Es ist fast immer das Gleiche: Kaum ist das Baby auf der Welt, gibt es in der Familie und im Freundeskreis nur noch einen Star – das Kind. Und die Mutter? Die läuft oft einfach so nebenher. „Normalerweise kümmern sich alle ums Baby und nicht um die Mutter“, sagt Veronika Hilger. Genau hier beginnt ihr Job.
Denn die 24-Jährige aus Höslwang ist Mütterpflegerin. Seit 2023 steht die staatlich geprüfte Kinderpflegerin während der Schwangerschaft und am Wochenbett zur Seite. Sie nennt es so: „Wir bemuttern die Mutter.“ Das sieht in der Praxis dann so aus: Veronika Hilger hilft bei Alltagsarbeiten wie Einkaufen und Kochen, sie übernimmt Fahrdienste und auch die Kinderbetreuung der Geschwister. Dazu gibt es viele Tipps und seelische Unterstützung. Denn Mütterpflege ist nicht nur ein Job. Zu Veronika Hilgers Arbeit gehört es, dass sie zu der Mama eine vertrauensvolle Beziehung aufbaut, ihr zuhört und dann mit ihr gemeinsam den bestmöglichen Weg findet, die neue Zeit als Mutter zu meistern.
Dazu gehört auch, dass Mutter und Kind viel gemeinsame Zeit finden. Eine Mütterpflegerin hält ihr dafür den Rücken frei. Die Leistungen von Veronika Hilger sind dabei breit gefächert. Sie gehen von der Hilfe bei der Säuglingspflege, der Hygienevorbereitung von Fläschchen und Pumpen sowie das Erstellen eines vollwertigen Ernährungsplans inklusive Zubereitung über die Unterstützung bei Terminen und auf Alltagswegen bis hin zu Entspannungsmassagen. Zudem arbeitet sie eng mit der jeweiligen Hebamme zusammen, um deren Ratschläge gemeinsam mit der Mutter so gut wie möglich umzusetzen. Veronika Hilger betont: „Ich führe keine medizinischen Tätigkeiten durch und erstelle keine Diagnosen. Die Hebamme bleibt bei allen medizinischen Fragen die erste Ansprechpartnerin. Und ich bin auch keine Therapeutin, obwohl ich für alle Ängste und Sorgen ein offenes Ohr habe. Ich sag’s mal so: Ich sehe meistens, was die Mama im entsprechenden Moment braucht.“ Die Betreuungszeit variiert dabei und ist individuell auf die jeweiligen Bedürfnisse zugeschnitten. Im Schnitt ist Veronika Hilger etwa vier Stunden täglich vor Ort. Manchmal nur zwei Wochen, manchmal auch mehrere Monate. Auch ein ganzes Jahr stand sie einer Mutter schon zur Seite.
Ihren Weg zur Mütterpflegerin fand sie auf Umwegen. Nachdem sie schon als Zwölfjährige mit Babysitten begonnen hatte, machte sie zuerst eine Ausbildung zur Kinderpflegerin und lernte danach während ihres Fernstudiums der Sozialen Arbeit die Mütterpflege kennen. Veronika Hilger verliebte sich sofort in diesen Beruf und machte von 2022 bis 2023 beim Weckmann Institute of Medical and Healthcare Education ihre Ausbildung zur Mütterpflegerin. Was sie schade findet: Mütterpflegerin ist (noch) kein geschützter Begriff, deshalb ist sie Mitglied bei „Mütterpflege Deutschland e.V.“ (MDEV). Dieser Verein steht für hohe Standards, an die sich alle Mitgliederinnen halten.
Obwohl der Bedarf groß ist, gibt es noch relativ wenige Mütterpflegerinnen in Deutschland, vor allem in Bayern. „2023 gab es in Bayern gerade mal zwölf Pflegerinnen“, sagt Veronika Hilger. Zum Vergleich: Alleine in einem Hamburger Stadtteil gibt es 26 Pflegerinnen. Was ebenfalls noch ausbaufähig ist, ist der Bekanntheitsgrad des Berufs. Viele junge Mütter wissen gar nicht, dass sie die Hilfe einer Mütterpflegerin in Anspruch nehmen können. Dabei wird die von den meisten Kassen bezuschusst. „Es gibt Unterstützung nach SGB 5. Man muss offiziell einen Antrag auf Haushaltshilfe stellen. Ich unterstütze da auch beim Ausfüllen“, sagt sie und fügt gleich hinzu: „Wir Mütterpflegerinnen sind allerdings keine Haushaltshilfen oder Reinigungskräfte. Wer jemand nur zum Putzen sucht, liegt bei uns falsch. Wir kümmern uns einfach.“ Damit es Mutter und Kind gleichermaßen gut geht und sie die gemeinsame Zeit von Anfang an genießen können.
Text: af – Bilder: Lisa Lanzinger / Veronika Hilger
Beitrag entstand in Kooperation mit dem Wendelstein Anzeiger – www.wendelstein-anzeiger.de










