Leitartikel

Trauerreden Cramer-Klett im Wortlaut

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

Ansprache beim Beerdigungsgottesdienst für Baron von Cramer-Klett in der Schloß-Kapelle von Pfarrer i. R. Josef Winkler:

Rasso hätte sicher noch sehr gerne seinen 80.Geburtstag am 22. April erlebt und gefeiert, er hätte sicher noch gerne einige Jahre gelebt, wenn nicht die Krankheit gekommen wäre, an der er in den letzten Monaten zu leiden hatte und die nun zu seinem Tod geführt hat. In der Zeit der Krankheit hat er wahrscheinlich öfter Besserungswünsche zugesprochen bekommen. Gute Wünsche werden auch bei Geburtstagen ausgesprochen, bei Jubiläen oder auch zum Jahreswechsel. Immer geht es dabei ums Leben, um gutes Leben. Der evangelische Theologe und Pfarrer Dietrich Bonhoeffer hat zur Jahreswende 1944/45 ein Neujahrsgedicht geschrieben für seine Verwandten. Er hat es als Verfolgter des Naziregimes im Gefängnis geschrieben – mit der Aussicht seiner Hinrichtung, die auch tatsächlich am 9. April erfolgt ist. Er schreibt in der ersten Strophe: Von guten Mächten treu uns still umgeben, behütet und getröstet wunderbar, so will ich diese Tage mit euch leben, und mit euch gehen in ein neues Jahr

In einem Brief an seine Verlobte schlüsselt er auf, was für ihn gute Mächte sind: Nähe von liebenden Menschen, Bibelworte, erinnerte Gespräche, Musikstücke, Bücher. Was waren Rassos gute Mächte? Ich glaube, die Todesanzeige in der Zeitung hat es sehr konzentriert auf den Punkt gebracht. Sie beginnt mit dem Halbsatz: Meine Kräfte sind zu Ende. Was seine Kräfte waren und was ihm Kraft gegeben hat, was seine guten Mächte waren, das lässt sich den vier folgenden Zeilen entnehmen: Voller Liebe und Dankbarkeit nehmen wir Abschied von meinem geliebten Mann, unserem Vater, Bruder, Großvater, Schwiegervater und Onkel. Großzügiger Herzensmensch und Gastgeber, passionierter Jäger und geduldiger Fischer, tief verbunden mit seiner Aschauer Heimat, war er der Fels und Mittelpunkt unserer Familie. Stark war er als Herzensmensch, geliebter Mann und Vater, Familienmensch. Gerne hat er die Familie auch beim gemeinsamen Essen erlebt, wozu er auch mit seinen Kochkünsten beigetragen hat. Er war kein Freund großer Gesten, aber kleine Rituale und kleine Gesten hat er gerne gepflegt. Dazu gehörte die zarte Berührung mit der Hand, die bei ihm einen Zusammenhang mit dem Herzen hatte, wie es in einem chinesischen Sprichwort zum Ausdruck kommt: Die Hand gibt, das Herz schenkt.

Eine gute Macht war für Rasso die Aschauer Heimat, die Natur, in der er sich gerne bewegt hat als Jäger, der noch weit mehr ein Heger war, als Fischer, überhaupt als naturverbundener Mensch, der tiefen Respekt vor der Natur hatte, der sich selbst als einen Teil der Natur verstand, der natürlich Zusammenhänge und Abläufe kannte, der Tiere und Pflanzen bestens kannte, und der damit aus der Natur viel Kraft schöpfte. Das machte ihn zu einem Menschen, der Ruhe und Stille schätze und damit auch sehr schweigsam sein konnte. Erwähnt werden darf auch noch, dass er die Natur auch als Sportler gerne in Anspruch genommen hat als Bergsteiger, Schifahrer und Golfspieler. All das ist nun zu Ende bzw. lebt in der Erinnerung fort. „Meine Kräfte sind am Ende, nimm du mich, Herr, in deine Hände.“ So lautet der ganze Satz über der Todesanzeige. Die Rassos wurden beim Trauergespräch erwähnt: „Papis Umarmungen waren einzigartig, und seine Hand auf der eigenen Hand gab einem ein tiefes Gefühl von Sicherheit und Akzeptanz.“

Die Dichterin Hilde Domin hat so einer Hand Aufmerksamkeit geschenkt in einem Gedicht, in dem diese Zeilen vorkommen: Du aber – bücke dich und streichle – ohne es zu knicken – das zarte Moos am Boden – oder ein kleines Tier – ohne dass es zuckt – vor deiner Hand. Lege sie schützend – Auf den Kopf eines Kindes…, damit sie transparent wird – und gänzlich untauglich – zu jedem Handgriff beim – Bau von Stacheldrahrhöllen, – öffentlichen und intimen… – Damit, wenn am letzten Tag – Sie vor dir auf der Bettdecke – Liegt. Wie eine blasse Blume… Du ihr dann sagst: – Leb wohl, meine Hand. Du warst mein liebstes Glied – Zwischen mir und der Welt.

Von menschlichen Erfahrungen ausgehend und entsprechend in menschlichen Bildern werden in der Bibel ganz oft Gott Hände zugeschrieben. Beim Propheten Jesaja etwa steht das Wort, das Gott in den Mund gelegt wird: „Ich habe dich in meine Hand gezeichnet, mein bist du.“ Als Christen dürfen wir an Jesus denken, in dem Gott gewirkt und ge-hand-elt hat: er hat Kindern die Hände aufgelegt, Kranke heilsam berührt, Niedergebeugte aufgerichtet, Füße gewaschen, Brot geteilt und ausgeteilt, sich selbst in der Gestalt von Brot und Wein gereicht und gegeben. Am Ende seines Lebens hat sterbend am Kreuz gebetet: „Vater, in deine Hände empfehle ich meinen Geist.“

In dieser letzten Geborgenheit sieht auch Dietrich Bonhoeffer die gute Macht schlechthin. In der letzten Strophe seines Neujahrgedichts, die in der Liedform auch als Kehrvers gesungen wird, schreibt  er: Von guten Mächten wunderbar geborgen – erwarten wir getrost, was kommen mag. Gott ist mit uns am Abend und am Morgen, und ganz gewiss an jedem neuen Tag. Diesem Gott-mit-uns vertrauen wir unseren Verstorbenen an: Herr, dir in die Hände sei Anfang und Ende, sei alles gelegt. Dir in die Hände sei das Leben und das Sterben von Rasso gelegt. Herr, nimm ihn in deine Hände.

Trauerrede von Aschaus Bürgermeister Simon Frank am offenen Grab im Cramer-Klett´schen Familien-Friedhof:

Liebe Familie von Cramer-Klett, tief betroffen müssen wir Abschied nehmen von unserem geschätzten Freiherrn Rasso von Cramer-Klett.

Herr von Cramer-Klett war von 1978 bis 1996 Mitglied im Gemeinderat Aschau i.Chiemgau und war mit seinem Wissen und seinem Weitblick eine Bereicherung für das Gremium. Aufgrund seines jahrzehntelangen Wirkens zum Wohle und Ansehen der Gemeinde Aschau i.Chiemgau erhielt Herr von Cramer-Klett im Jahre 2001 die höchste Auszeichnung, die eine Gemeinde vergeben kann – die Verleihung des Ehrenbürgerrechts. Weiters wurde er 2007 mit der Bayerischen Staatsmedaille für Verdienste um Umwelt und Gesundheit ausgezeichnet. All das Gute, was „unser Baron“ getan hat, konnte mit keiner noch so großen Auszeichnung aufgewogen werden. Bei vielen geschäftlichen Vorgängen hat er zusammen mit der Gemeinde nach Lösungen gesucht, die stets gefunden wurden. Ohne diese wunderbare Zusammenarbeit gäbe es heute z.B. keine Residenz Winkler, keinen Ausbau der Ortsdurchfahrt Hohenaschau – gerade dieser Ausbau war der Startschuss für die Sanierung des historischen Ortsteils Hohenaschau – daraus resultierte das Bauland für einheimische Familien am Hofbichl sowie ein Grundstück für den gemeindlichen Bauhof und das Feuerwehrhaus. Dank der Bereitschaft von Herrn von Cramer-Klett und den fairen Bedingungen gegenüber der Gemeinde konnte die Festhalle nicht nur erhalten, sondern auch wesentlich verbessert und für ein breites Publikum sinnvoll zugänglich gemacht werden.

Baron von Cramer-Klett war nicht nur ein fester Bestandteil der örtlichen Gemeinschaft, sondern überall von Herzen gerne gesehen. So war er beim Verein „Kunst und Kultur“ Vereinsgründer und 10 Jahre Erster Vorsitzender. Dass der Baron dem Brauchtum aufgeschlossen gegenüberstand, zeigte auch seine enge Verbundenheit zum Trachtenverein D’Griabinga Hohenaschau, dem Trachtenverein Atzing und zum Chiemgau-Alpenverband. Bei zahlreichen weiteren Vereinen war er Mitglied, Fördermitglied oder Ehrenmitglied. Die Dankbarkeit und die Wertschätzung der Vereine zeigt sich heute durch die Anwesenheit von vielen Vereinsvertretern, Fahnenabordnungen und dem folgenden Ehrensalut der Gebirgsschützen.

Eine große Bedeutung im Leben von Herrn von Cramer-Klett hatte die Jagd mit der Eigenjagd und als Pächter der Gemeindejagd. Wir als Gemeinde hatten einen zuverlässigen Jagdpächter mit Herz, Verstand und Weitblick sowie mit der nötigen Geduld. Es war hier immer ein gutes Miteinander. Seine Verantwortung für das Gemeinwohl war sicher oft eine Gratwanderung: Auf der einen Seite den eigenen Besitz zu erhalten und zu pflegen, auf der anderen Seite der Gemeinschaft den Besitz zugänglich zu machen – gleichzeitig mit eigenen Einschränkungen; hierbei denke ich z.B. an die staatlich verordneten Ausweisungen von FFH-Flächen, zahlreiche Wildbachverbauungen oder im Bereich der Almwirtschaft. Die Zusammenarbeit zwischen dem Hause Cramer-Klett und der Gemeinde war immer von gegenseitiger Wertschätzung, verbunden mit dem Ziel, eine für beide Seiten befriedigende Lösung zu finden.

Lieber Baron, ich möchte Ihnen im Namen der Gemeinde Aschau i.Chiemgau, der Bürgerinnen und Bürger von Aschau, aber auch ganz persönlich, für Ihr großartiges Lebenswerk und Ihre Wohltaten von Herzen danken. Ihr großer persönlicher Einsatz, Ihre Liebe zur Heimat und Ihre stete Großzügigkeit für unser Gemeinwohl waren vorbildlich und werden uns immer an Sie, lieber Baron, an einen wunderbaren Menschen, erinnern.

Die Gemeinde Aschau i.Chiemgau wird Ihnen stets ein ehrendes Andenken bewahren. Ihnen, liebe Familie von Cramer-Klett, gilt meine aufrichtige Anteilnahme. Als äußeres Zeichen der Trauer, des Dankes und der Verbundenheit lege ich im Namen der Gemeinde Aschau i.Chiemgau einen Kranz nieder. Lieber Baron, ruhen Sie in Frieden.

Fotos: Hötzelsperger – Pfarrer Josef Winkler und Bürgermeister Simon Frank am offenen Grab von Baron Rasso Freiherr von Cramer-Klett

 

 

 

 

 

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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