Kultur

Seeon: Kammermusik zum Musikfrühling

Veröffentlicht von Toni Hötzelsperger

Der 21. „Chiemgauer Musikfrühling“ endete mit dem ergreifenden Kammerkonzert „Wellenreiten“, bezogen auf die von Seen umgebene wunderschöne Lage des ehemaligen Klosters. Den Temperaturen nach zu schließen – hatte ganz im Gegensatz zum Auftaktkonzert bei eisigem Wetter – nun ein warmer Frühling Einzug gehalten.

Zu Anfang des Konzerts erklang die traurig melancholische Sonate für Flöte (Maximilian Randlinger), Bratsche (Razvan Popovici) und Harfe (Marie-Pierre Langlamet) von Claude Debussy (1862 bis 1918), die zu der Begrüßung des Publikums von Razvan Popovici passte: Er und alle Musiker des Musikfrühlings widmeten dieses Konzert dem Gedenken an Frau Dr. Gisela Mersch-Rieger, die vor zwei Tagen völlig unerwartet gestorben war. Sie war eine in allen Bereichen unermüdliche Förderin des Musikfrühlings gewesen, die mit ihrem großen Freundes- und Bekanntenkreiskreis nicht nur  seit Anbeginn der Konzertreihe für Kost und Logis der jungen Musiker aus aller Welt gesorgt, sondern auch stets die Werbetrommel gerührt hatte und so zum überragenden Erfolg der Konzertreihe viel beigetragen hatte.

Debussys späte Sonate, komponiert 1915/16, ist Klang gewordene, reine Poesie. Debussy selbst sagte zu dieser artifiziellen, durchgeistigten Kammermusik: „Sie ist schrecklich melancholisch. Ich weiß nicht, ob man dabei lachen oder weinen soll. Vielleicht beides zugleich?“ Auf diese Weise glücklich eingestimmt nahm das Publikum im fast ausverkauften Festsaal von Kloster Seeon auch das folgende  frühe Werk des Schweizer Komponisten Frank Martin (1890 bis 1974) begeistert auf – das „Trio sur des melodies populaires irlandaises“ von 1925, also ein fröhliches, variantenreiches Trio in drei Sätzen über irische Volkslieder. Mit ansteckender Spiel und Lebensfreude, harmonisch vollkommen aufeinander eingespielt, musizierten zusammen Diana Ketler am Flügel, der junge, in St. Petersburg geborene Aylen Pritchin auf der Geige und Valentin Radutiu am Cello.

Nach der langen Pause, in der die Zuhörer bei wunderbarem Frühlingswetter auch die Außenanlagen von Kloster Seeon erkunden konnten, gab es eine verspielt virtuos komponierte Barocksonate von Jean Marie Leclair (1967 bis 1764) für zwei Violinen. Wieder spielte Aylen Pritchin im Duo mit der jungen Schweizer Violinistin Maria Jurca. Wie Pritchin erhielt Jurca bereits eine Reihe von renommierten Preisen und spielte mit berühmten Musikkollegen im In- und Ausland bei großen Veranstaltungen. In perfektem Zusammenspiel „wie zusammengewachsen“, Herz erwärmend spielten die beiden das technisch anspruchsvolle Stück virtuos, so dass das Publikum hingerissen war.

Den krönenden Abschluss der Matinee bildete dann das Quintett für Harfe (Marie-Pierre Langlamet), Flöte (Maximilian Randlinger), Violine (Aylen Pritchin), Viola (Razvan Popovici) und Cello (Justus Grimm) des weithin unbekannten französischen Komponisten und Marineadmirals Jean Cras (1879 bis 1932).
Cras war nicht nur ein außergewöhnlicher Komponist, der schon mit 13 Jahren erste Kompositionen vorlegte, sondern er verband diese Passion mit seinem Beruf als Marinekommandeur und Lehrer an der Marineschule in Brest. In dieser Funktion erfand er ein Winkelmesser als Navigationshilfe, das bis zur Einführung der Navigation durch Satelliten auf jedem Schiff in Gebrauch war. Im Ersten Weltkrieg war Cras Kommandant eines Torpedeobootes. Stets hatte er auf den Schiffen ein Klavier mit an Bord, das ihn zum Komponieren anregte. Auch dieses letzte Stück des diesjährigen  Musikfrühlings war ein großes musikalisches Erlebnis. Die weltberühmte Harfenistin Marie-Pierre Langlamet und Max Randlinger, Flöte, brillierten mit wunderschön zarten, weichen und perlenden Klängen auf ihren Instrumenten, ebenso wie Justus Grimm virtuos am Cello, Aylen Pritchin mit hingebungsvoll konzentriertem Spiel auf der Geige im Austausch mit Razvan Popovici auf der Bratsche.

Natürlich bedankte sich das Publikum mit großem Applaus, Bravorufen und stehenden Ovationen. So war der Abschied von der beliebten Konzertreihe mal wieder nicht leicht, aber Razvan Popovici tröstete im Ausblick auf den nächsten Musikfrühling und versprach, der werde wieder im Mai stattfinden.  

Bericht und Fotos: Christiane Giesen

Beim Abschlusskonzert des 21. Chiemgauer Musikfrühlings im Kloster Seeon spielten (von links) Maximilian Randlinger, Flöte, Marie-Pierre Langlamet, Harfe, Aylen Pritchin, Violine, Razvan Popovici, Viola, und Justus Grimm, Violoncello.

Oder alle am Ende stehend

Aylen Pritchin, Geige, Diana Ketler am Flügel und Valentin Radutiu, Violoncello.

 

Redaktion

Toni Hötzelsperger

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