Leitartikel

Tierwohl braucht mehr Unterstützer

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

Der Bundesverband der Deutschen Fleischwarenindustrie (BVDF)  informiert: Die Einschätzung vieler Händler, die Verbraucher seien nicht bereit, für mehr Tierwohl auch mehr Geld auszugeben, trifft auf Widerspruch. BVDF-Präsidentin Sarah Dhem verweist auf funktionierende Programme und fordert mehr Mut und Engagement vom Handel.

Die deutschen Verbraucher seien nicht bereit, beim Fleischkauf für mehr Tierschutz etwas tiefer in die Tasche zu greifen. Diesen Eindruck vermittelt eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur bei deutschen Händlern. Anlass war die Einführung der einheitlichen Haltungsform-Kennzeichnung im Handel vor einem Jahr. Wesentliche Änderungen im Kaufverhalten habe man nicht feststellen können, sagen die Handelszentralen. Die Preissensibilität sei nach wie vor hoch. Zwar forderten die Kunden verstärkt Fleisch aus einer höheren Tierwohlstufe ein, das Einkaufsverhalten ändere sich aber nur bedingt, so die Händler.

Sarah Dhem ärgert sich über solche Aussagen. Die Geschäftsführerin von Schulte Lastruper Wurstwaren und Präsidentin des Bundesverbandes der Deutschen Fleischwarenindustrie (BVDF) fordert einen differenzierten Blick. Die Nachfrage auf Seiten der Verbraucher sei da, und die Kunden sähen auch, dass Tierwohl nicht zum Nulltarif funktioniere. Aber dem Handel fehle oftmals der Mut, entsprechende Programme auszuprobieren. „Alle wollen es. Aber niemand traut den Kunden zu, dass sie es bezahlen“, berichtet sie von Gesprächen mit Einkäufern. „Wir laufen vor Wände.“ Dhem vermarktet seit einigen Jahren unter der Marke „glücksatt“ Fleisch und Wurst von Schweinen aus sogenannten Aktivställen. Entwickelt hat das Programm, das zwischen konventionell und Bio liegt, die Landwirtin Gabriele Mörixmann. Angeboten werden die Produkte im Online-Shop „Kalieber“, in den WEZ-Märkten und in sieben E-Centern von Cramer. Edekaner Sebastian Cramer bestätigt: „Die Kunden sind begeistert, die Nachfrage ist da.“ Die Mitarbeiter stünden hinter dem Programm, seien geschult und könnten den Kunden den Mehrwert erklären. „Und der besteht nicht nur im Tierwohl. Die Produkte sind auch qualitativ besser, bieten ein besseres Geschmackserlebnis.“

Der Zuspruch macht Dhem Mut. „Wir lösen sicherlich nicht die Masse ab mit diesem Konzept. Aber wenn wir tatsächlich etwas verändern wollen, müssen wir solche Produkte in die Regale bringen. Zu ehrlichen Preisen.“ Die Käuferschicht für diese Produkte finde sich nicht im Discount, aber einen Marktanteil von 25 Prozent hält sie für realistisch.

Dafür brauche es aber Unterstützung in den Märkten. Wo Tierwohl-Ware liege und die Konzepte erklärt würden, werde es kontinuierlich mehr. Dhem: „Die Kunden wollen nichts Halbgares, sondern ehrliche Programme.“ Dafür seien sie auch bereit, einen Aufpreis zu bezahlen.

Foto: Timo Lutz / BVDF

 

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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