Kultur

Premieren im Salzburger Landestheater

Veröffentlicht von Toni Hötzelsperger

Zwei Premieren auf zwei Kontinenten an einem Tag  – Ballettdirektor Reginaldo Oliveiras kreiert Faszinationen für den Tanz – Wer sich für Tanz interessiert, hat nun eine weitere Anlaufstation mit Weltklasse-Niveau   –  von Daniella Rieger-Böhm

Das Salzburger Landestheater feierte am vergangenen Samstag die Premiere von drei Stücken unter dem Titel „Carmen / Rosa / Boléro“. Motto war der Zauber und die Leidenschaft des Südens: Zum einen der Klassiker „Carmen“, der in Sevilla spielt, danach „Rosa“, nach Liedern der katalanischen, in Barcelona geborenen Sängerin Rosalía, und schließlich Ravels weltberühmter „Boléro“.

Valbona Bushkola als Carmen überzeugt mit kraftvoll sprühender sowie lasziver Eleganz. Dabei präsentiert sie nicht nur die Feinheiten der Körperbeherrschung par exellence, sondern verleiht mit ihrem ausdrucksvollen mimischen Spiel der Rolle eine Plastizität, die ihresgleichen sucht. Sie nimmt das Publikum mit in ihre zwiespältigen Gefühlswelten, geprägt von Freiheitsliebe, Selbstbestimmung und Verletzbarkeit. Ihr zur Seite Lucas Leonardo als Don José und Quinn Roy als Torero Escamillo. In wunderbar ausgefeilten Pas de deux zeigen die Tänzer, mit Valbona Bushkola als Ziel der Begierde, wie einfühlsam Liebe und Leidenschaft sein können. Im Orchestergraben, gefüllt mit roten Rosen, erliegt sie der Messerattacke ihres eifersüchtigen Liebhabers Don José, begleitet vom Glockengeläut der Salzburger Kirchen, die nicht von der Tonaufnahme, sondern „live“ von draußen in die Stille des Theatersaals drangen. Mehr Dramatik geht nicht.

Die kroatische Choreographin und Regisseurin Valentina Turcu nutzt neoklassischen Ballett-Stil und zeigt, wie klassische Tanztechnik neu interpretiert werden kann.

Der Musik des „Carmen“-Balletts liegt Georges Bizets Oper „Carmen“ (Uraufführung 1875 in Paris), nach der Novelle von Prosper Mérimée (1845), zugrunde. Der russische Komponist Rodion Schtschedrin schrieb 100 Jahre später (1967) die Ballett-Version für seine Frau, die Primaballerina Maya Plisetskaya. Beinahe wäre der Komponist, der in München im Exil lebte, zur Premiere nach Salzburg gekommen. Jedoch verstarb er, fast 93-jährig, am 29. August dieses Jahres.

Iberisches Tanzfieber versprühte das gesamte Ballettensemble des Salzburger Landestheater nach den temperamentvollen Rhythmen der Sängerin und Poplegende Rosalía, die 1992 in Sant Cugat del Vallès (Barcelona) geboren wurde. Chef-Choreograf Reginaldo Oliveira verbindet in seiner Uraufführung „Rosa“ traditionellen Flamenco und Modern Dance mit spanischer Popmusik. Das Ergebnis beeindruckt und löst Begeisterungsstürme im Publikum aus.

Diese konnte Oliveira in Salzburg nicht miterleben, denn am selben Tag feierte seine überaus erfolgreiche Aufführung von „Frida Kahlo“ in Rio de Janeiro Premiere.

Als dritten Teil der Trilogie wählte man Ravels „Boléro“. Maurice Ravel komponierte dieses fulminante Orchesterstück für die russische Tänzerin und Mäzenin Ida Rubinstein, die bei der Uraufführung 1928 in Paris die Hauptrolle tanzte. Bronislava Nijinska, Schwester des legendären Ausnahmetänzers Vaslav Nijinsky, inszenierte dieses Stück, das auf einem ostinaten Grundrhythmus, gespielt auf der Trommel, basiert. Innerhalb von 15 Minuten erklingt die eingängige Melodie auf verschiedenen Instrumenten, bis sie nach ständigem Crescendo in einem Forte-Fortissimo ihren ekstatischen Höhepunkt findet. Der Komponist sagt dazu selber: „Ich habe nur ein einziges Meisterwerk geschrieben – den Bolero. Leider hat er keine Musik.“

Choreograf Yonggeol Kim aus Korea findet eine ganz eigene Interpretation zu Leben und Tod. Chigusa Fujyoshi überzeugt als Ritualführerin, wie auch als Solistin in „Rosa“. Ein starkes Statement, hervorragend verkörpert vom gesamten Ballett-Ensemble: Annachiara Corti, Cosimo Damiano Gorgoglione, Oliver Hoddinott, Mikino Karube, Gala Lara, Elsa Le Breton, Samuel Pellegrin, Andrea Porro, Cassiano Rodrigues, Matteo Rondinelli, Josef Vesely, Lucas Leonardo, Anna Yanchuk, Quinn Roy und Valbona Bushkola.

Bravo-Rufe und stehende Ovationen waren der Dank des begeisterten Premieren-Publikums.

Bericht: Daniele Rieger-Böhm – Fotos: Salzburger Landestheater  (@Christian Krautzberger)


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Toni Hötzelsperger

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