Kultur

Zum 100. Geburtstag von Wolfgang Sawallisch

Wenn sich fünf ausgewählte Solisten des Bayerischen Staatsorchesters auf den Weg nach Grassau machen, darf man sicher sein, dass sie zum großen Finale des Jubiläumsjahr zum 100. Geburtstag des ehemaligen Generalmusikdirektors und zeitweise auch Intendant der Bayerischen Staatoper etwas Außergewöhnliches vorbereitet haben.

Im vollbesetzten großen Kammermusiksaal begrüßte der Stiftungsvorstand Paul Bischof die Gäste, Freunde und Förderer der Sawallisch-Stiftung zum letzten der diesjährigen vier Festkonzerte zu Ehren des Jubilars. In diesem Zusammenhang wies er darauf hin, dass die Wolfgang-Sawallisch-Stiftung mit den Geburtstagskonzerten auch die Erinnerung an den großen Dirigenten wachhalten möchte.Dafür hat sich der langjährige Konzertmeister Markus Wolf, welcher schon unter Prof. Sawallisch im Bayerischen Staatsorchester gespielt hat, die Mühe gemacht, ein Programm zusammenzustellen, das ganz im Zeichen des Jubilars stand, auch wenn es vermeintlich unerwartet drei Werke vom Beginn des 20. Jahrhunderts waren. Zum besseren Verständnis erläuterte er dann humorvoll während der Matinee die Zusammenhänge der Musikstücke mit dem Jubilar.

Nicht zum ersten Mal erklang die Sonate Es-Dur op.18 für Violine und Klavier des 23-jährigen Richard Strauss in der Villa Sawallisch. R. Strauss und Sawallisch gehören einfach zusammen. Und so gibt es auch zahlreiche Einspielungen der Sonate mit Wolfgang Sawallisch am Flügel. Diesmal spielte der Soloviolinist Markus Wolf gemeinsam mit dem Pianisten Andreas Kirpal die drei Sätze der einzigen Violinsonate des Komponisten. Wie gewohnt mit Virtuosität und gleichzeitiger Sensibilität, während man zwischenzeitlich das Klavier als Hauptinstrument hörte. So verwundert es auch nicht, dass Auszüge aus der Sonate mit ihrem steten Wechsel zwischen Dur und Moll sowie den Motiven Arabeske und Walzerklängen in den vier Themen schon früher ein beliebtes Salonstück war.

Markus Wolf fragte: „Was verbindet Hartmann mit Sawallisch? Sie hatten beide denselben Kompositionslehrer, wobei Sawallisch sicherlich tonaler komponiert hätte.“ Karl Amadeus Hartmann war in frühen Jahren bereits Dramaturg bei der Bayerischen Staatsoper und ein großer Förderer von Sawallisch. Er hat entscheidend dazu beigetragen, dass dieser nach München kam. Umgekehrt war Sawallisch der einzige Dirigent, der Hartmanns sinfonische Werke in München aufgeführt hat.Hartmann gehörte zu den Wegbereitern der Neuen Musik in Deutschland. Als Initiator der Münchner Reihe Musica Viva in München, die bis heute existiert, hat er zahllosen jungen Komponisten Aufführungsmöglichkeiten verschafft. Er selbst hatte diese frühe Förderung nicht, denn nach anfänglichen Erfolgen belegten die Nazis seine Werke kurz nach der Uraufführung 1932 des kleinen Konzertes mit einem Aufführungsverbot.

Dankenswerterweise nutzten die Musiker des Staatsorchesters den kleinen Rahmen, um sich im Repertoire weiter auf ungewöhnliches Terrain zu wagen. Für das “Kleine Konzert für Streichquartett und Schlagzeug” von Hartmann war sogar ein Bühnenvorbau aufgestellt worden für das Schlagzeug. Im Klassikkonzert eher ein ungewöhnliches Klangbild, während Hartmann die kosmopolitischen Einflüsse wie Jazz, Dada, Bartok, Strawinsky und Hindemith gerne in seinen Werken verarbeitete.  Dabei ist die Besetzung enorm wirkungsvoll, wie Markus Wolf und So Young-Kim (Violinen), Adrian Mustea (Bratsche), Emanuel Graf (Cello) und Carlos Vera Larrucea (Schlagzeug) bewiesen. Sie wünschten dem Publikum den gleichen Spaß, wie sie es beim Spielen haben. Einzigartig auch, dass es für dieses Stück keine bekannte Einspielung gibt. Die sechs Tempi werden in einem durch gespielt, teilweise mit sehr leisen Tönen der Streicher, während das Schlagzeug den Takt vorgibt.

Von Hans Pfitzner gibt es mehrere Einspielungen mit dem Jubilar. Von ihm steht nach der Pause das dritte Werk des Konzerts auf dem Programm. Das umfangreiche Klavierquintett C-Dur der Spätromantik aus dem Jahr 1908. Das alles beherrschende Thema zieht sich durch alle vier Sätze durch, zunächst gestützt auf das zupackende, farbintensive Cellospiel von Emanuel Graf. Alle fünf Musiker bekommen nach und nach ein Solospiel bis sich endlich alle Instrumente zu einem leidenschaftlichen Ausbruch zusammenfinden. Markus Wolf erklärte, dass dieses quasi eine Studie von Pfitzners Lebenswerk ist mit allen Klängen, Tonarten und Charakteren der Oper „Palestrina“.

Insgesamt war es ein ungewöhnliches und herausragendes Programm, wie man es nur selten zu hören bekommt. Das Grassauer Publikum würdigte mit ihrem stürmischen Applaus auch, dass die fünf Musiker trotz ihres engen Spielplans in das ehemalige Wohnhaus von Prof. Sawallisch gekommen sind, um mit diesem Konzert den langjährigen Chef des Bayerischen Staatsorchesters zu ehren und das Publikum zu begeistern.

Text und Fotos: Marion Tippmann-Böge, mtb

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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