Leitartikel

Marquartstein erinnert an Alfred Delp

Veröffentlicht von Toni Hötzelsperger

 „Unrecht erfordert Widerstand – Recht erfordert Beistand“  – Gut besuchte Vernissage zur Ausstellung über Alfred Delp in der Erlöserkirche von Marquartstein – Einladung zur Betrachtung. 

Nach Monaten intensiver Vorbereitung wurde die Ausstellung zu Pater Alfred Delp (1907 bis 1945) im Beisein vieler interessierter Besucher aus dem ganzen Landkreis und darüber hinaus eröffnet. „Es sollen einmal andere besser und glücklicher leben dürfen, weil wir gestorben sind“, sagte Pater Alfred Delp kurz vor seiner Hinrichtung am 2. Februar 1945 kurz vor Kriegsende in Berlin-Plötzensee.

Sein Ende und seine letzten Worte werfen ein bezeichnendes Bild auf Leben und Vermächtnis des Jesuitenpaters Alfred Delp, den zahlreiche Spuren auch mit dem Chiemgau verbinden. 40 Bildtexte der Ausstellung geben einen Überblick über die Stationen im Leben von Pater Delp. In einem umfangreichen Begleitprogramm gibt es auch Angebote für Schulen zur Vorbereitung auf den in Bayern verpflichtenden Besuch einer KZ Gedenkstelle, am kommenden Sonntag noch einen Ausflug nach Riedering, wo Alfred Delp oft seinen Urlaub verbrachte.

Kein Mitläufer – Todesstrafe

Als Hausherr begrüßte Pfarrer Rainer Maier die vielen Besucher besonders die beiden, denen die Ausstellung in Marquartstein zu verdanken ist: dem jetzt in Marquartstein lebenden Jürgen Buhe und Jörg Fischer, 18 Jahre Bürgermeister von Donauwörth, der die Ausstellung konzipierte und landesweit das Gedächtnis an Alfred Delp versucht zu erhalten und zu vertiefen.

Ein bewegendes Grußwort, auch im Namen der übrigen Bürgermeister des Achentals, sprach Stefan Kattari von Grassau. Was war Alfred Delps Verbrechen?, fragte er. „Letztlich, dass er Jesuit war und geblieben ist. Er hatte eine andere Überzeugung und ist nicht mitgelaufen – was er mit der Todesstrafe gebüßt hat. Kattari bezeichnete es als „eine perverse Verdrehung von Meinungsfreiheit, wenn die Wiedergänger von damals sich heute auf Widerstandskämpfer berufen, um ihre Meinung auszubreiten.“ Grassaus Bürgermeister las Worte einer Tafel in der Wiener Karlskirche vor, die nach dem zweiten Weltkrieg dort angebracht wurde. Die Botschaft hatte ihn tief beeindruckt: „Unrecht erfordert Widerstand/ Recht erfordert Beistand/ Bundesbrüder haben dem Nationalsozialismus widersagt/ Bundesbrüder sind nicht mitgelaufen/ Bundesbrüder wurden ins Straflager geschleppt/ Sie kämpften dort/ Sie kämpften im Ausland/ Sie kämpften in der Heimat/ für die Freiheit/ Wer Verbrechen erkennt, hat handelnd dagegen aufzutreten/ Für die Ermordeten und die Mörder, betet, Brüder!“ Unsere Demokratie sei ein hoher Wert, aber keine Selbstverständlichkeit, so Kattari. Gesellschaften seien immer so gut wie das, was WIR aus ihnen machen. Jede und jeder einzelne. „Darin ist uns Alfred Delp ein bleibendes Vorbild“. Kattaris Rede wurde spontan von allen mit viel Applaus bedacht.

Anschließend berichtete der Organisator der Delp-Ausstellung sehr kenntnisreich und rhetorisch gut und kurzweilig über den „Lebensweg und Opfergang“ von Pater Alfred Delp unter dem Titel „Ein Jesuit im Widerstand“. Für den örtlichen Bezug zu Marquartstein erinnerte Jörg Fischer an zwei bekannte Persönlichkeiten des Ortes, die ebenso mit den Folgen des Nationalsozialismus zu kämpfen hatte. Der Besitzer der Burg Marquartstein, Konrad Otto Bernheimer, 1950 als Sohn des Münchner Antiquitätenhändlers Kurt Bernheimer und seiner Ehefrau Mercedes geboren, war Schüler des Landschulheims Marquartstein. Sein Vater Kurt war nach der Haft im Konzentrationslager Dachau, Folter und Enteignung mit dem Großteil der Familie 1940 nach Venezuela emigriert. Als Konrad vier Jahre alt war, kehrten Mutter und Geschwister nach München zurück. Vater Kurt aber hatte Inhaftierung und Folterung im KZ niemals überwunden und nahm sich vor der Rückreise das Leben.

Auch an den Kämpfer der Weißen Rose, Christoph Probst, erinnerte Fischer. Probst hatte von 1932 bis 1935 die Internatsschule Marquartstein besucht, die trotz aller Restriktionen Distanz zu den NS-Ideen wahrte. Zusammen mit Hans und Sophie Scholl und den übrigen Mitstreitern wurde Christoph Probst wegen Vorbereitung zum Hochverrat und Feindbegünstigung zum Tod im Februar 1943 verurteilt. Christoph Probst war überzeugt, dass „Hitler und sein Regime fallen“ müsse, „damit Deutschland weiterlebt“. Ähnlich wie Alfred Delp starb Probst in dem Bewusstsein, „in wenigen Minuten, seine Mitstreiter in der Ewigkeit wiederzusehen“.

Dem Referenten gelang es, dass das Publikum bis zum Schluss gespannt lauschte. Alfred Delp und die Mitglieder des „Kreisauer Kreises, waren überzeugt, gegen einen Geist der Gewalt, gegen Erbarmungslosigkeit und Intoleranz aufstehen zu müssen. Alle Wortführer und Vordenker des Kreisauer Kreises fielen der NS-Justiz zum Opfer. Ihre Gedanken aber „für ein anderes besseres Deutschland“ fanden großenteils Niederschlag bei den Beratungen der „Herrenchiemsee-Konferenz“ im August 1948 und dem daraus hervorgegangenen „Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland“. Zum Schluss zitierte Jörg Fischer den griechischen Philosophen Perikles mit seinen Worten „Das Geheimnis der Freiheit ist der Mut“. Er wünschte, dass auch in Zukunft der Mut des „Zeugen der Geschichte, der Mut des Pater Alfred Delp, uns die Kraft schenken, in Freiheit und Frieden, mit Toleranz und in gewaltfreiem Miteinander unsere Demokratie zu verteidigen und täglich neu zu gestalten.

Die schöne, besinnliche musikalische Umrahmung der Veranstaltung übernahmen Alexandra Scheufler an der Harfe und Herbert Hägele auf der Violine. Pfarrer Rainer Maier und Diakon Michael Soergel dankten vor allem dem Referenten für seinen eindrucksvollen Vortrag. Pfarrer Maier überreichte ihm einen Stolperstein, für die Parkstadt Donauwörth auf dem ehemaligen Kasernengelände, wo Jörg Fischer nach seiner Zeit als Bürgermeister nun Quartiersmanager für die neue Parkstadt Donauwörth ist, zu der auch das neue Alfred-Delp-Quartier gehört. Hier soll auch eine Gedenkstätte für Pater Delp entstehen. Im Anschluss bestand Gelegenheit, sich im kleinen Kreis auszutauschen und zu diskutieren.

Bericht und Fotos: Christiane Giesen  –  Zum 80jährigen Jahrtag der Hinrichtung Pater Delps im Jahr 2025 hat Jörg Fischer die Wanderausstellung zu dem Jesuitenpater neu konzipiert, die jetzt in der Marquartsteiner Erlöserkirche besichtigt werden kann. Am Eingang steht eine Büste Alfred Delps, davor sechs weiße Rosen, die die vom Naziregime ebenfalls ermordeten Mitglieder der Weißen Rose symbolisieren. Unser Foto zeigt von links Pfarrer Rainer Maier, den Referent des Abends, Jörg Fischer, Initiator Jürgen Buhe, und Diakon Michael Soergel.   


Redaktion

Toni Hötzelsperger

Beiträge und Fotos sind urheberrechtlich geschützt!