Kultur

Soulkino: Andrea Hailer – Die Gestalterin

Menschen, die an Reinkarnation glauben, müssen sich eigentlich sicher sein: Andrea Hailer war im früheren Leben mal eine Filmrolle. Oder ein Projektor. Oder eine Kamera. Auf jeden Fall etwas, das mit Film und/oder Kino zu tun hat. Denn die Hobbybäuerin liebt die Branche wie kaum jemand anders und hat sich erarbeitet, ihre Leidenschaft auch beruflich leben zu können. Mit ihrer Firma „soulkino” betreut sie nicht nur Inhabergeführte Kinos in ganz Bayern, bundes- oder europaweit Filme für Verleiher im Marketing und verwirklicht auch eigene Konzepte wie die kulinarischen Filmtage Bad Feilnbach oder ihr eigenes Filmlabel „Sunseitn“ unter dem Dach vom Majestic Filmverleih.

Vor allem die „Eberhofer“-Filme gehören zu ihr, wie zu niemand anders. Andrea Hailer, aufgewachsen in Agatharied und Geitau, erinnert sich an die Anfänge: „Das ging über abenteuerliche Wege, mit einer handbeschriebene DVD. Darauf stand: ,Dampfnudelblues‘ und ich dachte nur – Oh Gott, was kann das schon sein.“ Doch ihr Gespür für Filme, gerade für Bayern, ließ sie auch damals nicht im Stich. Sie wusste, das konnte den Kinos den Sommer retten. Obwohl ursprünglich nur fürs Fernsehen gedacht, setzte sie sich mit dafür ein, dass die Eberhofer-Filme auch im Kino laufen – „Daran war ich schon stark beteiligt.“ Am immer noch anhaltenden Erfolg der Regionalkrimi-Reihe hat sie großen Anteil.

Auch Moderation, Stargastbesuche und Sonderaktionen nehmen zu. Denn nach Corona überlegten sich die Kinos, wie sie das Publikum wieder zurückgewinnen können. Also besucht Andrea Hailer mit Regisseuren, Crew und Schauspielern die Kinos und gestaltet so in den Filmtheatern das Rahmenprogramm, Social-Media und vieles mehr.

Mal eben so nebenbei geht das nicht. „Das ist viel Vorarbeit notwendig“, erzählt sie. „Wenn dann der Ablauf organisiert ist, bereite ich mich auf die Moderation und die Interviews gewissenhaft vor.“ Dabei hat sie immer noch Herzklopfen. Vor allem dann, wenn es Abende sind, wie im vergangenen Oktober, als sie im Münchener Leopoldkino Edward Berger, den Regisseur von „Im Westen nichts Neues“, vor dem Mikro hatte. „Wir wussten schon damals, dass der Film für mehrere Oscars nominiert werden wird. Hier durch den Abend zu führen, das macht schon Druck, ist aber auch eine große Ehre“, sagt sie. Dazu kam: Mit Edward Berger hatte sie vorher noch nie zu tun. Doch der entpuppte sich als äußerst sympathischer und umgänglicher Mensch. Auch deswegen, weil Andrea Hailer im Interview das machte, was sie bei solchen Gelegenheiten immer tut – sie öffnet sich ihrerseits, lässt sich ein, beschäftigt sich.

Und das ist es, was bei Künstlern und Publikum gleichermaßen ankommt. Sie spüren, dass hier eine Frau nicht nur ihren Job macht, sondern auch mit Herzblut bei der Sache ist.

Kein Wunder, dass sich so etwas herumspricht. Das Netzwerk von Andrea Hailer ist inzwischen enorm. Längst ist sie so etwas wie die gute Seele und Anlaufstelle der Kinoszene. Nach all den Jahren kann sie selbstbewusst von sich behaupten: „Keiner kennt die bayrische Kinolandschaft so gut wie ich.“ Sie nennt ein Beispiel: „Wenn ich ein Ortsschild sehe, weiß ich, wie da das Kino heißt, wie es dort aussieht, wie groß das Foyer ist, wie der Filmvorführer heißt und was man halt so braucht.“

Das ist nicht nur nett, sondern auch sehr praktisch. Denn wenn sie Marketing für einen Film macht, weiß sie genau, was nicht nur regional Sinn hat, sondern vor allem dem Film auch den entsprechenden Rahmen gibt. Was die Betreuung von Filmen angeht, ist sie trotz vielleicht lukrativer Angebote konsequent. „Ich habe schon das Marketing für Filme abgelehnt, wenn ich nicht dahinter stehen konnte. Ich würde ja das Vertrauen der Kinobesitzer missbrauchen. Und Vertrauen ist hier sehr wichtig, denn Kinobetreiber sind besondere Leute. Irgendwie wie Schausteller – nur mit festem Domizil.“

Auch beim Filmlabel, dem kleinen Verleih im Verleih „Sunseitn“, die sie 2020 gemeinsam mit dem Filmverleih „Majestic“ gegründet hat, sollen nur Filme im Programm sein, hinter denen das ganze Team steht. „Ausgrissn“ war damals der Anfang, noch viel mehr sollen dazukommen. „Der Fokus liegt auf Bezug nach, bzw. aus Bayern“, erklärt sie und fügt hinzu: „Wir suchen derzeit nach guten Stoffen. Momentan kommen in der Woche mindestens zwei Drehbücher bei uns an, doch wir sind sehr kritisch.“

Beim Thema Film ist bei Andrea Hailer allerdings noch lange nicht Schluss. Voller Vorfreude blickt sie auf eines ihrer Herzensprojekte, den „Almrausch“ in Bad Feilnbach. „Da kommt alles zusammen, was ich liebe“, erzählt sie. „Film, Musik, Natur und gutes Essen, an einem Ort, den ich liebe“ . In Sachen Musik wurde es wieder mehr schon vor Corona: Public Relations, Social-Media, Grafik. Zum Beispiel für den Münchener Musiker und Stadtrat Roland Hefter. „Von der Musik komme ich her“, so Andrea Hailer.

So arbeitet sie derzeit auch eng mit einer Band zusammen, bei der sie das Coaching der Musiker übernommen hat. „Die haben sich am Anfang grauenhaft auf der Bühne präsentiert. Jetzt fragen die Leute, was wir denn mit denen gemacht hätten…das berührt.“

Bei all ihren Aktivitäten stellt sich die Frage: Was ist Andrea denn nun? Marketingspezialistin? Moderatorin? Filmverleiherin? Algorithmennerd? Coach? Sie grinst und sagt: „Irgendein kluger Mann hat einmal gesagt, ich sei eine Gestalterin. Das finde ich gut.“

Text: af – Fotos: Andrea Hailer

Beitrag entstand in Kooperation mit dem Wendelstein Anzeiger – www.wendelstein-anzeiger.de

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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