Leitartikel

Chiemsee-Fischer: Zufriedene Rückschau und Sorgen

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

Eingangs der Versammlung zum 124. Fischerjahrtag der Fischereigenossenschaft Chiemsee (wir berichteten über Gottesdienst, Gedenken und Festzug) blickte Erster Vorsitzender Florian Kirchmeier dankbar auf   Vergangenheit und Gegenwart und begrüßte besonders Ehrenvorsitzenden Holmer Lex mit den Worten: „Ihr und die Generationen vor uns habt besonders schwierige Situationen gemeistert, so dass wir in Eurem Sinne in wieder nicht leichten Zeiten weitermachen können und  wollen“. 

 Beispielhaft für Ertrag und Situation begann Kirchmeier mit den Worten: „Nach der Statistik der Schlösser- und Seenverwaltung fingen unsere 16 Berufsfischer im vergangenen Jahr 69 719 kg Renken, das entspricht einem Hektarertrag von 8,71 kg/ha. Im Vergleich zum Jahr 2021 sind dies um 6.100 kg weniger Renken und dementsprechend ein Minus von 0,77 kg/ha. Leider müssen wir feststellen, wenn nach dem Jahrtag der Renkenfang nicht einsetzt, wird es in diesem Jahr nichts mehr“. Zufrieden zeigten sich die Berufsfischer mit dem Hechtfang, die Brachse ist für den Chiemsee ein unentbehrlicher Wirtschaftsfisch geworden, große Sorgen machte der Aal (Dank der Fischereiberatung konnte eine Nicht-Nachbesetzung abgewendet werden), für den Zander wird viel Geld in den Besatz investiert und es konnten auch einige über 10 Pfund schwere Exemplare gefangen werden, der Bestand der Schratzen (Brachse) ist stabil und trägt nicht unerheblich zur Warenvielfalt in den Läden bei, die Seeforelle (Chiemsee-Lachs) kommt trotz viel Aufwand nicht auf die Beine bzw. Flossen und die anderen Fischarten wie Schleie und Rutten sind nur Beifang mit geringem Ertragsanteil.

Aufwendig und kostenintensiv sind der Ankauf von Glasaale-, Zander-, Maränen- und Seeforellenbrut (88 000 Euro), der Einsatz von Renkenlarven aus eigener Brut (45 Millionen Stück) sowie der Austausch der Netzkäfige für die Rentenbrut, was im vergangenen Jahr mit über 60.000 Euro zu Buche schlug. Ein besonderer Dank galt den Betreuern des Bruthauses (Familie Schaber in Prien, Philip Böss und Florian Lackerschmid mit Mitarbeiter Jonatas).

Komoran und Otter sind Problemtiere

„Die Komorane richten nicht nur durch den Fischfang großen Schaden an, da sie bei den Bojen entlang der Schnüre zu den in den Netzen gefangenen Fischen stoßen, zerstören sie die teuren Netze, die nicht mehr zwei Jahre halten, sondern oft schon unter der Saison ausgetauscht werden – ein Renkennetz kostet ca. 1.400 Euro, fünf Netze hat der Berufsfischer – der Schaden ist ausrechenbar“. „Der Fischotter“ – so Kirchmeier weiter – „frisst nicht den See leer, aber die Chiemseefischer brauchen Setzlinge und zugekaufte Speisefische aus der Teichwirtschaft. Doch dort hören immer mehr Betriebe auf, unsere Solidarität gehört der Teichwirtschaft“. In den Grußworten kam die tiefe Verbundenheit mit den Berufsfischern zum Ausdruck: Landtagsabgeordneter Klaus Stöttner bat nach 20 Jahren gemeinsamer Wegstrecke die Würde und Wertschätzung eines Fischerjahrtages zu bewahren und er versprach, bei einer geplanten Restaurierung der altehrwürdigen Fahne Unterstützung zuteilwerden zu lassen. In den 35 Jahren seines kommunalpolitischen Wirkens im Bezirk und Landtag konnte MdL Klaus Steiner einiges erreichen, aber letztlich zeigte er sich nicht zufrieden als er sagte: „Bei den Problemtieren in Bayern von den Almen bis zum See drehen wir uns im Kreis, jene, die bei Unterschriftensammlungen aktiv sind, machen sich keine Gedanken über den Arbeitsalltag und Existenznöte von betroffenen Berufsgruppen“. Das bekräftigte Sepp Hofer als stellvertretender Landrat von Rosenheim mit den Worten: „Schädlingen bedrohen Betriebe und Tourismus, Fischer sind Teil unserer Wertschöpfungskette und zu den Themen Romantik und Folklore sage ich nur, dass Fische ebenso wenig vom Käptn Iglu kommen wie die Milch von lila Kühen“. Gisela Sengl, Landtagsabgeordnete der Grünen-Fraktion mit eigener Hofladen-Erfahrung bedankte sich bei ihrer ersten Teilnahme für die wichtigen Informationen von richtigen Praktikern und sagte zu, dass ihre Fraktion ein regionales Bestands-Management bei Problem-Tieren unterstützt. Michael Modelmeier als Vertreter von Dr. Reinhard Reiter als Ansprechpartner im Landwirtschaftsministerium für den Bereich Fischerei informierte über neue, nicht immer leicht zu verstehende Förder-Richtlinien (unter anderem bei einem Referenten-Entwurf für den Sachkundenachweis zum Töten von Fischen). Dr. Bernhard Gum von der Fischereifachberatung des Bezirks Oberbayern ging unter anderem auf den dreijährigen Fangstopp von Felchen auf dem Bodensee ein und sagte: „Dort sorgen rund 2.000 Kormorane für täglichen Fischfang von ca. 1.000 kg. Für den Fangstopp sind nicht die Fischer verantwortlich, gut dass am Chiemsee die Fischerei-Entscheidungen bei den Berufsfischern in Fachhänden liegen“. Als neuer Leiter des Wasserwirtschaftsamtes Traunstein ging Bernhard Lederer unter anderem an einen schweren Unfall am Chiemsee-Ufer in Bernau-Felden und auf Untersuchungen zu Chiemsee- und Alz-Pegelregulierungen ein. Bei Letzterem handelt es sich um ein komplexes und langes Verfahren, das mit der Erhebung von Grundlagendaten beginnt und mit vielen Beteiligten wie Kraftwerkbetreibern und Chiemsee-Schifffahrt abgestimmt wird. Musikalisch und kulinarisch wurde der Versammlungsjahrtag von der Blaskapelle Prien und von frischen Weißwürsten vom Wirt des Gasthauses „Zur Linde“ bereichert. Eingeladen wurde noch zum heurigen Oberbayerischen Fischereitag, der am 9. September in Übersee am Chiemsee in Verbindung mit dem Königssfischen stattfinden wird.

Fotos: Hötzelsperger – Eindrücke von der Versammlung des Fischerjahrtags auf der Fraueninsel – u.a. Abschied und Dank für MdL Klaus Stöttner und MdL Klaus Steiner sowie Florian Kirchmeier und Thomas Lex vor der Kranzniederlegung am Kriegerdenkmal.

 

 

 

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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