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Bernauer Bürgermeister-Diskussion

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

„Wir Bernauer brauchen uns mit diesen beiden Bürgermeisterkandidaten nicht vor den Kommunalwahlen zu fürchten“, zog der Vorsitzende des Bundes Naturschutz Peter Kasperczyk den Schlussstrich bei der Präsentation der Kandidaten im voll besetzten Saal des Gasthofs Kampenwand. „Es ist schade, dass die anderen vier Kandidaten – aus welchen Gründen auch immer – an der heutigen Diskussion nicht teilgenommen haben. Eine Parteinahme für einen Kandidaten, der dem BN nahesteht, gibt es nicht, die Fragen, die wir an die Kandidaten stellten, wurden so auch an viele andere Bewerber bayernweit gestellt. Im Übrigen haben wir vor sechs Jahren die gleiche Befragung organisiert, damals waren alle Kandidaten vertreten“.

Gespannt warteten die Zuhörer auf den ersten – und letzten – gemeinsamen Auftritt der beiden Männer, die sich für den Chefposten im Bernauer Rathaus bewerben. Philipp Bernhofer strebt für die Bernauer Liste eine zweite Amtszeit an, Severin Ohlert tritt für die „Grünen“ an.

Peter Kasperczyk gab den Kandidaten zunächst ein paar Minuten, um sich und ihr Programm vorzustellen. Da nur zwei auf dem Podium saßen, geriet das gleich etwas umfangreicher und länger. Anschließend stellte er Fragen zu den Bernauer Hauptproblemen aus den Bereichen Ökologie, Kommunaler Klimaschutz, Artenschutz und Flächenschutz an die beiden auf dem Podium, abschließend beantworteten diese noch die Fragen aus dem Plenum. Peter Kasperczyk betonte ausdrücklich, dass die Fragen allen sechs Kandidaten vorher bekannt waren, so dass sie sich bestmöglich vorbereiten konnten. „Wir wollen den Bürgern helfen, aus den Bewerbern um den Chefsessel im Rathaus den Richtigen für sich selbst und als Bernauer Bürgermeister für die kommenden sechs Jahre auszuwählen. Wir wollen hier keine Werbeveranstaltung einseitig für eine Partei machen, sondern allen Kandidaten die gleichen Möglichkeiten für ihre Darstellung bieten. Wir bedanken uns bei den beiden, die gekommen sind, dass sie sich bereit erklärt haben, hier mitzumachen; wir erheben nicht den Anspruch alle Probleme und ihre Lösungen in den kommenden Stunden durchackern zu können, sondern wollen uns auf einige allgemein interessierende Themen beschränken. Wir wünschen uns Fairness und gegenseitigen Respekt am heutigen Abend sowohl zwischen den Kandidaten, wie auch von den Zuhörern“.

Los ging es mit dem kommunalen Klimaschutz, da beide Bürgermeisteranwärter aus derselben politischen Richtung kommen, herrschte weitgehende Übereinstimmung. Severin Ohlert möchte den Bahnhof aus seinem Dornröschenschlaf befreien, den ÖPNV fördern und den Individualverkehr auf den Durchgangsstraßen herunterfahren. Die künstlich hochgefahrenen Energiekosten müssten durch dezentrale Maßnahmen, wie Photovoltaik und nachwachsende Rohstoffe heruntergefahren werden, die Gemeinde sei dabei stets in einer Vorbildfunktion.

Philipp Bernhofer verwies auf die Maßnahmen in den letzten sechs Jahren, angefangen bei der Bürgerenergiegenossenschaft mit ihren Voltaikanlagen auf der Sporthalle und dem Schwimmbad, über die Einstellung des Klimaschutzmanagers bis hin zur pestizidfreien Pflege und Unterhaltung der heimischen Plätze und Wege. „Bernau braucht keine Neubauten, sondern muss seine vorhandene Bausubstanz sanieren, dazu könne man die Bebauung vielfach verdichten. Ein ungezügeltes Wachstum können wir uns nicht mehr leisten“. Für die Zukunft soll der Klimaschutz ausgeweitet werden, der Bernauer Park als Grüne Lunge sei dazu ein erster Schritt.

Eine Frage aus dem Publikum, welche Kosten dafür im Raum stehen und wer denn das alles bezahlen solle, blieb unbeantwortet. Das Publikum lauschte sehr diszipliniert, kam aber nur selten ins Gespräch, da die Sprechzeit der fehlenden vier Amtsanwärter voll von den beiden Anwesenden genutzt wurde.

Beim zweiten Themenblock Artenschutz führte Philipp Bernhofer die Umnutzung aller gemeindlichen Grünflächen in Blühflächen auf. Auch das Bernauer Dauerthema Hitzelsberg wurde nach allen Seiten betrachtet, weiter ging es mit den Kiebitzflächen im Irschener Winkel und der umstrittenen Abholzaktion, bis hin zur Renaturierung der Bernauer Ache und dem Entfernen der Biberburgen aus den Mündungen der Bernauer Bäche in den Chiemsee als Hochwasserschutzmaßnahme. Eine der nächsten Aufgaben sei eine Kartierung der Flächenbestände und ein Maßnahmenkatalog: „Machen wir etwas oder lassen wir das“. Eine Baumschutzverordnung, wie von einigen Zuhörerinnen gefordert, schloss er für die Gemeinde aus, da sie nicht zielführend sei. In diesem Falle würden die Bäume eben kurz, bevor sie in die Schutzverordnung fallen, gefällt.

Severin Ohlert verteidigte diese urgrüne Forderung vehement, die Erfahrungen mit solchen Verordnungen in den Städten seien sehr gut. Eine reine Freiwilligkeit bringe bei umstrittenen Maßnahmen meist nicht den großen Nutzen. Der Schutz des Hitzelsberges gehe ihm nicht weit genug, die Nutzung des Geländes hätte in anderer Form erfolgen sollen.

Die Zuschauer brachten hier das Silvesterfeuerwerksverbot für den Irschener Winkl, die Neuansiedlung des Kiebitzes, das Problem der freilaufenden Hunde in den Schutzgebieten verbunden mit der Beseitigung des Hundekots, die „greislichen“ Steingärten und die Lichtproblematik zur Diskussion. Die beiden Kandidaten auf dem Podium waren sich auch hier weitestgehend einig, man sehe das gemeinsame Ziel, gehe aber dazu marginal unterschiedliche Wege.

Auch beim dritten Themenblock Flächenschutz, Flächenfraß und Bauentwicklung war man sich ziemlich einig. Bezahlbarer Wohnraum für Gemeindebürger habe Vorrang bei allen Planungen. Bernau sei in seinen räumlichen Ausdehnungsmöglichkeiten sehr eingeschränkt, so dass bei Bauvorhaben stets eine Nachverdichtung oder ein weiteres Stockwerk auf den vorhandenen Bauten ins Kalkül gezogen werden müssten. Auch die vorhandenen leerstehenden Räume müssten wieder einer Nutzung zugeführt werden. Neben der Schaffung von Wohnraum sei ein gemäßigtes Wachstum der Gemeinde anzustreben, dazu müssten weitere Arbeitsplätze entstehen. Der größte Flächenräuber in der Gemeinde sei zum derzeitigen Planungsstand die Autobahn A8 mit geplanten sechs Spuren. Wenn sie so verwirklicht würde, würde das das Aus für mehrere Bernauer Bauern, ein Ansteigen des Verkehrs und der damit verbundenen Beeinträchtigungen durch Lärm, Feinstaub und Gestank bedeuten.

Die vierte Fragerunde wurde wegen der fortgeschrittenen Zeit gar nicht mehr angefangen. Den Abschluss bildete die Frage, wie sich die Kandidaten die Ausgestaltung ihres Amtes vorstellen. Dabei war die übereinstimmende Antwort: der Bürgermeister dürfe sich nicht überschätzen und müsse als Teamplayer arbeiten, Erfolg gebe es nur im Zusammenwirken aller, dabei müsse man auch die Hilfe von außen annehmen, wenn es notwendig sei.

Bericht: Heinrich Rehberg

Foto: Hötzelsperger – Blick auf Alten Wirt und Kirche von Bernau

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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