Der Jahresausflug des Rosenheimer Volkstanzkreises führte zu zwei geschichtsträchtigen Orten in der Holledau: ins Benediktinerkloster Scheyern und zur traditionsreichen Lebzelterei und Wachszieherei Hipp in Pfaffenhofen an der Ilm.
Im Kloster Scheyern empfing Frater Joachim die Gruppe und übernahm die Führung mit einer guten Portion Humor. „Der größte Teil ist barrierefrei, nur an wenigen Stellen gibt es ein paar Stufen“, erklärte er und fügte augenzwinkernd hinzu: „Beim Volkstanz gibt es doch Hebefiguren – also schaffen wir das!“
Über eine Seitenkapelle und den Kreuzgang führte der Rundgang in die holzgetäfelte Sakristei der Basilika. Dort öffnete Frater Joachim kunstvoll verzierte Schränke voller Messgewänder in allen liturgischen Farben – darunter ein besonders prachtvolles, besticktes Stück. Neben kunsthistorischen Erklärungen erfuhren die Besucher auch, wie die Tulpe zu kirchlichen Ehren kam: Als sie um 1600 über Konstantinopel nach Europa gelangte, wurde sie rasch zur Modeblume. Wegen ihrer sich nachts schließenden und morgens öffnenden Blüte wurde sie zum Symbol des wiederkehrenden Lebens.
In der Basilika berichtete Frater Joachim mit großer Sachkenntnis und Begeisterung von der wechselvollen Geschichte des Klosters. Ursprünglich romanisch erbaut, wurde die Kirche im Laufe der Jahrhunderte im Barock und Rokoko mehrfach umgestaltet. Besonders spannend war die Herkunft des Klosters: Es geht auf eine Einsiedelei bei Bayrischzell zurück, aus der später das Kloster Fischbachau entstand. Gefördert von den örtlichen Grafen, entwickelte es sich zum geistlichen Zentrum des Leitzachtales. Als die Grafen ihren Sitz verlegten, folgte ihnen das Kloster – erst auf den Petersberg bei Dachau, später nach Scheyern. Aus den „Grafen von Scheyern“ wurden schließlich die Wittelsbacher, das spätere bayerische Königshaus. Ihre Burg Scheyern überließen sie den Benediktinern, die daraus das heutige Kloster machten.
Große Bedeutung erhielt das Kloster durch eine Kreuzreliquie, die die Grafen von Scheyern aus dem Heiligen Land mitbrachten. Sie bot Gläubigen die Möglichkeit, ohne gefährliche Pilgerreise dem Kreuz Christi nahe zu sein. Über Jahrhunderte verlobten sich Menschen aus ganz Bayern zum Heiligen Kreuz zu Scheyern – als Zeichen von Hoffnung, Dank und Bitte um Heilung. Aus den Archiven geht hervor, dass Wallfahrten dorthin sogar bis aus dem Chiemgau kamen und bis ins 20. Jahrhundert fortgeführt wurden. Nach dem eindrucksvollen Rundgang kehrten die Teilnehmer in der Klosterschänke ein, bevor es weiter nach Pfaffenhofen ging – vorbei an Hopfengärten, hinein in die Welt der Wachszieher und Lebzelter.
In der Lebzelterei und Wachszieherei Hipp wurde die Gruppe von Herrn Hipp persönlich empfangen. Mit sichtlichem Stolz und umfassendem Wissen führte er durch die historischen Räume und erzählte von der langen Geschichte des Familienbetriebs, die bis ins Mittelalter reicht. Damals durften Bienenwachs und Honig ausschließlich von der Zunft der Wachszieher und Lebzelter verarbeitet werden. Da Kerzen das einzige künstliche Licht darstellten, war diese Zunft besonders angesehen. In der „Alten Lebzelterei“ ist heute wieder der Original-Arbeitsraum zu sehen, in dem bereits der Vater von Herrn Hipp tätig war – und in dem auch er bis heute stundenweise arbeitet. Der Herstellungsprozess beeindruckte die Besucher: Der Docht wird auf eine Holztrommel gewickelt, durch ein Becken mit geschmolzenem Wachs geführt und anschließend wieder aufgewickelt. Mit jedem Durchgang entsteht eine neue Wachsschicht, bis die gewünschte Kerze Form annimmt.
Auch die Herstellung von Votivgaben aus Wachs – kleinen Nachbildungen von Körperteilen oder Tieren – war Teil der Führung. Solche Gaben wurden früher als Dank oder Bitte um Heilung in Kirchen dargebracht. Neben dem Handwerk erfuhren die Besucher auch von der Entstehung der Hipp-Babykost. Der Bäckermeister Joseph Hipp entwickelte unter dem Eindruck der hohen Kindersterblichkeit Anfang des 20. Jahrhunderts ein Kinderzwiebackmehl, das bald überregional bekannt wurde. Aus der kleinen Werkstatt entstand später die bekannte Marke „Hipp“, deren Produktionsstätte bis heute in der Nähe des Stammhauses liegt.
In seinem lebendigen Vortrag spannte Herr Hipp einen Bogen von alten Handwerkstraditionen bis zur modernen Firmenentwicklung. Obwohl er sich auf die Themen Wachszieher und Lebzelter beschränken musste, versprach er: „Es gäbe noch genug Geschichten für mehrere Vorträge – etwa über Votivgaben, Redensarten oder alte Bräuche. Die erzähle ich Ihnen, wenn Sie wieder einmal kommen.“ Nach dem Vortrag blieb noch Zeit, im Geschenkeladen zu stöbern und bei Kaffee, Kuchen und hausgemachtem Eis den Tag gemütlich ausklingen zu lassen. Am Abend kehrte die Gruppe mit vielen neuen Eindrücken aus Geschichte und Handwerk nach Rosenheim zurück.
Bericht und Bilder: Andreas Grün / Volkstanzkreis Rosenheim











