Land- & Forstwirtschaft

ELF: Europa-Abend in Kienberg

Veröffentlicht von Toni Hötzelsperger

Kienberg. Die CSU-Ortsverbände im nördlichen Landkreis Traunstein hatten gemeinsam zu einer Veranstaltung eingeladen, die speziell auf die Anliegen von Landwirten ausgerichtet war. Im gut besuchten Saal des Gasthofes zur Post war der Hauptredner des Abends der Präsident des Bayerischen Bauernverbandes (BBV) Unterfranken, Stefan Köhler, der als Listenkandidat der CSU am 9. Juni auf Platz 6 zur anstehenden Wahl des Europäischen Parlaments antritt. Begleitet wurde er von Michael Hamburger, dem Bezirksvorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (ELF) Oberbayern der CSU.

Der 56jährige Stefan Köhler bewirtschaftet mit seiner Familie einen Grünlandbetrieb mit Mutterkuhhaltung im Landkreis Aschaffenburg und betreibt in einer Kooperation ökologischen und konventionellen Ackerbau. Der Diplom Agrar-Ingenieur studierte an der Fachhochschule Weihenstephan. Teile seiner Ausbildung davor absolvierte er in Oberbayern, u.a. in Tengling. Nach mehreren Forschungsprojekten sammelte Köhler Erfahrungen als Mitarbeiter in der landwirtschaftlichen Verwaltung und als Berater für Wasserschutzgebiete. Ein Auslandspraktikum führte ihn ein Jahr nach Kanada. Seit 2002 engagiert er sich im BBV, zunächst als Kreisobmann im Landkreis Aschaffenburg, seit 2009 als stellvertretender Bezirkspräsident und seit 2017 als Bezirkspräsident des BBV Unterfrankens. Er ist im BBV für Umweltfragen und Jagd zuständig unter anderem auch aktiv in verschiedenen Gremien des Deutschen Bauernverbandes (DBV). Auch als Mitglied in der AG Goslar im DBV, die sich mit der EU-Agrarpolitik beschäftigt, so dass ihm die europäische Perspektive der Agrarpolitik alles andere als fremd ist.

Köhler hat gute Chancen, für die CSU ins Europaparlament (EP) einzuziehen. Bislang ist die CSU mit sechs Parlamentariern dort vertreten, sieben Abgeordnete sind das Ziel, das der Parteivorsitzende und Ministerpräsident, Dr. Markus Söder beim Europa-Parteitag in München ausgerufen hat. Sollte Köhler den Einzug schaffen, könnten die heimischen Landwirte Unterstützung von einem kompetenten Praktiker bekommen, das machte der Abend deutlich. Köhler weiß, wovon er spricht – egal, ob es um Agrarpolitik auf Landes-, Bundes- oder EU-Ebene geht.  In einem Abriss über wichtige Themen und Entwicklungen machte Köhler seine Positionen deutlich, vom Green Deal über die Düngemittelverordnung bis hin zum Thema Wolf. Themen müssten angepackt werden, aber es brauche eine Balance, eine Ausgewogenheit. Wenn es die Landwirte sein sollen, die Leistungen für die ganze Gesellschaft im Bereich Umwelt- und Naturschutz erbringen, könne es nicht sein, dass nur sie dafür bezahlen müssten und sie dann nur „lumpige Prämien“ bekämen, die den Mehraufwand und tatsächliche Mehrkosten nicht annähernd deckten. Der Green Deal sei sinnvoll, die Frage sei nur, welchen Weg man einschlage, um die Ziele zu erreichen. Besonders betonte Köhler wiederholt die Notwendigkeit einer weniger komplizierten und mehr auf gesundem Menschenverstand fußenden Politik. Er kritisierte hierbei auch, dass Deutschland „Weltmeister“ darin sei, es „noch komplizierter zu machen“, was die Reglementierung angeht. So sehr, dass heute sogar Mitarbeiter der Landwirtschaftsämter bei manchen Themen kapitulieren müssten.

Reglementierung und Verordnungen – das war dann auch mehrmals Thema in der angeregten Diskussion, die der Vorstellung Köhler folgte. Ein Landwirt aus Pittenhart brachte die Stimmung seines Berufsstandes treffend auf den Punkt „Wozu brauchen wir eigentlich noch Landwirtschaftsschulen, Forschung, Wissen und Richtlinien Guter Fachlicher Praxis – wenn uns letztlich heute die Verordnungen vorschreiben, wie wir zu arbeiten haben?“ Dass die EU einige Regelungen jüngst entschärft habe, sei ein Erfolg der Bauernproteste, die es nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen europäischen Ländern gab, so Köhler: „Da wurde einiges erreicht – aber natürlich nicht alles, was wir uns wünschen.“ So kam in der Diskussion um die EU-Themen von Anwesenden auch schon mal die Frage, ob man denn in naher Zukunft „die Traktoren wieder auspacken“ müsse.

Der ELF-Bezirksvorsitzende Michael Hamburger griff die Themen Reglementierung und Bürokratie ebenfalls auf: Der ELF-Bezirksverband habe seine „Hausaufgaben“ gemacht und zusammen mit der Mittelstandsunion Oberbayern konkrete Vorschläge zum Bürokratieabbau erarbeitet und an die Staatskanzlei weitergeleitet. „Die bayerischen Themen, wie das Walzverbot oder Änderungen beim KULAP können sofort angepackt werden, bei anderen Bereichen wie Agrardiesel, EEG oder Förderprogramme, wo der Bund zuständig ist, müssen wir abwarten, bis die Union in Berlin wieder in Regierungsverantwortung kommt und dann aktiv diese Themen voranbringen“, so Hamburger, der an die anwesenden Landwirte appellierte, sich bei der ELF einzubringen, um die Probleme und Sorgen der Landwirte politisch aktiv voranzubringen.

Köhler und Hamburger betonten, dass die CSU als einzige Liste bei den Europawahlen ausschließlich bayerische Kandidaten präsentiere: „Lasst Euch nicht von anderen Parteien blenden“ rieten sie den Anwesenden und riefen dazu auf, pro-bayerisch und strategisch zu wählen: „Die Landesbäuerin auf Platz 1 kommt auch ohne unsere Stimmen rein. Aber ab Platz 2 findet Ihr auf dieser Liste Kandidaten aus Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein etc.. Denken wir wirklich, dass diese Personen bayerische Belange und Interessen insbesondere der bayerischen Landwirtschaft vertreten können?“ Jede Stimme außerhalb der CSU seit eine „verschenkte Stimme“, aus Sicht der bayerischen Landwirtschaft, so der Tenor der beiden.

Der Abend endete mit einem Aufruf Köhlers an seine Berufskollegen, die Bedeutung der EU für die Landwirtschaft nicht zu unterschätzen und ihn und sein Bemühen um ein pragmatischeres Vorgehen zu unterstützen: „Wir müssen als Landwirte auch wissen, was wir an der EU haben.“ Die Märkte innerhalb der EU vor Rohstoffen zu schützen, die nicht den hier geltenden Standards entsprächen – hier sei die EU ohne Alternative. Und es sei naiv zu denken, ohne die EU seien die Herausforderungen weniger: „Wenn die EU nicht eigene Handelsabkommen mit Drittstaaten schließt, tun es andere – das muss uns klar sein“. Auf die geopolitischen Veränderungen – Stichwort Ukraine Krieg – könne nur gemeinsam geantwortet werden.

Bericht und Bild: ELF – Bildunterschrift zu Bild 1 und 2 (v.l.n.r.): Michael Hamburger (ELF-Bezirksvorsitzender Oberbayern), Stefan Köhler (CSU-Kandidat zur Europawahl), Martin Lackner (Regionalsprecher CSU-Ortsverbände Traunstein-Nord)

Redaktion

Toni Hötzelsperger

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