Kirche

Schleching: Orgel mit Kuhglockensound

Veröffentlicht von Toni Hötzelsperger

Jede neue Orgel hat ein Extra, ein Alleinstellungsmerkmal. Welche Einzigartigkeit braucht eine neue Orgel im Bergsteigerdorf Schleching? Diese Frage trieb die Projektgruppe „Eine neue Orgel für Schleching“ lange um.

Bei der Überlegung, was den Menschen im Tal und auf dem Berg wichtig ist, formte sich immer mehr ein Gedanke. Die Bewohner des Schlechinger Tals leben mit der Natur, ihrer Musik und ihrer Landwirtschaft. Die Entscheidung bei der Musik fiel nicht schwer, denn wenn es im Dorf etwas zu feiern gibt oder es Besinnlich wird, spielen nun schon über Generationen die Alphörner. Ein vertrauter Klang oben auf dem Berg, wie unten im Tal.

Aber wie bringt man die Almwirtschaft mit ihren Kühen in die Orgel?

Das war eine echte Herausforderung für den Orgelbau Alois Linder aus Nussdorf am Inn; denn die Projektgruppe mit Pfarrer Martin Straßer und Bernhard Wittmann hatten konkrete Vorstellungen dazu – es sollten Kuhglocken-Klänge sein, den Bewohnern des Tals sehr vertraute Klänge. Als Alois Linder das hörte, sagte er schnell zu, bevor noch weitere Vorschläge, wie möglicherweise Gipfelkreuz oder Lawinenpiepser kommen. Allerdings bescherte das dem Orgelbauteam tagelanges Kopfzerbrechen, wie der Wunsch umgesetzt werden konnte.

Die Lösung für die Alphörner war relativ leicht, die Orgel bekam ein Zungenregister in klassischer Trompetenbauweise, welches mit engeren Bechern und aufgelöteten Zinndeckeln im Klang gedämpft und weicher wird. Natürlich klingt es nicht wie ein echtes Alphorn, aber der gewünschte Effekt ist da. „Mehr Einfallsreichtum verlangten uns die 25 Kuhglocken ab, die Bernhard Wittmann in fertig abgestimmter Tonfolge in die Werkstatt brachte“ erinnert sich das Orgelbau Team. Nach längeren Überlegungen wurden die Glocken über dem Emporenzugang zwischen den hinteren Orgelgehäusen platziert, dazu wurde eine pneumatische Hammermechanik konstruiert. Die Klänge können die Zuhörer in Gedanken auf die Alm versetzen, sie sind nur noch schöner und feiner.

Der Konzertorganist Johann Simon Kreuzpointner erzählte den Besuchern der vollbesetzten Pfarrkirche vor dem ersten Orgelkonzert am Nachmittag der Einweihung einiges über die lange Historie der Orgel, die schon 200 vor Christus erfunden wurde! In die Kirchen hielt sie Einzug 800 Jahre nach Christus, er bezeichnete sie als anspruchsvolles Instrument, das eine gute Koordination zwischen den Händen und den Füßen erfordert. Orgelbauer Uli Skriwan berichtete von der Urangst eines Orgelbauers, dass der Ton hängen bleibt, aber bei der Schlechinger Orgel ist alles gut gegangen. Er erklärte die technischen Details bevor die Zuhörer sich mit den Klängen der neuen Orgel entführen ließen.

Konzertorganist Johann Simon Kreuzpointer schickte die Besucher durch die letzten vierhundert Jahre mit Orgelmusik von Bach, Mozart, Beethoven, Brahms, Bruckner bis Gershwin und eigene Kompositionen von Kreuzpointner, So konnte er die vielen verschiedenen musikalischen Möglichkeiten der neuen Orgel mit ihren 926 Pfeifen und den 25 Glockenschellen zeigen und zu Gehör bringen. Das besondere und interessante Abschlussstück war ebenfalls eine Komposition von Kreuzpointner „Nun danket all und bringet her“. Das Publikum war begeistert und zeigte das mit langanhaltendem Applaus und für die Schleching hieß es „Das Durchhalten hat sich gelohnt!“.  wun

Text und Fotos: Sybilla Wunderlich

Bild 1207 Konzertorganist Johann Simon Kreuzpointner an der Orgel beim ersten Konzert, daneben Chorleiterin Maria Blank

Bild 1208 nach getaner Arbeit kommt Kreuzpointner von der Empore (rechts daneben Bernhard Wittmann, der die Kuhglocken gebracht hat)

Bild 1209 Kreuzpointner stellt sich dem Publikum und bekommt viel Applaus, links daneben Pfarrer Martin Straßer

 

 


Redaktion

Toni Hötzelsperger

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