Absolut einig war sich der Gemeinderat, dass dem Antrag auf Benennung eines Weges nach der Gemeindeärztin Dr. Virginie Pöller auf Antrag von Heimatpflegerin Annemarie Kneissl-Metz stattgegeben werden sollte.
Vor 85 Jahren, am 1. Juli 1940, begann Dr. Virginie Pöller ihre Landarztpraxis in Übersee. Mit kaum 1500 Einwohnern war das Dorf damals klein, vor allem durch landwirtschaftliche Anwesen geprägt, alle Straßen ungeteert. Zu Praxisgründung kam es durch den plötzlichen Tod des Überseer Arztes Dr. Reinhard Scheel und den Krieg. Übersee und das Nachbardorf Grabenstätt standen ohne ärztliche Versorgung da, weil die männlichen Kollegen als Soldaten eingezogen wurden. Anfangs war es nicht leicht für Dr. Virginie Pöller sich als Frau in ihrem Beruf durchzusetzen. Aber schon bald erwarb sich die „Doktorin“, wie sie überall genannt wurde, großen Respekt bei den Bürgern von Übersee und Grabenstätt. Die Bevölkerung beider Gemeinden war durch den Zuzug von Evakuierten, Flüchtlingen, ersten Heimatvertriebenen, durch hier stationiertes militärisches Personal, Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter in diesen Jahren stark angestiegen.
Wie es sich kürzlich bei einem Seniorenkaffee in Übersee zeigte kannten sehr viele Senioren Dr. Virginie Pöller noch persönlich. Monika von Freyberg, die Tochter von Dr. Pöller, erzählte über ihre ganz besonderen Erlebnisse mit ihrer Mutter. Als kleines Kind habe sie sie oft auf Hausbesuchen begleitet. Mit den unterschiedlichsten Transportmitteln sei ihre Mutter unterwegs gewesen, je nach Jahreszeit zum Beispiel mit dem Pferdeschlitten, einem Pferdewagen, auf Skiern oder mit dem Holzvergaser. Ihr Elternhaus sei Tag und Nacht für Kranke offen gestanden. Jederzeit hätten sie zu der Doktorin kommen dürfen, erzählten die ehemaligen Patienten.
Als Arzthelferin war Renate Dempf ab dem ersten Tag ihrer Lehrzeit in den 1960er Jahren viele Jahre bei Dr. Pöller. Sie erzählte von einer stets einsatzbereiten, am Wohlergehen ihrer Patienten in höchstem Maß interessierten Ärztin. Besonders gerne habe sie alle chirurgischen Fälle versorgt. Der Umgang mit Skalpell, Nadel und Pinzette habe ihr besonders gelegen. Ein weiterer Schwerpunkt sei die häusliche Geburtshilfe gewesen. Auch nach den Entbindungen habe sie sich stets um die Säuglinge gekümmert.
Nach dem Unfalltod von Dr. Virginie Pöller 1987 führte Dr. Martin Metz mit Dr. Sabine von Silva-Tarouca die Landarztpraxis Pöller weiter. Heute hat Dr, Silva-Tarouca die Leitung des Hausarztzentrums Übersee inne.
Die offizielle Einweihung und die Neubenennung des nördlichen Geh- und Radwegs an der Beste Wiese in „Dr. Virginie Pöller – Weg mit entsprechender Beschilderung findet am Dienstag, 1. Juli, um 17.30 Uhr an der Beste Wiese statt.
Das Foto zeigt die Landärztin Dr. Virginie Pöller, nach der nun ein Weg und ein Platz neu benannt werden.
Bericht: Christiane Giesen – Archiv-Foto: Metz (Repro: Giesen)




