Die Vorbereitungen am Flintsbacher Volkstheater laufen auf Hochtouren: In wenigen Tagen feiert die neue Produktion Premiere, und das Ensemble arbeitet intensiv an den letzten Feinheiten. Am Samstag, den 21. Juni, wird das Theaterpublikum erstmals „Madam Bäurin“ erleben – eine pointierte und gleichzeitig tiefgründige Bühnenadaption des gleichnamigen Romans der Schriftstellerin Lena Christ. Seit Wochen wird nicht nur szenisch gearbeitet, sondern inzwischen in voller Ausstattung, inklusive Maske und Kostümen. Das ermöglicht der Regie, alle gestalterischen und spieltechnischen Elemente unter möglichst realitätsnahen Bedingungen aufeinander abzustimmen. Für das Theaterteam ist Genauigkeit dabei Ehrensache – schließlich ist 2025 ein besonderes Jahr, in dem man auf 350 Jahre Theatergeschichte in Flintsbach zurückblicken kann.
Die Stückwahl fällt nicht zufällig auf Lena Christs Werk. „Madam Bäurin“, erschienen im Jahr 1919, gilt als literarisches Dokument einer untergegangenen ländlichen Welt. Die Autorin, deren eigenes Leben durch Not, Gewalt und seelische Erschütterungen geprägt war, verarbeitete in ihrer Erzählung persönliche Erlebnisse und Eindrücke. Mit großer Beobachtungsgabe beschreibt sie das Leben einfacher Leute auf dem Land und setzt sich dabei auch kritisch mit den sozialen Gegensätzen jener Zeit auseinander – zwischen Stadt und Land, Arm und Reich. Trotz der ernsten Thematik verliert der Stoff nie seine Leichtigkeit: Skurrile Momente, lebensnahe Figuren und eine Prise bäuerlicher Humor verleihen dem Stück eine lebendige, zugängliche Note.
Das Volkstheater Flintsbach schöpft aus seinen umfangreichen technischen Möglichkeiten, um dem anspruchsvollen Stoff gerecht zu werden. Dank der großzügig angelegten Bühne mit moderner Beleuchtung, drehbarem Podium und durchdachter Bühnentechnik lässt sich die Handlung stimmig und atmosphärisch umsetzen. Musikalisch wird die Inszenierung von eigens für diese Produktion komponierten Zwischenspielen begleitet. Diese stammen aus der Feder eines Münchner Komponisten und wurden stilistisch bewusst an die Zeit um 1919 angelehnt. In Flintsbach gelangen sie zur Uraufführung – aufgeführt live von der Theatermusik des Hauses. Auch visuell soll das Publikum voll und ganz in die erzählte Welt eintauchen. Die Kulissen zeigen mit großer Liebe zum Detail Schauplätze in Glonn und Berganger – reale Orte, die südöstlich von München im Landkreis Ebersberg liegen und den geographischen Rahmen des Geschehens bilden. Kostüme und Bühnenbild sind dem historischen Kontext der Romanhandlung angepasst, was dem Stück zusätzlich Authentizität verleiht und die Zuschauer in die frühe Nachkriegszeit entführt.
Getragen wird die Inszenierung von einem rein örtlichen Ensemble: Alle Darstellerinnen und Darsteller sowie die Helfer im Hintergrund kommen aus dem Ort. Seit April proben sie in ihrer Freizeit mit viel Idealismus und ehrenamtlichem Engagement. Gerade dieser persönliche Einsatz trägt maßgeblich zur besonderen Stellung des Flintsbacher Theaters in der regionalen Kulturlandschaft bei. Die Stückauswahl, die Qualität der Inszenierungen und das Selbstverständnis des Hauses unterscheiden sich spürbar vom Charakter klassischer Wirtshaustheater. Wie Theaterleiter Toni Obermair erklärt, verstehe man sich in Flintsbach nicht nur als Unterhaltungsstätte, sondern auch als Kulturträger mit Bildungsanspruch. Anspruchsvolle Literatur auf eine zugängliche Weise zu vermitteln, sei ein erklärtes Ziel. Die Vorstellungen laufen über den gesamten Sommer hinweg. Zwischen Ende Juni und Mitte August finden zahlreiche Aufführungen statt, jeweils um 20 Uhr. Die letzte Vorstellung ist für Sonntag, den 17. August angesetzt, Beginn bereits um 14 Uhr. Eintrittskarten sind online über die Website www.volkstheater-flintsbach.de erhältlich. Telefonische Reservierungen sind ab dem 26. Mai jeweils von Montag bis Freitag zwischen 11 und 13 Uhr unter 08034/8333 möglich. Die Karten kosten 19 Euro in der ersten und 17 Euro in der zweiten Platzkategorie. Aufgrund der großen Nachfrage wird eine frühzeitige Reservierung empfohlen.
Mit „Madam Bäurin“ bringt das Volkstheater Flintsbach nicht nur ein literarisch wertvolles Werk auf die Bühne, sondern auch eine facettenreiche Geschichte voller Menschlichkeit, Humor und Zeitkolorit. Die Inszenierung verspricht Theatergenuss mit Tiefe – und ist ein würdiger Höhepunkt im Jubiläumsjahr dieses traditionsreichen Hauses.
Bericht und Fotos: Volkhard Steffenhagen – Ein stimmungsvoller Probenmoment: Die Schauspieler des Volkstheaters Flintsbach stehen bereits geschminkt und in historischer Kostümierung vor der liebevoll gestalteten Kulisse von „Madame Bäuerin“.





