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Vortragsabend: Mit Moorschutz Geld verdienen

Veröffentlicht von Christina Rechl

Die Ortsgruppe Bad Endorf / Eggstätt des BUND Naturschutz e.V. hatte am 28. Februar im Gasthof Unterwirt/Eggstätt vor etwa 70 Zuhörern, darunter erfreulicherweise auch etliche praktizierende Landwirte, zum Vortragsabend Moorschutz geladen.

Zunächst wurde durch den 1. Vorsitzenden der Ortsgruppe, Matthias Ruh, an Herrn Prof. Dr. Otto Siebeck, dem langjährigen, ehemaligen Leiter der limnologischen Forschungsstation Seeon der LMU, dem 2014 die Bayerische Staatsmedaille für besondere Verdienste um die Umwelt verliehen wurde, das Vereinsabzeichen in Gold für langjährige (50 Jahre) Mitgliedschaft und aktive Mitarbeit im BUND Naturschutz e.V. verliehen.

Im ersten Vortrag der beiden Moormanagerinnen Bärbel Gänzle und Veronika Kloska von der Unteren Naturschutzbehörde im LRA Rosenheim wurde die große Bedeutung der Moore für Landschaftswasserhaushalt, Artenschutz und Klima anschaulich dargestellt. Die Klimawirkung kommt dadurch zustande, dass bei Wassersättigung große Mengen an organischer Substanz dauerhaft gespeichert werden, während es bei Entwässerung dieser Standorte dazu kommt, dass sich die organische Substanz unter Lufzufuhr zersetzt und erhebliche Mengen an klimarelevanten Gasen frei werden. Im Klimaschutzprogramm 2050 (KLIP 2050) werden deshalb in verschiedenen Projektgebieten im Landkreis ehemalige Hochmoorstandorte, z.T. ehemalige Torfstiche, zum Ziel der Wiedervernässung angekauft und renaturiert. An einigen Beispielen aus der Praxis wurde gezeigt, dass es wieder zum Wachstum der Torfmoose kommen kann, so dass auf diesen Flächen nicht nur der Torfabbau gestoppt wird, sondern auch bis zu 15 t CO2-Äquivalente je ha und Jahr zusätzlich gebunden werden können. Geeignete Flächen werden nach wie vor gesucht.

Frau Dr. Freibauer, Leiterin des Instituts für Agrarökologie und ökologische Landwirtschaft an der bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft, referierte daraufhin zum Thema „Mit Moorschutz Geld verdienen“.

Ihr wichtigstes Argument für den Moorschutz aus Sicht der Landwirtschaft war, dass die Nutzung von  entwässerten Moorböden aufgrund Degradierung und Sackung die langfristige nicht gesichert ist und zum Teil schon innerhalb von 30 – 40 Jahren enden oder stark erschwert wird. Jedes Jahr geht im Durchschnitt 1cm des Moorsubstrates verloren bis darunter liegende Schichten, z.T. Seeton, zum Vorschein kommen, die großteils für eine produktive Landwirtschaft nicht oder wenig geeignet sind. An Ergebnissen aus Versuchen im staatlichen Versuchsgut Karolinenfeld wurde dagegen gezeigt, dass auf Moorböden bei Wasserständen von 30cm unter Flur mit Grünland noch gute Futterwerte erzielt werden können und bei Wasserständen von 10cm –  0cm unter Flur Sonderkulturen, sog. Paludikulturen (von lat. Palus = Sumpf), wie Schilf, Großseggen oder Binsen als Rohstoffquelle für Baumaterialien, Isolierstoffe und viele andere Produkte dienen können. Langfristig kann Landwirtschaft auf Moor nur nass erfolgen – war eine der ersten Kernaussagen von Frau Dr. Freibauer. Dazu gab sie auch einen Überblick über verschiedene Möglichkeiten und Techniken der Wasserstandsregulierung aus dem staatlichen Versuchsgut Karolinenfeld.

Netzwerke aus Produzenten, Verarbeitern und Vermarktern dieser Produkte sind erst im Entstehen, akutell ist aber nach Einschätzung Frau Dr. Freibauers die Nachfrage nach diesen Rohstoffen höher, als die aktuelle Produktion. Die Politik hat das Thema Moorschutz als wichtiges Handlungsfeld auserkoren und im nationalen Moorschutzprogramm ist vorgesehen, 4 Mrd. EURO in den nächsten Jahren zu investieren. Die Vernässung von landwirtschaftlich genutzten Böden wird deshalb gefördert und es gibt neben der Förderung und den erzielbaren Erträgen aus der landwirtschaftlichen Nutzung noch die Möglichkeit der CO2-Zertifikate, die darüber hinaus langfristig Zusatzeinkommen für die betroffenen Landwirte generieren können. Im Fazit rief Frau Dr. Freibauer zwar dazu auf, den Mut zu haben, auf einzelnen Flächen kurzfristig mit neuen Nutzungen und höheren Wasserständen zu experimentieren, nannte die Aufgabe insgesamt aber als Gesellschaftsaufgabe und auch als Generationenaufgabe – ein langer Atem ist also angesagt und das Zusammenwirken vieler Beteiligter.

Herr Dr. Georg Kasberger, Leiter des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Rosenheim gab daraufhin einen Überblick über den Stand der landwirtschaftlichen Förderprogramme im Rahmen des KULAP („Moorbauernprogramm“). Auch er betonte, dass die Entwicklung noch am Anfang steht, die Landwirte Zeit benötigen, um ihre Betriebsabläufe auf die neuen Anforderungen einzustellen und ein langer Atem hier notwendig ist.

In diesem Jahr bereits beantragbar ist die dauerhafte Umwandlung von Ackerland in Grünland, die über einen Zeitraum von 5 Jahren mit insgesamt 16.500 EUR/ha entlohnt wird, allerdings nur einmalig in Anspruch genommen werden kann.

Voarussichtlich ab 2024 werden weitere Maßnahmen beantragbar sein, die für eine landwirtschaftliche Nutzung auf vernässten Standorten einen Erschwernisausgleich bieten, deren Höhe allerdings aufgrund Abstimmungen mit der EU noch nicht feststeht. Diese Maßnahmen umfassen sowohl Förderungen für die Bewirtschaftung von nassem Grünland auf Moorböden, als auch die Bewirtschaftung von sog. Paludikulturen. Zusätzlich ist in diesem Zusammenhang noch die Maßnahme K61 „verspätete Aussaat“ im KULAP interessant, die bei Wiesenbrüter- und Kiebitzvorkommen in Frage kommt und für die 500 EUR je ha entlohnt werden.

Im letzten Vortrag von Herrn Dr. Matthias Schuppler wurde schließlich das Vorhaben „Unser Land kann Moor“ vorgestellt, welches sich zum Ziel gesetzt hat, eine Internetplattform ins Leben zu rufen, über die sich Landwirte, Verarbeiter, Vermarkter und Abnehmer von Produkten aus Paludikultur vernetzen können.

Die Ortsgruppe Bad Endorf / Eggstätt des BUND Naturschutz bedankt sich für die hoch interessanten Vorträge der Referent‘innen. Die neuen Fördermaßnahmen können dazu beitragen, den für Klimaschutz, Artenschutz und Landschaftswasserhaushalt wichtigen Moorschutz voranzubringen, realistischerweise braucht eine großflächige Umsetzung aber noch viel Überzeugungs- und Umsetzungsarbeit. Aus Artenschutzsicht besonders wichtig sind dabei die Maßnahmen des KLIP2050 auf Hochmoorstandorten zur Sicherung und Entwicklung dieser sensiblen und geschützten Lebensräume. Darüber hinaus können auf landwirtschaftlich genutzten Flächen, die bereits jetzt aufgrund hohen Grundwasserstandes eine erschwerte Nutzung aufweisen, als ein erster Schritt durch die KULAP-Maßnahmen bereits ab 2024 Entlohnung dieser erschwerten Nutzung erfolgen und die entsprechenden Moorböden gesichert werden. Davon ausgehend wäre eine schrittweise Erweiterung der Vernässung aus den beschriebenen Gründen wichtig. Es konnte gezeigt werden, dass unter diesen Verhältnissen eine aus ökologischer und wirtschaftlicher Sicht nachhaltige landwirtschaftliche Nutzung erfolgen kann.

Um weitere Einblicke in die Praxis zu gewinnen, beabsichtigt die Ortsgruppe voraussichtlich im Juni/Juli eine Exkursion zum staatl. Versuchsgut Karolinenfeld durchzuführen, Interessent*innen sind herzlich eingeladen, sich zu melden.

Text und Foto: BUND Naturschutz in Bayern e. V.

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Christina Rechl

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