Brauchtum

Vereinigung historischer Trachten von Altbayern tagte in Dießen

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

Es hat wieder einmal alles wunderbar gepasst und wie ein gutes Räderwerk ineinandergegriffen: Der Himmel über Dießen war tiefblau und strahlender Sonnenschein hieß über einhundert Mitglieder der Vereinigung historischer Trachten von Altbayern herzlich willkommen zu ihrer Delegiertenversammlung 2019. Der Heimat- und Trachtenverein d‘ Ammertaler Dießen – St. Georgen hat sich als erstklassiger Gastgeber im Traidtcasten des Kirchenzentrums bewiesen und mit seinen Musikgruppen die Gäste aus ganz Altbayern – von der Oberpfalz bis an die schwäbische Grenze – in wunderbare Klangwelten gehüllt und durch den Tag begleitet.

Die weiteste Anreise dürften die Trachtengruppen aus dem Raum Passau zurückgelegt haben, auch die Grassauer mussten recht früh aufstehen. 50 Historische Vereine und Gruppen gehören zur Vereinigung, die im Diessener Trachtenfestjahr 2020 mit über 1.200 Trägern historischer Gewänder am Festsonntag (14. Juni 2020) einen großen Aufmarsch gestalten. Der Festzug wird vor allem im historischen Ortsteil Fischerei einen malerischen und einzigartigen Anblick bieten. Wie bekannt, feiert der Heimat- und Trachtenverein d‘ Ammertaler Diessen – St. Georgen sein 100. Gründungsfest, der Spielmannszug des Vereins wird 50 Jahre und die Alphornbläser gibt es seit 45 Jahren. Die Freude in Diessen ist groß, stellt man sich vor, mit welcher Pracht die kostbaren Gewänder aufwarten und die Jahrhundertfestlichkeit adeln.

Einen kleinen Vorgeschmack gab es bei der Delegiertenversammlung. Vor allem die sonntäglichen Kirchenbesucher verweilten lange vor der Marienmünster-Fassade, um sich von den Festkleidern verzaubern zu lassen. Es bahnten sich Gespräche an, denn Schneider-Techniken und Informationen über Zierrat von Kopfschmuck und Miedern zogen nicht nur die Blicke, sondern auch die Neugierde und das Interesse der Bevölkerung an. Die Träger der historischen Trachten ihrerseits zeigten sich angetan von der musikalischen Vielfalt des Diessener Trachtenvereins, zu dessen Stärken neben dem Tanzen und Platteln auch die Musik in ihren vielen Spielarten ist.

Diessen hat sich wieder einmal von seinen schönsten Seiten gezeigt. Einmal beeindruckte das Marienmünster, das heuer im September seinen 280. Geburtstag feiert, mit seiner barocken Pracht. Außerdem bestaunten sie die Mysterienbühne im Hochaltar, die in der vorösterlichen Zeit geöffnet ist und anstelle des im Boden versenkten Altarbildes gegenwärtig das österliche Geschehen mit überlebensgroßen Figuren auf der Bühne darstellt. Dazu noch die sanften Musiken der Saitenschinder – einer Musikgruppe, die Vereinsvorsitzender Magnus Kaindl vor 15 Jahren gegründet hat – und die von der Orgelempore das Kirchenschiff kraftvoll und feinsinnig zugleich in einen Konzertsaal verwandelten. Ein Beispiel dafür, wie kenntnisreich und gewitzt die Kirchenbaumeister im Barock ihre architektonischen Künste zur Ehre der Musik eingesetzt haben. Die Saitenschinder spielten unter anderem eine Polonaise aus Schweden und den Stockauer Tanz aus der Überlieferung des Ritters von Spaun (1790 in Linz – 1849 in Kremsmünster).

FRITZI FEDERL – NEUES BAIRISCHES KINDERLIED

Vor dem Münster erwartete der Spielmannszug des Diessener Trachtenvereins mit Major Andreas Huber die Gäste mit klassischer und hochkarätiger Marschmusik. Im Traidtcasten brillierte der Verein mit über 30 Trachtenkindern, die auf der Bühne mit ihrem Orff’schen Instrumentarium kaum Platz fanden und das Publikum mit zwei neuen Bayerischen Kinderliedern verzauberten, die erstmals im Repertoire des trachtlerischen Nachwuchses zu hören waren:  Sprungbrettl und Fritzi Federl, beide von Hans Schnitzlbaumer, der mit Text und Melodie mitten hinein in die kindliche Seele trifft. Diese neuen bayerischen Kinderlieder faszinierten übrigens auch Professor Bernhard Hofmann, den Lehrstuhlinhaber für Musikpädagogik der Universität Augsburg, der sie kürzlich lobte: “Diese Lieder zu singen, ist ein Vergnügen.“ Das hat das Publikum im Traidtcasten ebenso mit Applaus quittiert. Und die Kinder sind singend heimgegangen und am nächsten Morgen mit diesen Liedern auf den Lippen in die Schule.

Bürgermeister Herbert Kirsch stellte den Gästen die Marktgemeinde mit ihren Besonderheiten vor und betonte, wie man sich über die Gäste aus dem altbayerischen Raum und deren Gewandkultur freue. Magnus Kaindl, Vorsitzender vom Diessener Trachtenverein stelle den fünftägigen Höhepunkt des Festjahres (von Mittwoch, 10. Juni bis Sonntag, 14. Juni 2020) mit allen Programmpunkten vor und erlebte ob der Vielfalt, Originalität und Modernität der Festtage – vor allem auch wegen des geplanten Kinderprogramms – große Hochachtung von den Mitgliedern der Vereinigung historischer Trachten von Altbayern.

Die mehrstündige Delegiertenversammlung diskutierte interne Eckdaten und endete mit einem Sach- und Fachvortrag von Carmen Dohmen (Secure Consult) zur Datenschutzgrundverordnung die klar strukturiert war und den Vereinsverantwortlichen die Materie transparent machte. Letztlich betonte der Vorsitzende der „Historischen“, Bernhard Findeiß vom Schliersee, wie sehr sich die Vereinigung auf den großen Auftritt am Ammersee freue.

Zur Vereinigung Historischer Trachten von Altbayern gehören 50 Vereine und Gruppen mit über 4.000 Mitgliedern. Die Vereinigung ist freundschaftlich verbunden mit Einrichtungen und Initiativen ähnlicher Zielsetzung. Hervorzuheben ist die Partnerschaft mit dem Bayerischen Trachtenverband und dem Festring München. Weiter erhält die Vereinigung ideelle Unterstützung aus der bayerischen Landespolitik: Ilse Aigner, Präsidentin des Bayerischen Landtags, hat seit dem Jahr 2012 die Schirmherrschaft über die Vereinigung übernommen und verleiht so dem Ansinnen der kulturhistorischen Brauchtumspflege politischen Rückenwind auf höchster Ebene. Sie ist natürlich auch in Diessen in der ersten Reihe.

Bericht und Fotos: Beate Bentele

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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