Für viele Leute ist es seltsam nachzuempfinden, aus einem Wohlfühl-Alltag auszusteigen und für einige Monate auf eine Alm aufzusteigen, um dort Dienst und Einsamkeit gleichermaßen auszuhalten. Das mag für Viele seltsam sein, für Manche aber ist es genau der Wunsch und Traum für eine bestimmte Zeit des Zu-Sich-Findens. So ist es auch – und das ist namentlich nicht seltsam, sondern zutreffend – für Jennifer Seltsam. Die 23jährige hat sich entschieden, einmal Almerin zu sein und ist fündig geworden.
Fündig wurde Jennifer Seltsam mit Hilfe des Almwirtschaftlichen Vereins Oberbayern und durch dessen Vermittlung auf der Feichteckalm auf dem Samerberg, diese wird von der Bauersfamilie Barthi und Elisabeth Mayer aus Samerberg-Schilding bestoßen und bewirtschaftet. Die nunmehrige junge Almerin stammt zwar nicht aus einem Bauernhof, aber in ihrem Zuhause im niederbayerischen Hebertsfelden bei Eggenfelden ist sie mit ihrem Bruder und ihren Eltern mit Pferden aufgewachsen. Im vergangenen Herbst war erfolgreicher Bacheler-Prüfungsabschluss im Fach Biologie – was ein weiteres Zeichen für ihre persönliche Verbundenheit zu Tieren und Natur war und ist. „Ein Jahr Auszeit nach der Schule und Uni, das will ich mir gönnen und das habe ich mir in einigen Jobs während des Studiums erspart“. Und so ging es nach dem Bachelor für sechs Monate und allein auf Südostasien-Tour, jetzt und bis Mitte August noch ist die Feichteckalm der Ort ihres Wirkens und dann ist mit Freunden eine mehrwöchige Entdeckungsreise in den Norden Indiens vorgesehen.
Insgesamt 56 Jungrinder werden von Jennifer Seltsam auf der Feichteckalm täglich gezählt und betreut. Dem morgendlichen Frühstücken folgt routinemäßig der Gang über die Hänge und Steige, das Korrigieren von Zäunen und zuweilen auch das sogenannte Schwenden zugunsten der Viehweidequalität. Ab 10.30 Uhr wird dann an der Hütte bewirtet, damit die Angebote auf der Speisenkarte auch almgerecht sind, gilt es alte Rezepte zu probieren, bei den Gästen beliebte Kuchen, wie den Mandarine-Schmand-Käsekuchen oder den Kirschstreusel zu backen oder wie an einem Sonntag mal mit der Bäuerin Elisabeth 40 Schmalznudeln zu machen. Almbewirtschaftsbetrieb ist in der Regel bis maximal 20 Uhr, alsdann kehrt Almruhe ein und der Tag wird von Jennifer meist mit einem weiteren Rundgang zu den Jungtieren – begleitet von vielen Streicheleinheiten- und dem Bestaunen des Sonnenuntergangs vom Gipfel des Feichtecks abgeschlossen.
Wenn auch nicht alle ihrer Hobbies mit dem Almleben zu vereinbaren sind, kommt das Wandern und Klettern in den Bergen weniger zu kurz. Und das soll auch im künftigen Berufsleben so sein. Ihr Ziel ist es nach ihrem Studium in Richtung Umwelt und Naturschutz als Unternehmensberaterin tätig zu werden. Dafür möchte sie sich durch einen Masterstudiengang in diesem Bereich spezialisieren, wobei sie noch auf der Suche nach dem richtigen Studienort ist:. „Gut wäre es natürlich in den Bergen, evtl. in Innsbruck“ – so die vorausschauende Hoffnung der studierten Biologin, die bereits während ihrer Zeit des Studiums in der Gastronomie, aber auch als Tutorin in der Uni sowie in den Labors für Humangenetik in Martinsried nebenbei Berufserfahrungen gesammelt hat.
Besonders freut sich Jennifer Seltsam über alle Gäste, die mit ihren Rädern oder zu Fuß kommen, über schon liebgewordene Stammgäste und über die entstandene Freundschaft mit den Sennerinnen in den Nachbarsalmen.
Fotos: Hötzelsperger – 1. Eindrücke von der Feichteckalm auf dem Samerberg
- Almerin Jennifer Seltsam an der Alm bzw. mit ihrem Almvieh.
Hinweis: Die Feichteckalm ist während der Almsaison von Anfang / Mitte Juni bis Anfang Oktober bewirtschaftet. Es gibt einfache Brotzeiten und Getränke, keine Übernachtung. Sonntags gibt es bei schönem Wetter von 10 Uhr bis 12 Uhr auch Frühstück auf der Alm. Telefon: 0 80 32 / 87 22 – Weitere Einkehrmöglichkeit an der Wagner Alm, die ganzjährig an den Wochenenden geöffnet ist. Dazu heißt es bei www.chiemsee-alpenland.de: eine Rundwanderung vom Parkplatz Bruchfeld (Wanderparkplatz) am Samerberg ist möglich über die Wagner-Alm zur Feichteck-Alm. Über blumenreiche Almwiesen und herrliche Ausblicke auf den Heuberg erreicht man die Alm.




