Leitartikel

Nußdorfer Kürbismanderl

Veröffentlicht von Toni Hötzelsperger

Mit dem 22. September zieht der Herbst ins Land. Die Sonne wandert tiefer über den Himmel, wirft goldenes Licht auf Felder und Wälder, die Tage werden kürzer, die Nächte merklich länger. Buntes Laub kündigt die Erntezeit an, kühle Luft ersetzt die sommerliche Wärme.

Wer in diesen Tagen am Nußdorfer Dorfrand entlangspaziert, entdeckt zwischen alten Kastanien seltsame Gestalten: Männer mit gebeugtem Rücken, Frauen in farbigen Schürzen, ein Fischer, der unbeweglich am Teich sitzt. Doch beim Näherkommen zeigt sich der Schalk – ihre Köpfe bestehen aus kunstvoll bemalten Kürbissen, mal freundlich lächelnd, mal streng dreinblickend. Der Herbst hat in Nußdorf seine eigenen Figuren – die Kürbismanderl.

Jahr für Jahr tauchen sie mit Herbstbeginn im Ortsbild auf. Familien nutzen sie als Fotomotiv, Kinder zupfen neugierig an ihren Jacken. Und wenn abends der Wind an Hüten und Röcken rüttelt, wirken die Figuren, als würden sie sich leise von Baum zu Baum bewegen. „Ab und zu erschrecken sie sogar nächtliche Heimkehrer vom Wirtshaus“, erzählt eine Anwohnerin schmunzelnd. Hinter dem Spektakel steckt der Obst- und Gartenbauverein unter Leitung von Maria Liegl. Gemeinsam baut man die Figuren auf, deren Körper aus Holzgerüsten bestehen und deren Kleidung aus Kleiderspenden der Dorfbewohner stammt. „Oft erkennt jemand seine alte Jacke wieder und staunt, wie gut sie einem Kürbismandl steht“, erzählt Liegl. Manche der Figuren sind inzwischen echte Klassiker – wie der „Angler am Dorfteich“, der längst zu einem kleinen Wahrzeichen geworden ist.

Doch die Kürbismanderl sind mehr als schmückende Dekoration. Sie symbolisieren den Übergang in die dunklere Jahreszeit und verbinden Brauchtum mit Fantasie. Besonders in Nebel oder Dämmerung entfalten sie ihre magische Wirkung, wenn ihre Kürbisköpfe sanft schimmern und das Rascheln der Blätter wie ein Flüstern klingt. „Dann glaubt man fast, sie seien lebendig“, meint ein Spaziergänger, der stehenbleibt und die Szenerie auf sich wirken lässt. Bis weit in den Spätherbst hinein bleiben die Figuren am Dorfanger stehen. Für die Nußdorfer sind sie längst Teil der eigenen Identität geworden – für Gäste ein Grund, innezuhalten und zwischen Kürbisgesichtern und Kastanien den Zauber eines Nußdorfer Herbstes zu spüren.

Bericht und Foto: Volkhard Steffenhagen –  Zwischen Kastanienbäumen auf dem Dorfanger: Die Kürbismanderl, mal verschmitzt, mal geheimnisvoll, prägen das Nußdorfer Herbstbild. Wer es noch nicht glauben mag – der Winter kommt bestimmt. Und manche Kürbismanderl stehen schon mit Skiern bereit.


Redaktion

Toni Hötzelsperger

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