Allgemein

RO-TS: Spurensuche bei Tonkünstlern

Veröffentlicht von Toni Hötzelsperger

In einem abwechslungsreichen Konzert im Vereinshaus in Traunstein und einen Tag später in Rosenheim im Hans Fischer Saal im Künstlerhof präsentierten sich zwölf Musikerinnen und Musiker des Tonkünstlerverbands (TKV) Südostbayern mit Werken von Komponisten und Komponistinnen aus Bayern. Unter dem Motto „Auf Spurensuche“ waren in einem Gemeinschaftswerk des TKV berührende und überraschende Werke von Bayern vom 18. Jahrhundert bis heute zu hören. Ob gebürtig, ausgewandert, wahlbeheimatet oder vorübergehend ansässig, malten sie ein Bild des musikalischen Bayern.

Ermöglicht wurde dieses Projekt dank des Förderprogramms „Tonkünstler Live Spezial“ des TKV Bayern e.V. Das Konzert anlässlich des 80. Geburtstags des Komponisten Roland Leistner-Mayer war auch die Generalsekretärin des TKV Bayern, Andrea Fink, anwesend. Ihm wurde zur Würdigung seines ausdrucksstarken Schaffens eine Monografie in der vom TKVB betreuten Buchreihe „Komponistinnen und Komponisten in Bayern“ gewidmet.

Nach der Begrüßung und dem Dank durch die erste Vorsitzende des TKV Südostbayern, Alice Guinet, führte der Komponist Walther Prokop informativ und unterhaltsam durch das Programm. Eine Klaviertranskription auf eine Melodie aus Christoph Willibald Glucks (1714-1787) Oper „Orpheus und Eurydike“ stellte den Oberpfälzer Komponisten vor, dessen Opern in Paris Furore machten. Die Pianistin Yume Hanusch ließ mit „Allegro molto“ aus den Klavierstücken op. 3 von Richard Strauss (1864-1949) noch einen anderen bekannten Komponisten aus Bayern erklingen, bevor Sieglinde Zehetbauer bei dessen Lied „Das Alphorn“ von Sebastian Krause auf dem Horn und Yume Hanusch am Klavier begleitet wurde.

Auch in den beiden Liedern „Waldvögeln“ und „Herbst“ von Franz Lachner (1803-1890) versenkte sich die Sopranistin im Duo mit dem Horn und dem Klavier ganz in die musikalisch-dichterische Aussage. Diese romantischen Texte gehen immer von einer Naturbeschreibung aus und übertragen dann die Bedeutung auf das menschliche Empfinden – „Tönt’s, ohne je zu schweigen, tönt tief in’s Herz hinein“ aus „Das Alphorn“ oder „Ach könnt ich doch ein Vöglein sein“. Von Josephine Caroline Lang (1815-1880) bot Rebekka Höpfner am Klavier „Lied ohne Worte“ und „Mazurka“ dar – ganz eins mit der Musik – und entriss diese Komponistin, die zu Lebzeiten in einer Liga mit Clara Schumann und Fanny Mendelssohn spielte, mit einer eindrucksvollen Interpretation der Vergessenheit.

Auf der Violine glänzten Constanze German-Bauer und Maria Bittel am Klavier bei einem virtuosen „Allegro“ voller Verve und einem ausdrucksstarken „Andante con moto“ aus der Sonate von der zweiten Komponistin des Abends, Dora Pejačevič (1885-1923), die zwar in Ungarn geboren ist, aber in München starb.                              Sogar die seltene Mandoline war in diesem Konzert zu hören. Natalia Marashova holte das Instrument mit dem Werk „Relationen“ von Herbert Baumann (1925-2020) – „Allegro“ und „Andante lamentabile“ – mit energetischen Rhythmen und melodischen Linien an die Oberfläche des berührenden Musikgeschehens.  Der Niederländer Jan Koetsier (1911-2006) wirkte und starb in München. Blechbläsern ist er sicherlich durch die Jan Koetsier-Stiftung und ihren Wettbewerb bekannt. Aus seiner Sonate für Horn und Harfe spielte das „Duo harfe.horn“ mit Johann Niedermeier an der Harfe und Sebastian Krause am Horn „Larghetto“ und „Allegro vivace“. Sehr virtuos – einfühlsam im Horn und die Harfe professionell versiert.

Roland Leistner-Mayer ist 1945 in Böhmen geboren und lebt jetzt in Brannenburg. Seine Suite für Flöte und Klavier, op. 62 aus dem Jahr 1990 ließen Alice Guinet, Flöte und Eva Schieferstein, Klavier brillant aufleben. Die Sätze Prélude, Scherzo, Molto andante e cantando und Burlesca boten den beiden Musikerinnen die Möglichkeit, verschiedene Stimmungen auszustrahlen – sowohl Emotionsschwankungen mit heftigsten Ausbrüchen, als auch Zarteres – und „die autobiografischen Splitter zwischen den Noten“ in Musik zu verwandeln, um den Bezug der Musik „zu unserem emotionalen und spirituellen Menschsein“ herzustellen, so Walther Prokop.Man glaubte, im Scherzo bei den Trillern in den verschiedenen Höhen ein Lachen zu hören oder das Läuten von Kirchenglocken am Anfang des dritten Satzes. Und dann virtuose Tonleiterketten wie Tonperlen in der Flöte, kongenial vom Klavier begleitet.

Abgeschlossen wurde das Konzert mit einer Uraufführung von Patrick Pföß (*1981). „NUN“ – großgeschrieben – nennt der Komponist Patrick Pföß sein Stück für Hackbrett und Akkordeon. NUN ist in der altägyptischen Mythologie die Gottheit des Urwassers, des unendlichen Ozeans vor der Schöpfung, aus dem alles entstand. Er repräsentiert das ursprüngliche Chaos und das Nichts, aus dem später die Welt auftauchte. Patrick Pföß transformierte diese tiefsinnigen Gedanken in Töne und Klänge. Das Stück sei kein „Rausschmeißer“, auch kein alles übertrumpfendes Finale, so Prokop, aber immerhin ein höchst außergewöhnlicher Höhepunkt, der inhaltlich einen Bogen zu Glucks mythologischer Oper am Anfang schlug. Xaver Eckert am Hackbrett und Ratko Pavlović überzeugten und zeigten: Diese Musikstudenten sind bereits in der höchsten Liga und haben die Intention des Komponisten verstanden.

Was ein Kritiker über die Werke von Roland Leistner-Mayer sagte, kann hier getrost auf alle Komponisten – sowie auf die Musikerinnen und Musiker – übertragen werden: „Zu gut, um nicht gespielt zu werden – zu gut, um nicht wiederholt zu werden“.

Bericht und Fotos: Brigitte Janoschka 

2432: Freuen sich über den überwältigenden Applaus nach einem ganz besonderen Konzert: (von rechts): Walther Prokop, Xaver Eckert, Ratio Pavlović, Alice Guinet, Eva Schieferstein, Rebekka Höpfner, Constanze German-Bauer, Maria Bittel, Yume Hanusch, Sieglinde Zehetbauer, Johann Niedermeier und Sebastian Krause.

2438 / 2441: Alice Guinet im Gespräch mit dem Jubilar Roland Leistner-Mayer

2443: Alice Guinet im Gespräch mit der Generalsekretärin des TKV Bayern, Andrea Fink.

2425: Der Komponist Patrick Pföß (von links), Ratio Pavlović und Xaver Eckert

2419: Ratko Pavlović und Xaver Eckert bei der Uraufführung von „NUN“, einer Neu-Komposition von Patrick Pföß.

2404: Alice Guinet (rechts) und Eva Schieferstein versetzen sich tief in die Suite für Flöte und Klavier von Roland Leistner-Mayer.

2390: Johann Niedermaier, Harfe und Sebastian Krause, Horn erfreuen mit der Sonate von Jan Koetsier.

2380: Constanze German-Bauer, Violine und Maria Bittel, Klavier interpretieren mit Verve eine Sonate von Dora Pejačevič.

2374: Rebekka Höpfner ist eins mit den Kompositionen bei „Lied ohne Worte“ und „Mazurka“ von Josephine Caroline Lang.

2371: Sieglinde Zehetbauer, Sopran, Yume Hanusch, Klavier und Sebastian Krause, Horn, malen mit „Waldvögelein“ und „Herbst“ von Franz Lachner ein Klangbild der Romantik.

2387/2388: Natalia Marashova spielte auf der selten gehörten Mandoline eine Komposition von Herbert Baumann und trug damit zur Vielfalt im Konzert des TKV bei.

 


Redaktion

Toni Hötzelsperger

Beiträge und Fotos sind urheberrechtlich geschützt!