Im Rahmen der Reihe Wortwechsel lud Max Amann, pädagogischer Referent für theologische Erwachsenenbildung beim Katholischen Bildungswerk BGL, zu einer Podiumsdiskussion über moderne Bestattungskultur. Auf dem Podium: Monika Mehringer vom Beerdigungspastoral des katholischen Dekanats Rosenheim, Paul Engmann, Geschäftsführer der Feuerbestattung Südostbayern GmbH, und Moderatorin Tanja Weichold, die neben präzisen Fragen auch das Publikum aktiv einbezog.
Zu Beginn schilderte Mehringer ihren beruflichen Weg und die Veränderungen im kirchlichen Bestattungswesen. Neue pastorale Strukturen hätten kreative Lösungen erfordert – etwa thematisch gestaltete Friedhöfe im Dekanat Bad Aibling. Dort sorgen künstliche Bäche oder Geröllfelder für Orte, an denen sich Menschen mit besonderer Naturverbundenheit bestatten lassen möchten. Außerdem bildet das Dekanat inzwischen Ehrenamtliche für Bestattungsfeiern aus. Ihr Arbeitsgebiet sei groß: von Feldkirchen-Westerham bis Rosenheim, von Tuntenhausen bis Brannenburg. Bereits vor 30 Jahren war sie eine der ersten katholischen Frauen, die im Raum München Beerdigungen leiteten. Besonders hob Mehringer hervor, wie wichtig Rituale und ein konkreter Ort für den Trauerprozess sind. Eine Grabstätte gebe Trauernden Halt, ermögliche Erinnerung und würdige das vergangene Leben. Ohne Abschied und ohne Ort, sagte sie, „verschwinde“ ein Mensch – ein Verlust, der auch den Lebenden schade. Trauer sei kein privates Ereignis, sondern ein soziales: Oft kämen Menschen zur Beerdigung, die die verstorbene Person kaum kannten, aber Anteil nehmen möchten.
Paul Engmann erläuterte anschließend zentrale Unterschiede zwischen Erd- und Feuerbestattung. Bei der Einäscherung seien keine Angehörigen anwesend – eine Andacht gehe der Übergabe an das Feuer voraus. Deutschlandweit ließen sich heute 70 bis 80 Prozent feuerbestatten, in Bayern rund 60 Prozent. Die Erdbestattung sei traditionell im Katholizismus verankert gewesen: Bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil war das Verbrennen untersagt. Erst seit 1997 dürfen private Einrichtungen Feuerbestattungen durchführen. Mehringer ergänzte, dass die Kirche weiterhin Wert darauf lege, einen Sarg im Gottesdienst aufzubahren und ihn gemeinsam zum Grab zu begleiten.
Ein weiterer Schwerpunkt war die Rechtslage. Bestattungsrecht ist Ländersache, erklärte Engmann. In Bayern gilt ein Gesetz von 1970. Seit dem 1. April 2025 ist eine zweite Leichenschau bei natürlichem Tod vor der Einäscherung wieder verpflichtend. Für Erdbestattungen bleibt sie entbehrlich. Der bayerische Friedhofszwang – also die Pflicht, Verstorbene auf einem Friedhof oder im Friedwald zu bestatten – unterscheidet den Freistaat von Bundesländern wie Rheinland-Pfalz, wo Urnen in Privathaushalten erlaubt sind und kleine Aschemengen entnommen werden dürfen. In Bayern hingegen gilt die Unteilbarkeit der Asche – die Urne wird versiegelt. Damit verknüpft waren Fragen nach Selbstbestimmung und Zumutbarkeit: Was bedeutet es für Angehörige, wenn eine Urne zu Hause steht? Erschwert es das Loslassen? Und was geschieht, wenn der Aufbewahrungsort später aufgegeben wird? „Wo bleibt die Würde?“, lautete eine der Leitfragen. Auch die Bestattungskulturen anderer Religionen, die rechtliche Lage bei toten Frühgeborenen sowie Unterschiede zum Nachbarland Österreich wurden angesprochen. Ebenso die Frage der Grabpflege – und was sie symbolisch für Erinnerung und Verantwortung bedeutet. Der Abend zeigte: Bestattungskultur bewegt viele Menschen tief. Zwischen Tradition, persönlichen Wünschen und rechtlichen Vorgaben entsteht ein Feld, das unsere Gesellschaft künftig noch stärker beschäftigen wird.
Bericht und Foto: Brigitte Janoschka – Sprechen in der Reihe “Wortwechsel” über Bestattungskultur im Wandel: Moderatorin Tanja Weichold (von links), Paul Engmann, Geschäftsführer der Feuerbestattung Südostbayern GmbH in Traunstein, sowie Monika Mehringer, Beerdigungspastoral im katholischen Dekanat Rosenheim und Max Amann, pädagogischer Referent für theologische Erwachsenenbildung beim Katholischen Bildungswerk BGL.




