Frank Herrmann, Buchautor und Referent für Nachhaltigkeitsthemen, hat Bücher zum „Fair-Reisen“ geschrieben, zum Beispiel „FAIRreisen – Das Handbuch für alle, die umweltbewusst unterwegs sein wollen“ oder „Fair und grün reisen – Nachhaltig ausgerichteter Reiseführer“. Er selbst hat gerade seine achte „faire Bike-Tour“ hinter sich, bei der er von Ende August bis Anfang Oktober mit 1.356 km von Sylt bis Salzburg geradelt ist und zwischendurch Vorträge über verschiedene Aspekte des fairen Handels gehalten hat.
Diese Bike-Tour war mit einem großzügigen Spendenprojekt des Weltladens Mitterfelden „fair miteinander“ e.V. verbunden. Am Vormittag ging es in den Schulen in Freilassung zum Beispiel um ein „Nein zu Wegwerfmode“ und in Bad Reichenhall begrüßte ihn die Eine Welt-Promotorin „Oberbayern Süd-Ost“, Sandra Mulzer am frühen Abend zu seiner 37. und letzten Präsentation der Tour über faires Reisen, ein Thema, das der Kur- und Tourismusstadt Bad Reichenhall – zugleich seit 30.03.2022 „Fairtrade Town“ – auf den Leib geschrieben ist. Daher war im ReichenhallMuseum Oberbürgermeister Dr. Christoph Lung, sowie sein Stellvertreter Hans Hartmann anwesend. Mulzer dankte dem Weltladen Bad Reichenhall für die regionale Verköstigung nach dem Vortrag mit Spenden von lokalen Produzenten, wie die Milchwerke Berchtesgadener Land, Bäckerei Neumeier, Kelterei Stadler, Stadtwerke Bad Reichenhall, sowie für das kulinarische Angebot von Gabriele Willen.
Organisiert hatten die Veranstaltung der Reichenhaller Weltladen unter dem Vorsitz von Andrea Cante, sowie die Steuerungsgruppe der Fairtrade Gemeinde Bad Reichenhall.
Lung begrüßte alle Anwesenden, darunter auch Bürgermeister Hans Feil aus Laufen, zum Vernetzungstreffen der „Fairtrade Towns“. Der Veranstaltungsort sei nicht zufällig gewählt, sondern er trage die Nachhaltigkeit in sich. Frank Herrmann beleuchtete den Tourismus von allen Seiten und beschrieb dessen Folgen durch den Treibhausgas-Ausstoß sowie den Overtourism (lange Schlangen für ein Foto an einem besonderen Ort). In seiner Präsentation machte er bewusst, dass es Wasser reichlich an Orten mit Touristen (Golfplätze, Hotelpools) gibt, dass es aber für die Einheimischen – etwa in Mallorca – zeitlich rationiert wird. Herrmann listete Probleme, wie Müll, Klimawandel, sowie die Problemzonen Flugverkehr und Kreuzfahrt auf und zeigte dazu deutliche Beispiele von Auswirkungen an Touristenorten.
Der Treibhausgas-Ausstoß durch Tourismus sei von 2009 bis 2019 mehr als doppelt so schnell gestiegen wie der Ausstoß durch die Weltwirtschaft (Quelle: https://www.nature.com), so dass er direkt und indirekt acht bis zehn Prozent der globalen Treibhausgasemissionen verursache. Weitere Folgen seien Artensterben, Zerstörung der Biosphäre, sowie Ozeanversauerung. An die Politik richtete er den Vorwurf, umweltschädliche Subventionen zu leisten, und von den Konzernen forderte er, kein Greenwashing zu betreiben und die Gewinne zu reinvestieren mit dem Ziel der Klimagerechtigkeit für die Kleinbauern. Er plädierte für Änderungen im Hinblick auf einen nachhaltigen Tourismus und für mehr Engagement bei den Verbrauchern, damit aus Ver-reisen Fair-reisen werden kann.
Als Lösung stellte er „CopenPay“ vor: Belohnungen, wie kostenlose oder vergünstigte Angebote – für Eintritte, Kaffee, Mittagessen oder beim Fahrradverleih, für nachhaltiges Verhalten in Kopenhagen. Damit sei die Fahrradnutzung 2024 um 29 % gestiegen, und 1,2 Tonnen Müll wurden eingesammelt. Solche Konzepte gebe es auch in anderen Ländern. Nachhaltig reisen könne man auch mit einer freiwilligen CO2-Kompensation, bei einer Übernachtung in Bio Hotels oder beim Eco Camping, sowie beim Buchen über besondere Veranstalter, Siegel oder Label (TourCert,). Frank listete dazu eine Reihe von Veranstalterseiten und Links auf.
Die Lösung lautete: vermeiden, reduzieren, kompensieren.
Resümee: Es gebe ein Recht auf Erholung, aber nicht auf billige Flüge, Fernreisen und Kreuzfahrten. „Sehen Sie sich als Multiplikatoren“, empfahl Herrmann am Schluss „und reden Sie mit anderen Menschen über solche Themen“. Im Hinblick auf diese Probleme sollte man als Einzelperson zurückstehen zugunsten der höheren Ziele, denn jeder könne seinen Beitrag dafür leisten“, wünschte er sich. Bei einem leckeren fairen Büffet mit warmen und kalten Speisen gab es noch viel Gesprächsbedarf.
Die Lage Bad Reichenhalls: Biosphären-Gebiet, Nachhaltigkeit, Fairtrade Town
Dritter Bürgermeister Hans Hartmann verband die Geschichte, die im ReichenhallMuseum symbolisiert ist, mit der Entwicklung des fairen Handels seit den 70er Jahren. Dazu gehöre auch die Biosphäre. „Wir sind ein anerkanntes Biosphären-Gebiet mit der Verbindung von nachhaltiger Entwicklung, Natur- und Umweltschutz“, stellte Hartmann klar. Es gehe darum, wie Menschen im Einklang mit der Natur leben und wirtschaften können. 1989 wurde der Vorgänger von Fairtrade Deutschland, „Transfair“ gegründet, 1990 folgte die Anerkennung der Biosphärenregion Berchtesgaden. 1992 wurde die Agenda 21 durch die UN beschlossen. Daher komme der Spruch: „Lokal handeln, global denken“. 2006 seien die „Alpine Pearls“ von Tourismusorganisationen in Österreich, Italien, Slowenien und Deutschland gegründet worden. Dieses Projekt legt Wert auf sanften Tourismus und umweltverträgliche Mobilität. Im September 2015 wurde dann die Agenda 2030 mit 17 Nachhaltigkeits-Zielen ins Leben gerufen, die von 193 Staaten unterzeichnet wurde. Hartmann bedauerte, dass Bad Reichenhall 2025 aus dem Projekt „Alpine Pearls“ ausscheiden wird (Stadtratbeschluss vom Februar 2025). Dennoch sei dieses Thema der Nachhaltigkeit ein wichtiger Baustein für die Entwicklung der Tourismus-Destination und des Lebensorts Bad Reichenhall. Die Steuerungsgruppe Fair Trade möchte ihren Teil dazu beitragen. Vorgeschlagen wurde bereits das Angebot eines Biosphären-Frühstücks in den Hotels aus Bio- und Fairtrade Produktion oder einer fairen Reichenhaller Stadtschokolade sowie eines Reichenhaller Kaffees. Dies würde regionales Handeln und den fairen Handel zusammenbringen, ebenso wie die Verschmelzung von Tourismus und Direktvermarktung von Lebensmitteln.
Bericht und Foto: Brigitte Janoschka – Der Referent für Nachhaltigkeitsfragen Frank Herrmann (am Pult) steht allen Rede und Antwort, hier Oberbürgermeister Dr. Christoph Lung (rechts) und drittem Bürgermeister Hans Hartmann.




