In seiner Begrüßung zum Stadtrequiem Bad Reichenhall in der St. Nikolauskirche sagte Robert Schlegl, erster Vorsitzender der Andreas-Hofer-Gesellschaft und Barockposaunist, dass er die Zusammenarbeit zwischen der Capella dell’halla und dem Mozarteum vocalEnsemble unter der Leitung von Prof. Jörn Andresen sehr schätze. Beide Klangkörper musizieren historisch informiert auf historischen Instrumenten. Die Idee zu diesem Stadtrequiem sei im Nachgang der Pandemie entstanden. Es findet jahreszeitlich rund um den Totensonntag und den Volkstrauertag statt. Eigene Befindlichkeiten können sich in der Musik widerspiegeln, so Schlegl. Umgekehrt solle uns auch die Musik berühren und uns positive Gefühle bescheren.
Die drei Komponisten, die im Programm vertreten waren, gehören der Renaissance, bzw. dem Frühbarock und dem Hochbarock an: Der älteste, Andreas Hofer (1586-1630) war vertreten mit „Hymnum Cantante“ („Singt ein Lied“) aus „Salmi e Motette“ für drei Soprane und Basso continuo. Die drei Sopranistinnen standen im Dreicheck rund um die Musiker und ließen ihre Stimmen nicht nur mehrstimmig, sondern durch die räumliche Aufstellung in Erinnerung an die Mehrchörigkeit dieser Zeit erklingen. Wie sehr diese Musik programmatisch Gefühle zum Ausdruck bringt, zeigte das mehrmals angestossene „flevimus“ („wir weinten“), das lautmalerisch ein Schluchzen hörbar machte. Der tänzerische Dreivierteltakt bei „Et cantabimus laudem tuam“ („Wir werden dein Lob singen“) am Schluss verwandelt die Trauer lobpreisend in eine spirituelle Freude. Von dem, um 18 Jahre jüngeren Johann Bach (1604-1673 – dem Großonkel von Johann Sebastian Bach) erklang „Unser Leben ist ein Schatten“ mit Chorälen, deren Texte von Johann Flittner und Michael Frank (17. Jahrhundert), sowie Nikolaus Herman und Johann Leon (16. Jh.) auch in Johann Sebastian Bachs (1685-1750) Chorsätzen vorkommen. „Weil du vom Tod erstanden bist“ zum Beispiel erscheint auch bei Johann Sebastian als Nummer sieben in seiner Kantate „Christus, der ist mein Leben“ und „Ach, wie flüchtig, ach wie nichtig“ ist ebenfalls eine Kirchenkantate von Johann Sebastian Bach, war aber in diesem Konzert als Komposition von seinem Großonkel Johann Bach zu hören.
Das Stadtrequiem begann mit einer Sinfonia, dem ersten Satz aus „Weinen, Klagen, Sorgen, Zagen“, von Johann Sebastian Bach, BWV (Bachwerkverzeichnis) 12, einer frühen Kantate des Barockmeisters. Die Solo-Oboe übernahm das Klagen auf der Empore über der Apsis – in Umsetzung der Mehrchörigkeit, wie in den frühen Epochen üblich. Im Chorsatz sang jede Vokalstimme zunächst nur eines der titelgebenden Wörter wie einen Seufzer, bevor der Teil “Angst und Not“ gemeinsam artikuliert wurde – mit gesteigerter Dynamik bei „die das Zeichen Jesu tragen“.
Mit der Nummer 4 im BWV, der Choralkantate „Christ lag in Todesbanden“ erklang ein weiteres Frühwerk von Johann Sebastian Bach. Nach einer Sinfonia folgten sieben Versi (Strophen), die alle auf „Halleluja“ endeten, mal als Fuge, mal zurückhaltend oder im getragenen oder freudigen Stil. Der erste Versus erklang als Chorfuge, auch der letzte Vers wurde vom Chor gesungen. Dazwischen besangen vier Solisten in verschiedenen Stimmkonstellationen den Sieg des Lebens über den Tod durch die Auferstehung Christi. Auch die Kantate „Nach dir, Herr, verlanget mich“, BWV 150, gehört noch zu den frühen Bach-Werken und schließt thematisch und musikalisch an die eingangs erwähnten Frühbarock-Kompositionen von Andeas Hofer und Johann Bach an. Im gleichen Aufbau wie die übrigen Kantaten beginnt auch diese mit einer Sinfonia und wechselt dann zwischen Coro und Soli.
So führte diese Veranstaltung des Stadtrequiems musikalisch und inhaltlich von der Trauer zur Freude der Auferstehung, wie es in der Chaconne im 3/2-Takt der letzten Kantate heißt: „Meine Tage in dem Leide endet Gott dennoch zur Freude“ mit schöner Koloraturgestaltung auf „Freude“.
Diese zeigten auch alle Konzertbesucher bei ihrem herzlichen Applaus für diese selten gehörte Musik, dargeboten auf höchstem Niveau.
Bericht und Bilder: Brigitte Janoschka






