Kultur

„Tonspuren“ in der Alten Wache in Traunstein

Veröffentlicht von Christina Rechl

Ein Quell der Freude und Inspiration

„…. Die Kinder würden Suppe aus meinen Schüsseln essen, die Frauen Früchte in meine Schalen legen und die Männer Wein aus meinen Krügen trinken. Alle Menschen sollten fähig sein, so zu leben wie in früheren Zeiten die Reichen und Mächtigen, umgeben an allen Tagen von Gegenständen, die von den besten Künstlern ersonnen und verwirklicht wurden, umgeben von Schönheit.“ Dieses Zitat stammt von Pablo Picasso, passt aber bestens zu der gerade in der Alten Wache in Traunstein eröffneten Ausstellung „Tonspuren“. Zwölf Keramiker aus dem Chiemgau von Wasserburg über Frasdorf und Seeon bis Übersee, Frauenchiemsee, Obing und Pittenhart zeigen eine wunderbare Vielfalt von Gebrauchskeramik und künstlerischen Objekten in vielen Techniken. Allen gemeinsam ist der Werkstoff Ton, ob gedreht, gebaut, geformt, gegossen, glasiert, dekoriert und hoch gebrannt, wobei es wieder die verschiedensten Brennarten gibt. Für den Betrachter ein Quell der Freude und Inspiration.

Die Gemeinschaft der Keramiker im Chiemgau stellte bereits einmal vor zehn Jahren in der Klosterkirche zum Thema „Über den Tellerrand hinaus“ ihre Werke aus und vor sechs Jahren in der Alten Wache zum Thema „geformt“. Trotz des vergleichsweise kleinen Ausstellungsraums können alle 12 Kunsthandwerker Beispiele ihrer Arbeiten wirkungsvoll präsentieren.

Bei der Vernissage war der Raum natürlich mit interessierten Besuchern gesteckt voll. Die Laudatio hielt die Zweite Bürgermeisterin der Stadt Traunstein Burgi Mörtl-Körner. Sie schätze sich im Namen der Stadt glücklich, so ausgezeichnetes Kunsthandwerk von Berufskeramikern präsentieren zu dürfen. Sie bat alle Ausstellenden zu sich, nämlich Kathrin und Martin Ernst aus Babensham bei Wasserburg, Dorothe Hahn aus Pittenhart, Thomas und Elisabeth Heimbucher, Chieming, Wolfgang Irmmer, Seeon, Pia Keul, Schilding am Samerberg, Magdalena Kink, Frasdorf, Barbara Lammers, Aschau, Simone Loy, Höslwang, Irmgard Kurz-Minisini, Übersee, Karin Rauchalles, Siegsdorf, Iris Stoff, Frauenchiemsee und Manuela Zückert, Baierbach am Simsee. Für die Keramiker sprach Lisa Heimbucher aus Chieming einführende Worte. Für beste Stimmung bei der Eröffnung sorgten drei schon lange miteinander spielende Musiker, unter anderem mit einem spanischen Dudelsack.

Schon Mitte des 19. Jahrhunderts war es das Hauptanliegen der „Arts and crafts“ – Bewegung in England, Kunst und Handwerk wieder zu vereinigen, um die „schöpferische Vollwertigkeit“ und die „ihm innewohnende Schönheit“ der Gegenstände darzustellen. Plastisch vorgeführt wird dem Besucher anhand der vielen, ganz unterschiedlichen Objekte die jeweilige „Eigensprache“ des Keramikers. Diese setzt sich aus der Verwendung unterschiedlicher Materialien und Arbeitsprozessen, ob Scheibentöpfer oder Baukeramiker, der Gestaltung des Dekors oder Ornaments sowie Form und Glasur zusammen. Dabei zeigt sich die Qualität des Objekts in seinem plastischen Ausdruck der Form und seiner sinnlichen Gestaltung, die den Benutzer – bei Gebrauchskeramik – den Gegenstand immer wieder gerne benützen lässt – wie zum Beispiel beim Morgenkaffee immer denselben Becher.

So war es eine gute Idee, dass jeder der Keramiker für ihre/seine Arbeitsweise typische Becher anfertigte, die auch als Andenken für vergleichsweise wenig Geld zu haben waren.

Kathrin und Martin Ernst zeigen im Gasofen mit Schmauchbrand gebrannte anspruchsvolle Gefäßkeramik, darunter eine 85 Zentimeter hohe Bodenvase. Dorothe Hahn präsentiert unter anderem eine „große Schale mit Elefanten“, in heller Engobetechnik bemalt. Von Elisabeth und Thomas Heimbucher, die eine ständige Ausstellung in der Töpferei am Strandbad haben, sind Herz erfrischende ungewöhnliche Skulpturen, wie die „Läufer„ 1 und 2, oder „Die Band“ zu sehen.

Ein experimentierfreudiger Keramiker ist Wolfgang Irmer, der bei der „Platten Tektonik 4“, von den Rissen eines 2014 ausgetrockneten Sees an der Seeoner Seenplatte ausgehend, die Teile von anthrazit-braunem Ton, weiß matt glasiert und bei 1240 Grad zu Steinzeug brennt. Ein „Tonspurentrio“ präsentiert Magdalena Kink, während Pia Keul mit ihren fröhlichen „Badefreundinnen“ oder „Frederica“ erfreut, die frostfest jedes Wetter im Freien unbeschadet überstehen. Irmgard Minisini-Kurz, die Werkstatt und Wohnung in Übersee hat, zeigt ein hauchdünnes Keramikset, das sich durch intensive Farbigkeit und formale Strenge auszeichnen. Barbara Lammers aus Aschau beteiligte sich an der Ausstellung mit zweimal drei Wandtafeln „kontrastreiches Trio“ und „Leitfaden“. Simone Loy zeigt aus ihrer Werkstatt in Höslwang  aus besonderen Erden, beim Spazierengehen gefunden, zeitlos schönes Design in hochwertigem Steinzeugton.

Karin Rauchalles von der „kleinsten Töpferei im Chiemgau“ in Siegsdorf, liebt die Arbeit an der Drehscheibe, wobei sie zur Gestaltung ausgeschnittene Muster und Ornamente für individuelle Gebrauchs- und Gartenkermaik verwendet. Auf ihren Wohnort anspielend, ist an der „Wasserstelle“ ein Mammut zu sehen. Das Markenzeichen der Keramik von Iris Stoff, mit Werkstatt und Wohnung auf der Fraueninsel, sind die genauen Zeichnungen von Tieren  auf Tafeln oder Wandfliesen mit Linoldruck und Bemalung auf Steinzeug und hoher Brenntemperatur. Manuela Zückert aus Baierbach am Simsee zeigt hier mehrere ihrer wunderbar ästhetisch gestalteten Brottöpfe aus schwarzem Ton und Deckel aus Nussbaumholz.

Geöffnet ist die Ausstellung bis Samstag´, 16. März, täglich von 11 bis 18 Uhr.

Fotos & Text: Christiane Giesen

 

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Christina Rechl

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