Leitartikel

Inntal-Studie zu Brenner Nordzulauf

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

Studie zu Unterirdischen Verknüpfungsstellen in Bahntunneln liegt vor!  „Es zeigt sich, dass nach dem derzeitigen Wissens- und Erkenntnisstand nach Einschätzung der  Autoren, alle untersuchten Varianten als genehmigungsfähig angesehen werden, sofern  entsprechende Maßnahmen umgesetzt werden“ resümiert die international höchst renommiert  besetzte Autorengemeinschaft im Conclusio Ihrer „Studie zu Unterirdischen Verknüpfungsstellen in  Bahntunneln“.

Hintergrund: Die DB Netz AG plant im Zusammenhang mit der Errichtung des Brennerbasistunnel  Nordzulaufs, eine Verknüpfungsstelle in den Gemeindegebieten von Oberaudorf und Flintsbach.  Durch den Betrieb und Bau dieser Verknüpfungsstelle sind die negativen Auswirkungen auf die beiden  betroffenen Gemeinden und des Inntals als Ganzes, durch zahlreiche Stellungnahmen und nicht  zuletzt durch das Raumordnungsverfahren, aktenkundig. Verbesserungsvorschläge haben bisher  keinen Eingang in die Planungen gefunden, es verbleibt ein gravierender Eingriff in das Inntal, mit  unabsehbaren Folgen für die Schutzgüter, Mensch und Natur sowie für die Landwirtschaft und den  Tourismus. Daher hat die Interessensgemeinschaft Inntal 2040 mit Unterstützung von 7 betroffenen  bayerischen Inntalgemeinden im Zuge des Raumordnungsverfahrens zum Vorhaben „BrennerNordzulauf für den Abschnitt Gemeinde Tuntenhausen – Gemeinde Kiefersfelden (Staatsgrenze  Deutschland/Österreich)“ im Jahre 2020 den Vorschlag einer unteririschen Verknüpfungsstelle im  Wildbarrenmassiv eingereicht. Damit soll gegenüber der derzeit oberirdisch geplanten  Verknüpfungsstelle die Beeinträchtigungen des südlichen Inntals auf ein vertretbares Minimum  begrenzt werden.

Die Regierung von Oberbayern hat diesen Vorschlag in der „Landesplanerischen Beurteilung“ zum  Raumordnungsverfahren gewürdigt und im Sinne der „Möglichkeit auf die Einführung von ernsthaft in  Betracht kommenden Alternativen“ (*1) die Vorhabensträgerin, DB Netz AG, zu einer Stellungnahme  aufgefordert. In dieser Stellungnahme ist die DB Netz AG zu dem Ergebnis gekommen, „dass eine  Einhaltung der sicherheitstechnischen Vorgaben für diese Planung nicht nachgewiesen werden  könne“ (*1) und damit auch Ihren Standpunkt begründet, die Planungsvariante nicht in das weitere  Planungsverfahren einbringen zu wollen bzw. zu können.  Auf kommunaler Ebene entstanden in der Folge begründete Zweifel an diesem Standpunkt der DB
Netz AG. So konnte das Thema nicht befriedet werden, es entwickelte sich viel mehr zum  „Dauerbrenner“. Die dringende Frage der generellen Machbarkeit unterirdischer Verknüpfungsstellen
sollte deswegen über ein Gutachten des „Deutschen Zentrums für Schienenverkehrsforschung“  geklärt werden. Das Ergebnisse dieser Studie (*2) vom Januar 2022 war, dass „sich für die Einrichtung  einer komplexen unterirdische Verknüpfungsstelle in Tunneln für den Mischbetrieb von Güter- und  Reisezügen innerhalb der EU kein vollständig geeignetes Referenzobjekt identifizieren lässt“ (*2) und  dass „die Verlegung der vorgesehenen Verknüpfungsstelle in einen Tunnel, ohne Weiteres, nicht  uneingeschränkt regelwerkskonform ist“ (*2). Dezidierte Hinweise auf eine Unmöglichkeit konnte das  Gutachten jedoch nicht liefern.

Aus diesem Grund wurde im Sommer 2023 ein international höchst renommiertes Konsortium aus  „Bergmeister innovative & responsible engineering“ (Österreich), „HBI Haerter AG“ (Schweiz) und  „Studiengesellschaft für Tunnel und Verkehrsanlagen STUVA e. V.“ (Deutschland) beauftragt, eine  „Studie zu Unterirdischen Verknüpfungsstellen in Bahntunneln“ zu erarbeiten. Auftraggeber der  Studie sind die betroffenen sieben bayerischen und drei Tiroler Inntalgemeinden. Studienauftrag war  die Untersuchung der generellen Machbarkeit unterirdischer Verknüpfungsstellen in Bahntunneln.  In der rund 90 Seiten umfassenden Studie wurden grundsätzliche Systemmöglichkeiten von  bahntechnischen Verbindungen in unterirdischen Verknüpfungsstellen bei Mischbetrieb von Güterund Personenzügen aufgezeigt. Deren Sicherheit wurde dabei anhand nationaler und internationaler  Normen sowie weiterer Richtlinien analysiert und vergleichend bewertet.  Untersucht wurden dabei insgesamt 28 Varianten unterirdischer Verknüpfungsstellen, die sich  hinsichtlich baulicher und funktioneller Komplexität unterscheiden. Diese Varianten werden in Bezug  auf die Maßnahmen zur Erreichung einer adäquaten Sicherheit, den Aufwand für die bauliche  Realisierung, die betriebliche Flexibilität im Ereignisfall und den Instandhaltungsaufwand der  notwendigen Maßnahmen bewertet. Das Autorenteam folgerte, dass alle untersuchten Varianten als  genehmigungsfähig angesehen werden können, sofern entsprechende Maßnahmen umgesetzt
werden.

Die auftraggebenden Inntalgemeinden sowie die IG Inntal 2040 fordern nun:
Die DB Netz AG hat ihre pauschal ablehnende Haltung gegenüber einer unterirdischen  Verknüpfungsstelle zu revidieren. Wir fordern die DB Netz AG auf, sich mit den Vorteilen, die dieses
Gutachten generell im Rahmen einer effektiven, raumverträglichen und zeitsparenden Planung bietet,  ernst zu nehmen. Das Resultat eröffnet der DB Netz AG zusätzliche Handlungsstränge, die es z.B.  einfacher machen, den von der Bundesregierung akzeptierten und beschlossenen UN Development  Goals zu entsprechen. Die Grundlage der bisherigen Weigerung, diese Planungsvariante in das  Planungsverfahren aufzunehmen, nämlich dass sicherheitstechnische Vorgaben für diese Planung  nicht nachgewiesen werden können, ist durch die vorgelegte Studie jedenfalls entfallen.
Aufbauend auf den vorgelegten Studienergebnissen muss der Planungsauftrag an die DB Netz AG  jetzt unmittelbar geändert werden: Insbesondere muss die konkrete Trassierungsmöglichkeit einer
unterirdischen Verknüpfungsstelle „Wildbarren“ planerisch im Kontext der Gesamttrassierung im  selben Detaillierungsgrad, wie die bislang verfolgte offene Lösung im engen Inntal, untersucht werden.  Sie muss damit ab sofort fester Bestandteil des Planrechtsverfahrens der DB Netz AG werden.  Dieser Planungsprozess muss im gemeinsamen Interesse der DB Netz AG sowie der betroffenen  Inntalgemeinden transparent gehalten werden. Die Einbindung geeigneter, fachlich entsprechend  qualifizierter Experten, die das beidseitige Vertrauen genießen, erscheint hierfür notwendig. Nur mit  einer solchen Vorgehensweise ist eine rasche Realisierung der Gesamtstrecke unter  Mitberücksichtigung der aktuellen Erkenntnisse und der berechtigten Interessen der betroffenen  Gemeinden und Ihrer Bürger entlang des Projektkorridors möglich.

Die Regierung von Oberbayern hat in der „Landesplanerischen Beurteilung“ zum Abschluss des  Raumordungsverfahrens folgende Maßgabe gesetzt: „Bei Weiterverfolgung einer Variante mit der  Verknüpfungsstelle ‚VKN Niederaudorf BAB‘ […] ist eine planerische Lösung zu finden, um die  Beeinträchtigungen des südlichen Inntals auf das unvermeidbare Maß zu begrenzen. Dies schließt die  Prüfung von Planungsalternativen ein“ (*1); Dieser Maßgabe ist die DB Netz AG nach Überzeugung der  betroffenen Inntalgemeinden sowie der IG Inntal 2040 bisher nicht nachgekommen. Die  Verpflichtung, die nun vorliegenden Studienergebnisse in den regionalen Planungskontext zu setzen,  ergibt sich daraus automatisch und zwangsläufig.
Autorenteam der Studie:
Bergmeister ZT GmbH, Türkenstrasse 25/12, AT-1090 Wien, info@bergmeister.eu  Federführend vertreten durch: O. Univ. Prof. Dipl.-Ing. D. Dr. Konrad Bergmeister PhD
HBI Haerter AG, Belpstraße 48, Postfach, CH-3000 Bern 14, info.be@hbi.ch
Federführend vertreten durch: Dipl. Phys., Dipl. Elektroing. HTL, NDS Wirt. Ing. Christoph Rudin
Studiengesellschaft für Tunnel und Verkehrsanlagen STUVA e. V., Mathias-Brüggen-Str. 41,
50827 Köln, info@stuva.de  Federführend vertreten durch: Prof. Dr.-Ing Roland Leucker
Ansprechpartner seitens der Herausgeber dieser Pressemitteilung:
Stefan Lederwascher, 1. Bürgermeister Gemeinde Flintsbach a. Inn, 08034/3066-0,
gemeinde@flintsbach.de
Dr. Matthias Bernhardt, 1. Bürgermeister Gemeinde Oberaudorf, 08033/3010,
bernhardt@oberaudorf.de
Hans Obermeyer, Sprecher IG Inntal 2040, 0179/4521550
Dr. Wolfgang Rauscher
Quellenverzeichnis:
*1: Regierung von Oberbayern, Landesplanerische Beurteilung für das Vorhaben
„Brenner-Nordzulauf für den Abschnitt Gemeinde Tuntenhausen – Gemeinde Kiefersfelden
(Staatsgrenze Deutschland/Österreich)“
https://www.regierung.oberbayern.bayern.de/service/planfeststellung/abgeschlossene_pv_beschlue
sse/wirtschaft_landesentwicklung_verkehr/index.html#raumordnungsverfahren2
*2: Deutsches Zentrum für Schienenverkehrsforschung beim Eisenbahnbundesamt:

https://www.dzsf.bund.de/SharedDocs/Downloads/DZSF/Veroeffentlichungen/Whitepaper_Vortraeg
e/2022/2021-02_15_Brenner-Studie.html

Herausgegeben von:
-Den Bürgermeistern der zehn Inntalgemeinden
Oberaudorf
Flintsbach a. Inn
Nußdorf a. Inn
Neubeuern
Brannenburg
Raubling
Kiefersfelden
Erl
Niederndorf
Ebbs
-Der Interessensgemeinschaft „IG Inntal 2040“

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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