Dienstbotenwesen – Ein Blick hinter die Kulissen des Landlebens. Wie lebten jene, die einst im Schatten der Bauernhöfe standen? Wer waren die Menschen, die Tag für Tag schufteten, ohne je im Rampenlicht zu stehen? Im historischen Ambiente des TAURISKA-Kammerlanderstalls in Neukirchen am Großvenediger wurde genau diesen Fragen nachgegangen – mit einer eindrucksvollen Kulturveranstaltung, die das oft vergessene Kapitel des Dienstbotenwesens im Pinzgau beleuchtete.
Im Rahmen dieser Veranstaltung wurde auch die Kooperation zwischen Slow Food Pinzgau und der Bramberger Obstpresse wurde vorgestellt. Ein Abend voller Geschichten, Geschmack und gesellschaftlicher Reflexion – tief verwurzelt in der Region und doch mit Blick auf das große Ganze.
Dienstboten im Pinzgau – hartes Leben auf dem Land
Slow Food Pinzgau und die Bramberger Obstpresse starten Kooperation
Im TAURISKA-Kammerlanderstall in Neukirchen am Großvenediger stand das regionale Thema des Dienstbotenwesens im Mittelpunkt einer eindrucksvollen Kulturveranstaltung – in Kooperation mit der Netzwerkpartnerschaft Slow Food Pinzgau und der Bramberger Obstpresse.
Über Jahrhunderte hinweg bildeten Dienstboten einen unverzichtbaren Teil des ländlichen Lebens in Salzburg. Knechte, Mägde und ledige Kinder verrichteten ihre Arbeit oft im Schatten der bäuerlichen Haushalte – ohne eigene Stimme, ohne Rechte, ohne Lobby. Ihr Leben war geprägt von harter Arbeit und gesellschaftlicher Unsichtbarkeit.
Mag. Robert Kleindienst aus Salzburg war bereits 2019 beim ersten Literaturfestival in Neukirchen als Autor zu Gast und las damals aus seinem Roman Zeit der Häutung. Im vergangenen Jahr gab er uns einen Einblick in sein neues Werk „Das Lied davon“, das die Lebensgeschichte seines Vaters erzählt – eines unehelich geborenen Kindes, das in einer Pflegefamilie aufwuchs und eine besondere Liebe zur Musik entwickelte. Auch in diesem Werk finden sich viele Parallelen zum Dienstbotenwesen. Bereits im Oktober 2024 moderierte er die Lesung und Dialogveranstaltung im Haus der Volkskulturen in der Stadt Salzburg – und auch diesmal begleitete er uns erneut in dieser Rolle.“ Mag. Dr. Michael Span vom Salzburger Freilichtmuseum gab spannende Einblicke in das Leben der Dienstboten im historischen Salzburg. Besonders bemerkenswert war der Blick in sogenannte „Dienstbotenbücher“, in denen dokumentiert wurde, bei welchem Bauern oder welcher Bäuerin die Arbeitskräfte tätig waren. Neben Arbeitgeberdaten finden sich darin auch persönliche Angaben wie Familienstand und Hinweise auf die Legitimation unehelicher Geburten durch spätere Heirat.
Trotz der oft harten körperlichen Arbeit und der geringen Rechte dieser Menschen, zeigte Span auch, dass es Ausnahmen gab: Manche Bauern behandelten ihre Dienstboten wie Mit-glieder der Familie. In solchen Fällen entstand eine enge Gemeinschaft, fast wie in einem Familienverband. Ein besonderer Moment des Abends war die Lesung von Charly Rabanser, der eindrucksvoll Passagen aus zwei Werken präsentierte: „Schöne Tage“ von Franz Innerhofer und „Als ich Kleinknecht war“ von Georg Eberl. Beide Autoren – tief in der Region verwurzelt – schildern das Leben und Arbeiten im ländlichen Raum auf sehr persönliche Weise. Während Innerhof-er in seinem Anti-Heimatroman die Härte der bäuerlichen Kindheit im Pinzgau literarisch verarbeitet, erzählt Eberl autobiografisch vom Aufwachsen als lediges Kind und Jungknecht im frühen 20. Jahrhundert.
Für den musikalischen Rahmen sorgten zwei junge Talente aus Piesendorf und Saalfelden: Der 14-jährige Simon Embacher begeisterte auf der steirischen Harmonika, er spielt zudem Gitarre und Schlagzeug – vielseitig und ist bereits bühnenerfahren. Der 15-jährige Jakob Höl-ler – ein leidenschaftlicher Ranggler – greift seit vier Jahren zur Gitarre und tritt regelmäßig mit seiner Familie und Simon auf. Für ihn ist Musik ein willkommener Ausgleich zum Sport. Anlass der Veranstaltung war die Ausstellung „Bewegliche Figurenwelt trifft zeitgenössische Kunst“, die das Leben dieser Menschen bei der Arbeit auf Hof und Feld beindruckend dar-stellt. Die Werke stammen vom Künstler Steinberg Thoma, der selbst viele Jahre als Knecht in Neukirchen tätig war. Die Ausstellung kann im TAURISKA-Kammerlanderstall besichtigt werden.
Doch der Blick richtete sich an diesem Abend nicht nur zurück: Die Organisation Slow Food Pinzgau und die Bramberger Obstpresse verkündeten ihre neue Partnerschaft. Gemeinsam möchten sie mehr Menschen für gutes, faires und regionales Essen begeistern – mit Genuss, Bildung und besonderen Erlebnissen. Beide Partner eint die Überzeugung, dass Lebensmittel nicht nur gut schmecken, sondern auch nachhaltig und fair produziert werden sollten. Die Bramberger Obstpresse widmet sich seit rund 20 Jahren der Verarbeitung heimischer Früchte – insbesondere alter, fast verges-sener Obstsorten. Slow Food Pinzgau steht für gesunde, umweltfreundliche und verantwortungsbewusste Ernährung. Ein symbolträchtiger Apfelbaum bildete den offiziellen Auftakt dieser Zusammenarbeit: Überreicht von Christian Vötter und Obmann Toni Lassacher an Wolfgang Schäffner von Slow Food Pinzgau, steht er für Wurzeln, Wachstum und gemeinsames Ernten – genau jene Werte, die beide Initiativen antreiben.
Auch kulinarisch wurde viel geboten: Die Gäste genossen regionale Köstlichkeiten wie den in Apfeltrester gepökelten Pinzgauer Rinderspeck vom Speckdorf Schöppl, Apfelschmalz auf Bauernbrot von der Bäckerei Bacher, feinen Ziegenkäse von Brandl‘s aus Saalfelden sowie kreative Jausenplatten, Aufstriche, Quiche und Schweinsbraten von Jörg Zisler (Oafoch Guat in Weißbach).Selbst Liebhaber besonderer Delikatessen kamen auf ihre Kosten – mit Wein-bergschnecken aus der Bräumühle von Oliver Schuh-Dillinger. Abgerundet wurde dieses Fest der Sinne durch fruchtigen Bramberger Apfelsaft und ein Glas Roter Veltliner – ein Abend, der Genuss, Geist und Seele gleichermaßen berührte.
Bericht und Bilder: Verein Tauriska, Leopold Kohr-Akademie – www.tauriska.at / Georg Antretter

















