Kultur

Bad Reichenhall: Vertonungen zum Thema Frieden

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

Unterschiedliche Facetten der Vertonung zum Thema Frieden  –  Vom Vielklang zur Mehrchörigkeit – faszinierende Welt der historischen Aufführungspraxis

 Bad Reichenhall. Ein Konzert zu 200 Jahre Frieden in der Musik bot das Gesangsensemble Antiphonus aus Zagreb unter der Leitung von Tomislav Fačini und – unter Bezug auf die Silbe „hall“ im Namen der Stadt – die Capella dell’halla aus Bad Reichenhall mit dem Barockposaunisten Robert Schlegl, Vorsitzender der veranstaltenden Andreas-Hofer-Gesellschaft. Unter dem Motto „Da pacem, Domine“ (Gib Frieden, Herr) erklangen Werke von der Frührenaissance bis zum Barock, dargeboten mit unterschiedlichen historischen Instrumenten in verschiedenen Konstellationen und Aufstellungen im Kirchenraum von St. Nikolaus. Die Botschaft des Konzerts war nicht nur eine musikalisch-ästhetische, sondern auch eine appellierende: Die Bitte um Frieden und die persönliche, soziale Verantwortung jedes Menschen dafür im eigenen Umfeld, so Robert Schlegl im Vorwort der Programmbroschüre, deren  Titelseite die Friedenstaube von Picasso ziert. Psychologisch und pädagogisch könne der Titel eines Anonymus verstanden werden: „Amor est paix“, bei dem die Liebe mit dem Frieden gleichgesetzt wird. Friede könne nur durch die Liebe herrschen – eine Weisheit, die unbestritten ist.

Mit Langhals- und Knickhalslaute, Barockposaunen, Zinken (historisches Blasinstrument), Barockviolinen und einer mittelalterlichen Fidel, sowie der Truhenorgel gestalteten die hervorragenden Instrumentalisten gemeinsam mit den professionellen Singstimmen musikalisch, was im lateinischen – erst später bei Heinrich Schütz auch im deutschen – Text an Emotionen (im Barock „Affekte“ genannt) ausgedrückt ist. Sie erschufen durch die historische Aufführungspraxis eine faszinierende Klangwelt. Alte Musik und eine zeitlose Bitte im romanischen Kirchenraum – die beiden Ensembles nützen die Architektur, um die frühe Mehrchörigkeit in die heutige Zeit zu holen. Die verschiedenen Niveaustufen im Altarraum dienten dieser Darbietung ebenso, wie die Empore, von der aus ein Dialog der Sänger mit den Instrumentalisten geführt wurde.  Zu Beginn stellte ein Tenor des Gesangsensembles die gregorianische Antiphon „Da pacem, Domine“ vor, die als Cantus firmus oder Melodieteil in vielen der Kompositionen erscheint. Darauf machte Robert Schlegl aufmerksam und versprach eine CD für denjenigen, der die Anzahl der entsprechenden Musikpassagen im Laufe des Konzerts herausfindet.

Reine Instrumentalwerke, wie die „Phantaisie 14 da pacem“ von Girolamo Parabosco (1524-1557) oder die „Music for his Majesty’s Sackbuts and Cornetts“ von Matthew Locke (1621-1677) und „Contrapuncto 95“ von Constanzo Festa (1480-1545) wechselten mit Gesang, der in unterschiedlichen Instrumental-Konstellationen begleitet wurde. Auch die Sängerinnen und Sänger stellten sich manchmal gegenüber und rahmten die Instrumente ein, um einen mehrchörigen Raumklang zu erzeugen.

Das wahrscheinlich älteste Stück nach der gregorianischen Antiphon war „Flor florum fons ortorum“ von Guillaume Du Fay (1400-1474). Andere Komponisten, die Werke zum Thema geschaffen haben, waren Firminus Caron (1430-1480), Antoine Brumel (1460-1530), Johannes Prioris (1460-1514), Ludwig Senfl (1490-1543) oder Cipriano da Rore (1515-1565). Auch bekannte Namen, wie Orlando di Lasso (1532-1594), Melchior Franck (1579-1639) oder Heinrich Schütz (1585-1672) waren vertreten. Messteile aus Friedensmessen, wie „Agnes dei“ aus „Missa da pacem“ von Noel Bauldeweyn (1480-1530) oder „Gloria“ von Giovanni Rovetta (1596-1668) begeisterten ebenso wie die deutschsprachigen Motetten von Heinrich Schütz „Verleih uns Frieden“ (SWV 354) und „Herr, unser Herrscher“. Die Interpretinnen und Interpreten ließen die Zuhörer klangreich und mit überzeugender Gestaltungskraft an 200 Jahren Musikgeschichte teilhaben, deren Anliegen auch das der aktuellen Zeit ist. Und wenn Gedanken und Musik etwas in diesem Sinne bewirken können, dann mit Sicherheit dieses Konzert.

Bericht und Fotos: Brigitte Janoschka

1280: Jeweils vier Mitglieder der „Capella dell’halla“ umrahmen die Sängerinnen und Sänger des Ensembles Antiphonus aus Zagreb.

1272: Zinken sind gebogene Blasinstrumente, die zur Gruppe der Trompeten gehören.

1267: Truhenorgel, Langhalslaute und Barockposaune, hier (rechts) Robert Schlegl aus Bad Reichenhall

1259: Die Sängerinnen des Ensembles Antiphonus

1257: Die Sängerinnen stehen den Sängern gegenüber und simulieren so Mehrchörigkeit.

 

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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