Land- & Forstwirtschaft

Interview zu 150 Tage Initiative Zukunftswald

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

150 Tage Initiative Zukunftswald am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Rosenheim. Ein Interview mit Niklas Schels.

Seit über 150 Tagen ist Niklas Schels in der praktischen Beratung von Privatwaldbesitzenden als Forstwirt am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Rosenheim tätig. Sein Einsatzgebiet umfasst den Landkreis Rosenheim, der sich in sechs Forstrevieren aufteilt. Seine Projektstelle ist auf zwei Jahre (bis Ende Dezember 2024) befristet und wurde im Landkreis Rosenheim bayernweit erstmalig geschaffen. Im Folgenden finden Sie Antworten auf Fragen zu seinem Projekt der Initiative Zukunftswald.

Herr Schels, wer kann eine Ihrer praktischen Beratung in Anspruch nehmen?

Alle Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer, die im Landkreis Rosenheim ihren Wald haben.

Welches Ziel verfolgen Ihre praktischen Beratungen?

Die Bewirtschafter sollten mit ein paar Tipps und Tricks von mir in der Lage sein, Ihren Wald selbstständig zu pflegen. Dazu gehören das Erkennen und Fördern seltener Baumarten und der Umbau ihrer Bestände hin zu einem stabilen und klimatoleranten Mischwald. Mein Ziel der praktischen Beratungen ist es, Hilfe zur Selbsthilfe zu geben und die Wertschätzung und das Interesse der Waldbesitzenden an ihrem eigenen Stück Wald zu stärken.

Was ist der Schwerpunkt der praktischen Beratung?

Der Schwerpunkt meiner praktischen Beratungen ist die sogenannte Jungbestandspflege (JP). Das sind Wälder von ca. 1,5 – 15 Metern Höhe. In der praktischen Beratung geht es um Grundlagen des Waldbaus wie z. B. Lichtbedürfnisse und Wurzelentwicklung, Kriterien, die einen zukunftssicheren Baum auszeichnen, Abstände, bedrängende Bäume, Eingriffsstärke. Außerdem werden die Themen Auszeichnen von Beständen, Ergonomie, Schnitttechniken und Arbeitssicherheit behandelt.

Auszeichnen von Beständen hört sich komisch an, was muss man sich darunter vorstellen?

Auszeichnen ist die Arbeit, die vor dem Pflegeeingriff erfolgen soll. Dabei nimmt man sich Zeit und geht den Bestand ab. Pflegepfade oder Rückegassen werden mithilfe eines Kompasses eingelegt und mit Markierungsband oder Sprühfarbe markiert. Ebenso werden die schönsten, vitalsten und vorwüchsigsten Bäume (Zukunftsbäume) und ihre Bedränger mit zwei unterschiedlichen Farben markiert. Dies ist notwendig, damit der Pflegeeingriff punktuell und zielgerichtet ist und seltene Baumarten bei der Bearbeitung nicht übersehen werden.

Wie läuft die Beratung ab?

Eine Beratung läuft in aller der Regel so ab, dass ich mit der Waldbesitzerin oder dem Waldbesitzer einen Termin vereinbare. Familienangehörige, Auszubildende, Beschäftigte oder Verwandte, die sich für den Wald und die Bewirtschaftung interessieren, dürfen selbstverständlich auch an der Beratung teilnehmen. Der Treffpunkt für die Beratung ist meist am Hof, wo wir dann gemeinsam in den Wald fahren. Dort angekommen wird erst einmal zusammen der Bestand oder die Pflegefläche besichtigt, damit ich mir einen Überblick verschaffen kann. Nun besprechen wir die Pflegenotwendigkeit, die Pflegedringlichkeit und die Pflegeziele. Wenn dies feststeht, wird gemeinsam eine Teilfläche ausgezeichnet.

Wie sieht der praktische Teil der Beratung aus?

Hier geht es aktiv zur Sache. Wir greifen zur Motorsäge und fällen die sogenannten Entnahmebäume der Probefläche fachgerecht.  Dickere Entnahmebäume entasten wir auch und schneiden sie auf die richtige Länge für die Weiterverwendung ab. Dabei arbeite abwechselnd ich und der oder die Waldbesitzerin. So kann man Schnitttechniken, Ergonomie und Arbeitssicherheit optimal vorführen. Bei Unsicherheiten während des Arbeitens werde ich sofort darauf eingehen.

Und wie geht’s weiter, wenn Sie mit den Fällungen fertig sind?

Nach Beendigung der Arbeiten wird das Ergebnis angeschaut und nachbesprochen und ein ausführliches Nachschlagwerk für alle relevanten Themen in Sachen Wald ausgegeben.

Was kostet mich die Beratung?

Die Teilnahme an einer praktischen Beratung ist ein kostenfreies Angebot des AELF Rosenheim.

Welche Erfahrungen haben Sie mit den Teilnehmenden der letzten 150 Tage gemacht?

Nach nun über fünf Monaten, die ich am AELF Rosenheim bin, kann ich sagen, dass mir die Arbeit mit den Waldbesitzenden große Freude bereitet vor allem der gemeinsame praktische Austausch und die Aufmerksamkeit und Dankbarkeit der Teilnehmenden hat mich sehr gefreut. Ich bin auch zuversichtlich, dass unsere gemeinsame Arbeit nachhaltig motiviert und zu stabilen, klimatoleranten und vielfältigen Mischwäldern führt.

Herr Schels, vielen Dank für die interessanten Einblicke in Ihre Tätigkeit als Berater für praktische Waldpflege.

Herr Niklas Schels ist am AELF Rosenheim telefonisch unter 08031 3004-2029 oder per E-Mail niklas.schels@aelf-ro.bayern.de für Rückfragen und Terminvereinbarungen zur praktischen Waldpflegeberatung zu erreichen.

Das Interview führte Wolfgang Gar, Sachbearbeiter Presse und Kommunikation am AELF Rosenheim.

Foto: Amt für Landwirtschaft –  Moritz Feuchtmeir in seinem Wald in Rimsting mit Forstwirt Niklas Schels bei der praktischen Waldpflege.

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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