Kirche

Weihnachtsbrief aus Assisi

Veröffentlicht von Toni Hötzelsperger

Assisi, Sacro Conventovim Advent 2025v- ein Weihnachtsbrief von Bruder Thomas Freidel, Pilgerseelsorger und Direktor des Museums der Basilika 

Liebe Freunde, Bekannte, Reiseunternehmen und Wohltäter! ….ein Loblied deiner Schöpfung liessest du ihn singen, in unsagbarer Freude…” Diese Worte aus den liturgischen Texten am Franziskusfest standen in gewisser Weise als Motto und Überschrift über dem zu Ende gehenden Jahr. Vor 800 Jahren dichtete Franziskus den Sonnengesang und setzt somit auch den Anfang einer Poesie in altitalienischer Volkssprache. In vielerlei Weise wurde an dieses Jubiläum erinnert, hervorzuheben ist die Ausstellung in unserem Museum mit dem Höhepunkt der Präsentation der ältesten erhaltenen Handschrift des Cantico delle creature, den unsere Bibliothek hütet. In jahrelanger Vorbereitung haben Bibliothekar fra Carlo Bottero und seine Mitarbeiter dieses Ereignis ermöglicht, Handschriften, Inkunabeln und Drucke zu präsentieren, wissenschaftliche Werke- alle aus dem historischen Bestand unserer Sammlung.

Auf diesem Wege bekam ihre sonst eher verborgene Arbeit auch einmal eine öffentliche Würdigung. Der Andrang der Pilger und Touristen setzte heuer bereits sehr früh ein, bedingt durch die Feier des Heiligen Jahres in Rom, denn solche Ereignisse bringen immer auch eine gewisse Anzahl von Besuchern zu uns. Als Höhepunkt der Pilgersaison kann man die Tage Ende Juli betrachten, als innerhalb einer Woche ca. 150 000 Personen die Basilika San Francesco besuchten. Im laufe des Jahres kamen noch weitere, teils auch grosse Gruppen, aus deutschsprachigen Diözesen und Schulen. Auch Chöre kamen wieder gerne zu uns, so gestaltete der Chor der Stiftskirche Rottenbuch in Oberbayern im Oktober eine Messe in der Oberkirche. Der Heimgang von Papst Franziskus an Ostern bewegte uns sehr, seine sechs Besuche in Assisi bleiben uns in Erinnerung, der Gedenkgottesdienst der Stadt und der Diözese fand bei uns in der Basilika statt. Seinen Nachfolger, Papst Leo XIV., konnten wir im November bereits zu einem Kurzbesuch willkommen heissen, im nächsten Jahr wird es zum Franziskusjubiläum eine grössere offizielle Visite geben. Als Augustiner gehört er einer uns nahe verwandten Gemeinschaft an. Durch den Heimgang von Papst Franziskus verzögerte sich auch die Heiligsprechung von Carlo Acutis, was dann im Herbst geschehen konnte. Auch dieses Ereignis brachte einmal mehr viele -vor allem auch jugendliche- Pilgergruppen zu uns, die sich vom Eifer und der Begeisterung dieses jungen Glaubenszeugen inspirieren lassen.

Im deutschen Klarissenkloster S. Croce verstarb im Frühjahr Sr. Elisabeth Fellner in hohem Alter. In ihren vielfältigen Funktionen – auch als Leiterin des klösterlichen Gästehauses- war sie allseits bekannt und für die Einheimischen in Assisi jahrzehntelang das vertraute Gesicht der Schwesterngemeinschaft. In unserem internationalen Konvent gibt es immer wieder personelle Veränderungen. Leider mussten wir nach zwei Jahren unseren Mitbruder Slawomir Klein verabschieden, er wird als Beauftrager unseres Ordens für Ökumene und interreligiösen Dialog in Rom gebraucht. Dankenswerterweise hatte er auch deutschsprachige Dienste übernommen, was nun fortgeführt wird durch fra Marek Kolodziejczyk. Auch er stammt aus Polen und hat, wie schon fra Slawomir, jahrelange Erfahrung in deutschsprachiger Pastoral. Im Bereich der Veröffentlichungen erschien mit dem Titel “Geerdet und beflügelt” von Br. Niklaus Kuster und Sarah Kreutzer im Patmos-Verlag eine Deutung der Bardi-Tafel, einer wichtigen frühen Bildbiographie des hl. Franziskus. Das Reisetaschenbuch “Umbrien” im DuMont-Verlag und “Der Pilgerweg nach Rom” von Ferdinand Treml im Tyrolia-Verlag gibt es in neuer Bearbeitung, der kleine Kunstführer “…und verkündet aller Kreatur…” konnte in zehnter Auflage erscheinen.

Die Internetseite www.franziskanisch.net bietet eine Fülle von Materialien und Texten und hier vor Ort möchte ich besonders den Besuch der internationalen franziskanischen Fachbuchhandlung (am Platz vor der Basilika S. Maria degli Angeli) empfehlen, diese hat besonders durch die Auswirkungen der Pandemie gelitten. Sie bietet eine grössere Auswahl von Fachliteratur. Im Palazzo Bonacquisti (Piazza del Comune, neben Buchhandlung Zubboli) ist bis auf weiteres immer am Wochenende eine Ausstellung zu sehen, die den Bilderzyklus des Franziskusmeisters in der Unterkirche zeigt, ergänzt durch die digitale Rekonstruktion der fehlenden Teile der Bilder. Dies hatte im vergangenen Jahre bei einer Ausstellung in Perugia grosses Interesse erzeugt und wird hier nun weiterhin zu sehen sein. Etwas verborgen, doch in der Nähe der Stadt, wird seit einigen Jahren ein Tierschutzprojekt in franziskanischem Geist betrieben. Die aus Deutschland stammende Leiterin ist auch gerne zur Begegnung mit Gruppen erreichbar, näheres unter www.pro-animale.de. Nun steht uns allen das grosse Jahr des 800. Todestages des hl. Franziskus bevor.

Aus diesem Anlass wurde entschieden, das Grab zu öffnen und -erstmals für eine breite Öffentlichkeit- die Reliquien zur Verehrung sichtbar zu machen. Es geht dabei nicht um eine blosse Präsentation seiner sterblichen Überreste, sondern um ein theologisch-spirituell fundiertes Erleben dieses Moments, das in eine tiefere Verbindung mit Gott führen soll, wie Franziskus es durch seine Leben bezeugt hat. Bewusst wurde dafür die österliche Bußzeit gewählt (22.02. bis 22.03. 2026). Die Zahl der Anmeldungen ist bereits sehr gross, alle weiteren Informationen auch in Englisch unter www.sanfrancescovive.org. In dieser besonderen Zeit finden keine Gruppenführungen und keine Gottesdienste einzelner Gruppen statt. Der Ort der Verehrung der Reliquien ist die Unterkirche, in der Oberkirche werden mehrmals täglich Gottesdienste gefeiert.

“Nach Assisi kommt die ganze Welt”, das ist uns gerade in diesem Jahr mit den grossen Pilgergruppen zum Heiligen Jahr wieder neu bewusst geworden. Die Menschen bringen ihre Freude und Begeisterung mit, aber auch ihre Nöte und Sorgen. Viele von ihnen kamen aus Ländern die bedroht sind, durch Armut, Naturkatastrophen, Ungerechtigkeit. Weihnachten soll für sie alle ein Fest der Zuversicht sein, dass Gott in der Armut und Schwachheit des Kindes in der Krippe sich allen Menschen zuwendet und allen Licht und Hoffnung sendet. Mit herzlichem Dank für die gute Zusammenarbeit und alle Zeichen der Freundschaft, Zuwendung und Verbundenheit – frohe und gesegnete Weihnachten

Bericht: Bruder Thomas, Pilgersseelorger in Assisi – Foto: Hötzelsperger (anl. Pilgerfahrt der Pfarrgemeinde Wildenwart nach Assisi mit Museumsführung durch Br. Thomas)

– Spendenkonto: Deutsche Franziskaner-Minoritenprovinz, Liga Regensburg, IBAN DE88 75090300 0003016404 BIC:GENODEF1M05 –


Redaktion

Toni Hötzelsperger

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