat sein Sternbild verpasst.

Physiker und Astronom  Manuel Philipp  erklärt das Universum

Heute konnte ich einiges von dem vor über 50 Jahren erworbenen Wissen über Astronomie wieder auffrischen und ich kann jetzt meinen Enkelinnen den Sternenhimmel erklären. Sie haben nämlich von ihrem Onkel, einem Physiker und begeisterten Amateurastronomen, ein Teleskop bekommen und ich habe den Auftrag , ihnen damit bei meinem nächsten Besuch in Südfrankreich, wo sie leben,  die Sterne zu erklären. Wird aber nicht einfach sein, denn die Lichtglocke über Montpellier steht dem entgegen. Aber ich habe schon eine Idee: ich fahre mit ihnen auf die Gardiol, wo es ein bißchen wie auf der Ratzinger Höhe ist, nur statt dem Chiemsee liegt hier im Süden das Mittelmeer. Und nächstes Jahr im Sommerurlaub müssen die Mädchen mit auf die Ratzinger Höhe oder Winklmoosalm zu einer Sternführung mit Manuel Philipp.

 

Redaktion

Günther Freund

1944 in Bad Reichenhall geboren, Abitur in Bad Reichenhall, nach dem Studium der Geodäsie in München 3 Jahre Referendarzeit in der Vermessungs- und Flurbereinigungsverwaltung mit Staatsexamen, 12 Jahre Amtsleiterstellverteter am Vermessungsamt Freyung, 3 Jahre Amtsleiter am Vermessungsamt Zwiesel und 23 Jahre Amtsleiter am Vermessungsamt Freyung (nach Verwaltungsreform mit Vermessungsamt Zwiesel als Aussenstelle). Seit 2009 im Ruhestand, seitdem in Prien am Chiemsee wohnhaft.

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