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Bürgermeister-Gespräch zur 200-Jahrfeier von Übersee

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

Im Rahmen der 200-Jahrfeier der Gemeinde Übersee stellte sich Bürgermeister Marc Nitschke in einem öffentlichen Pressegespräch den Fragen der Journalistin Claudia Siemers. Schwerpunktthema war das Bürgermeisteramt damals und heute. Auch Privates wurde nicht ausgeklammert.

Unlängst hat die Gemeinde die 1225. Jahrfeier gefeiert, jetzt begeht man das 200. Jubiläum. Gleich zu Beginn des Gesprächs klärte der Bürgermeister diesen scheinbaren Widerspruch auf: „Vor 1225 Jahren ist Übersee erstmals urkundlich erwähnt worden. Vor 200 Jahren sind dagegen die drei Hauptmannschaften Übersee, Feldwies und Moosen zur politischen Gemeinde Übersee zusammengelegt und auch durch spätere Gebietsreformen, wie bei anderen Gemeinden, nicht verändert worden.

Die Stellung und Situation des Gemeindeoberhauptes vor 200 Jahren und heute war der nächste Fragenkomplex der Journalistin. „Das hat sich völlig verändert“, sagte Nitschke. „Der erste politische Führer vor 200 Jahren, Bartholomäus Hartinger, nannte sich seinerzeit Gemeindevorsteher, hatte keinerlei politische Erfahrung und keine Verwaltung hinter sich. Sein Aufgabengebiet umfasste hauptsächlich Bausachen.“ Heute dagegen würden alle frisch gewählten Bürgermeister mit Einführungskursen auf ihre Aufgaben vorbereitet, die von der Kinderbetreuung bis zum Friedhofswesen reichen. Meist können sie sich auf ein eingespieltes Verwaltungsteam stützen.

Nicht immer leicht gehabt hatten es die insgesamt 26 Gemeindevorsteher und späteren Bürgermeister in den letzten 200 Jahren, stellte Nitschke auf die entsprechende Frage der Journalistin fest. So sei es überliefert, dass die Feldwieser und die Überseer Bürger einst wegen der Regelung der Wasserversorgung aufeinander losgegangen sind. Später, unter dem ersten Bürgermeister Georg Gschwendner (ab 1952), hätte es immer wieder Bauern-Demonstrationen wegen der Kanalisation gegeben. „Wilde Zeiten“ hatte die Gemeindeführung auch Anfang der 80´er Jahre in Sachen Dringlichkeit und Standort der Eisenbahnunterführung zu überstehen.

„Heute gibt es zwar keine körperlichen Auseinandersetzungen mehr, aber Anfeindungen und Drohungen habe ich auch während der Planungen des Chiemseeufers erlebt“, erinnerte sich Nitschke. Er solle froh sein, wenn er und sein Hund immer gesund nach Hause kämen, lauteten damals anonyme Einschüchterungsversuche.

Ob er es unter diesen Aspekten bereut habe, vor genau zehn Jahren von seinem Beruf als Anwalt auf den des Bürgermeisters umgestiegen zu sein, wollte die Journalistin wissen. „Nein, die Tätigkeit macht mir nach wie vor viel Freude, obwohl jeder Tag zwischen Sozialfall und Kanalbau neue Herausforderungen und nicht nur Sonnenschein bringt,“ so Nitschke.

Angesprochen, worauf er in seiner bisherigen Amtszeit besonders stolz sei, nannte er, „dank der Vorarbeiten seiner Vorgänger“ die Eisenbahnunterführung, das Feuerwehrhaus, die Chiemseeufer-Gestaltung und das feste Zusammenhalten bei der Hochwasserkatastrophe 2013.“ Stolz sei er auch darauf, die Arbeit im Gemeinderat menschlicher zu gestalten.

Auf die Frage nach Vorbildern aus der Riege seiner 25 Vorgänger nannte Nitschke die langjährigen Bürgermeister Georg Gschwendner (1952 bis 1978) und Peter Stöger (1978 bis 2002), „die den Ort von einer bäuerlichen Gemeinde in die Neuzeit geführt haben“. Einen bleibenden Eindruck bei seinem Rathausbesuch als Volksschüler hatte offenbar Bürgermeister Stöger hinterlassen. „Sowas will ich später auch mal machen“, soll er damals gesagt haben.

Als vorrangigstes Ziel in seiner noch verbleibenden Amtszeit von zwei Jahren nannte Nitschke, „attraktive Angebote in allen Bereichen zu schaffen, wie beispielsweise das Seniorenheim, das Bürgerzentrum und mehr Wohnraum.“

Die Frage, ob sich sein Leben nach der letztjährigen Familiengründung verändert habe, bejahte der Rathauschef. „Zum einen tun die vielen Zusatztermine und damit die Abwesenheit von der Familie mehr weh als früher. Zum anderen verraucht Ärger schneller, wenn Sohn Niklas mich anlacht.“ Seinen Reitsport habe er aus Zeitmangel inzwischen aufgegeben. Schwerer sei es auch geworden, Freundschaften zu pflegen.

Über seine politische Zukunft hielt sich Nitschke eher bedeckt: „Ämter sind in der Politik nicht planbar. Da sitzt man immer auf dem Schleudersitz.“ Klarer war da schon sein dringlichster Zukunftswunsch: „Ich möchte mit meiner Familie gesund und glücklich in Übersee leben.“

In der anschließenden Diskussion brachten einige Bürger unter anderem das noch immer gespaltene Verhältnis der beiden Ortsteile Feldwies und Übersee zur Sprache. Schlagworte wie „Ein Feldwieser ist kein Überseer“ und „200 Jahre Unselbständigkeit der Feldwieser“ machten gerade jetzt wieder die Runde. Der Bürgermeister gab das „noch immer nicht ganz einfache Verhältnis“ zwar zu, sehe aber auch, dass sich die Grenzen allmählich verwischen. „Und im Ernstfall halten wir sowieso alle zusammen“, war er überzeugt.

Bericht und Foto: Bärbel vom Dorp – Bürgermeister Marc Nitschke und Journalistin Claudia Siemers beim öffentlichen Bürgermeister-Gespräch.

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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