Leitartikel

Lebensmittel-Defizite bei der Chiemseer Tafel

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

Die sieben Kühlschränke der Chiemseer Tafel in der Alten Post in Prien sind fast leer und kaum noch halbvoll und die bunten Kisten mit Gemüse, Obst und weiteren Lebensmitteln sind auch nicht mehr so voll wie vor Beginn des Krieges gegen die Ukrainer – darauf weist Susanne Blöchinger vom Caritas Zentrum Prien als Leiterin der Tafel. Der deutliche und spürbare Aderlass hat aber noch weitere Gründe, wie sie bei einem Gespräch vor Ort erläutert.

Hauptlieferanten von Lebensmitteln für die Chiemseer Tafel sind die regionalen Discounter wie Aldi, Rewe, Lidl, Penny oder Edeka, dazu heißt es: „Mit diesen sind regelmäßige Abholaktionen vereinbart, allerdings haben die Discounter in diesen Zeiten ihre Disponierungen umgestellt, die Waren werden anders geordert“. Damit –so die Soziologin weiter – fallen für die Tafel nicht mehr so viele Restposten an. Dazu kommt, dass nicht nur bei Mehl und Öl die Leute auf Vorrat hamstern und manche Regale und Lager leeren. Ein weiterer Umstand für weniger Lebensmittel-Verfügbarkeit sind die zum Teil unterbrochenen Lieferketten zu Waren aus der Ukraine oder wegen fehlender Fahrer. Und schließlich kommt noch hinzu, dass die Anzahl der Kunden, die aufgrund ihres Einkommensnachweises (Hartz 4, Grundsicherung, niedrige Rente oder Geringverdiener) Anspruch auf kostenlose Lebensmittel haben, immer weiter steigen. „Bei den weiter steigenden Zahlen von Stammkunden und bei weniger Lebensmitteln wird mir himmelangst, denn die Lebenssituationen ändern sich ja nicht und sie bleiben für viele Mitbürger damit schlecht“. Mit diesem Hinweis informiert Frau Blöchinger, dass sich die Zahl der Stammkunden in den Gemeinden Aschau, Bad Endorf, Bernau, Prien, Frasdorf, Gstadt, Halfing, Höslwang, Söchtenau, Breibrunn, Rimsting und Eggstätt in den letzten Jahren 2019 und 2020 von 284 und 319 auf inzwischen 369 im Jahr 2021 erhöht hat. Je mehr Kunden die Chiemseer Tafel hat, umso weniger kann dem Einzelnen zugeteilt werden. Nachteilig hat sich   die inzwischen über zweijährige Corona-Zeit auch auf die Gastronomie ausgewirkt, deren Sachspenden gingen zwangsläufig durch Schließungen zurück.  „Das einzige was derzeit mehr geworden ist, das sind die leeren Kisten, die auf neue Füllungen warten“ – so der Tenor im Sammelraum zur aktuellen Situation.

Fritz Seipel ist Verbindugnsmann zu den Ukraine-Flüchtlingen

Eine enge Kooperation in Prien besteht zwischen der Caritas und der Gemeinde Prien in Bezug auf die Ukraine-Flüchtlinge. Als Verbindungsmann zum Rathaus ist Fritz Seipel mit seiner Frau Regina aktiv, sie koordinieren die individuellen Hilfsmaßnahmen für die in Prien privat und in der Ludwig-Thoma-Gymnasiums-Turnhalle untergebrachten Flüchtlinge zusammen mit Dolmetschern, Vermietern und vielen weiteren Ehrenamtlichen. Aus den Reihen der privat untergebrachten Ukrainer ergeben sich ebenfalls Tafel-Berechtigte, während die Ukrainer in der Turnhalle vom Landkreis Rosenheim versorgt werden. Fritz Seipel, der sich in einer weiteren Eigenschaft als Vorsitzender vom Verein „Hilfe für Bürgerinnen und Bürger Prien a. Chiemsee e.V.“ für ältere, ärmere und behinderte Mitmenschen engagiert, ist selbst seit vielen Jahren Abhol- und Auslieferungsfahrer für die Priener Tafel. Außerdem hilft er mit, dass immer wieder Geld-Spenden zugunsten der Tafel für Lebensmitteleinkäufe zustande kommen. In der jüngsten Zeit gab es zum Beispiel jeweils 1.000 Euro von der Katholischen Kirche (aus dem Antonius-Opferstock der Taufkapelle) sowie vom örtlichen Rotary-Club. Eine Sachspende in Form von haltbaren Lebensmitteln kam in diesen Tagen von der Nahkauf-Familie Wimmer in Prutting. Weitere Einnahmen in Sach- und Geldform erhoffen sich die Tafel-Verantwortlichen wenn am Samstag, 9. April und am Samstag, 23. April jeweils bei den Aldi-Filialen in Bernau und Bad Endorf die Aktion „Kauf 1 mehr“ durchgeführt wird. An diesen Tagen können die Kunden zusätzliche Waren einkaufen und unmittelbar nach der Kasse dem Tafel-Team übergeben.

Sondersituation in Bad Endorf – Appell für die gesamte Chiemsee-Region

In Bad Endorf hat die Chiemseer Tafel derzeit 85 Kunden. Nachdem in den letzten Wochen 66 ukrainische Flüchtlinge, die allesamt privat untergebracht sind, dazu gekommen sind, hat sich vorübergehend die Anzahl der Berechtigten fast verdoppelt. Um diesen stürmischen Entwicklungen –noch dazu bei steigenden Lebensmittel-, Energie- und Transport-Kosten- entgegenwirken zu können, bittet Susanne Blöchinger um weitere Unterstützung aus der Bevölkerung. Diese kann entweder durch Lebensmittel-Spenden-Abgaben (Donnerstags in Prien von 10 Uhr bis 16 Uhr in der Alten Post am Bahnhof) oder durch Überweisungen erfolgen. Die Bankverbindung des Caritas Zentrums Prien bei der Bank für Sozialwirtschaft lautet: DE 89700205008850000713 (Kostenstelle 418925 – Verwendungszweck Chiemseer Tafel). Die Chiemseer Tafel wird im übrigen im Sommer oder Herbst je nach Baufertigstellung vom Bahnhof in das neue Gebäude in der Beilhackstraße umziehen, Organisation und Abläufe werden aber gleich sein wie derzeit.

Fotos: Hötzelsperger – Susanne Blöchinger, Leiterin der Chiemseer Tafel vom Caritas-Zentrum Prien und Fritz Seipel, Verbindungsmann zur Gemeinde Prien vor den halb vollen bzw. fast leeren Lebensmittelkisten und Kühlschränken.

Weitere Informationen: www.caritas-chiemseer-tafel.de

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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