Leitartikel

Helmbrecht-Premiere in Burghausen

Veröffentlicht von Toni Hötzelsperger

Ein Mittelalter-Spektakel zum 1000-jährigen Stadt-Jubiläum  – Begeisterungsstürme bei der Premiere von „Helmbrecht 2025“ mit der Burg als Kulisse  – Von Helmut Rieger und Daniella Rieger-Böhm

Burghausen feiert heuer sein 1000-jähriges Stadtjubiläum, was die Neu-Inszenierung der mittelalterlichen Helmbrecht-Spiele auch vor diesem historischen Hintergrund zu etwas Besonderem macht. Über 650 Burghausener arbeiteten ehrenamtlich, um gemeinsam, mit professioneller Unterstützung, ein beeindruckendes Mittelalter-Spektakel vor der Kulisse der längsten Burg der Welt auf die Beine zu stellen.

Erster Bürgermeister Florian Schneider betonte in seiner Begrüßung nicht nur die enorme Leistung aller Mitwirkenden auf und hinter der Bühne, sondern auch den Gemeinschaftssinn, verbunden mit dem Dank an die Sponsoren, ohne die ein solch außergewöhnliches Theaterprojekt nicht realisierbar wäre. Dabei bemerkt man die Liebe zum Detail: Der Aufstieg zum Aufführungsort wird mit passenden Liedern und Rezitationen aus diskret angebrachten Lautsprechern verkürzt. Bereits hier beginnt die Zeitreise. Auf dem Bergerhof-Gelände angekommen, überblickt man den Ort des Geschehens – eine Menge mittelalterlich gekleideter Leute, die sich bei der Schenke unterhalten und sich mit Getränken aus „Helmbrecht“-Krügen erfrischen. Manche spielen Geige oder Blockflöte. Die Atmosphäre ist entspannt, und doch knistert es vor Spannung, wie diese 800 Jahre alte Vers-Novelle in der aktuellen Inszenierung wohl erzählt wird.

Das mittelhochdeutsche Epos „Helmbrecht“, das Wernher der Gartenaere im bairisch-österreichische Raum spielen lässt, erzählt die Geschichte eines Bauernsohns, der Raubritter wird. Entstanden ist das Werk um 1260, während des kaiserlosen Interregnums.  Hauptfigur ist der Sohn des „Meiers“, d.h. Fronhof-Verwalters, Martin Helmbrecht (Michael Weinzierl). Dessen Sohn (Sascha Boltos) möchte ein Leben als Ritter führen. Als ihm seine Mutter Barbara (Maria Schallmoser) feine Kleider schenkt, steht sein Entschluss fest, den elterlichen Hof zu verlassen. Vater Helmbrecht, der auf seine Zugehörigkeit zum Bauernstand stolz ist, warnt den Sohn vor dem Tabubruch, die „gottgegebenen“ Standesgrenzen zu verletzen. Unbeeindruckt verlässt Sohn Helmbrecht die Familie. Ironischerweise findet er das von ihm verehrte Rittertum jedoch nicht vor, da dessen Blütezeit vorbei ist und stattdessen Raubritter ihr Unwesen treiben.

Plündernd, sengend und mordend zieht er mit seinen Kumpanen durch die Lande. Als er kurz zu seinen Eltern zurückkehrt, begegnet er ihnen weiterhin mit Arroganz. Die Ermahnungen des Vaters schlägt er erneut in den Wind und brüstet sich mit seinen „Heldentaten“. Seine Schwester Gotelind (Luisa Schnurpfeil) ist so beeindruckt, dass sie ihm folgt und einen seiner Spießgesellen zum Mann nimmt. Helmbrechts Hof steht unweit von Burghausen, in Gilgenberg (Innviertel). Lehnsherr ist der Herzog von Bayern, Heinrich XIII (Andreas Scherfler), sein örtlicher Stellvertreter, der „Rentmeister“ von Burghausen, ist zuständig für das Eintreiben der Feudalabgaben. Bühnenautor Christian Lex baut eine gewagte Interpretation ein: Barbara Helmbrecht gibt den Avancen des Rentmeisters nach, um schwanger zu werden, da ihr Mann offenbar steril ist. Damit werden die „Flausen“ ihres Sohnes genetisch begründet, schließlich ist der biologische Vater ja adelig.

Regisseur Moritz Katzmair hat ein dreieinhalbstündiges Freilicht-Spektakel inszeniert, ein buntes Theaterstück mit Tanz, Fechtkünsten, Feuerschluckern und Rittern auf Pferden. „Helmbrecht 2025“ knüpft an die über 100-jährige Tradition der Burghauser Festspiele an, die das Epos immer wieder in verschiedenen Fassungen auf die Freilichtbühne brachten. Eigens dafür komponierte, von Chor und Orchester live vorgetragene Musik (Florian Burgmayr), grandiose Lichteffekte und mit Präzision eingesetzte Pyrotechnik sorgen für ein in der Region einzigartiges Gesamtkunstwerk, das die Burg als reale Kulisse einbezieht, plus Mond-Aufgang hinter der Burg.

Das Publikum auf der Tribüne ist begeistert. Alle erheben sich zum Schluss, als Ausdruck ihrer Freude und als Anerkennung für die enorme Kollektiv-Leistung des „Helmbrecht“-Teams.

Bei der Premiere mit dabei war Polit-Prominenz, wie (aktuelle und ehemalige) Bürgermeister benachbarter Städte, Landrat Erwin Schneider, MdB Stephan Mayer und Herzog Franz von Bayern. Er ist, zusammen mit Ministerpräsident Markus Söder, Schirmherr des Stadt-Jubiläums und der Helmbrecht-Festspiele 2025. Auch manch bekanntes Gesicht aus Film und Fernsehen sah man, wie Luise Kinseher oder Johanna Bittenbinder.

Abschließend sei ein großes Kompliment an die Organisatoren ausgesprochen: Die 1.400 Besucher werden mit Shuttlebussen gratis vom Messegelände zum Spielort und wieder zurückgebracht. Freiwillige Helfer lenken die Publikums-Ströme, damit alles ohne Gedränge fließt. Dass sämtliche Vorstellungen (bis einschließlich 24.8.) ausverkauft sind, ist ein Zeichen für den enormen Zuspruch, den dieses Traditionsspiel regional und überregional genießt.

Fotos: Daniella Rieger-Böhm 

1) Das Publikum wartet auf das Mega-Mittelalter-Spektakel „Helmbrecht“ (Foto @Daniella Rieger-Böhm)

2) Helmbrecht Darsteller Sascha Boltos (rechts) entspannt vor der Premiere mit seinem Kumpel Josef (Foto @Daniella Rieger-Böhm)

3) Helmbrecht (Sascha Boltos, rechts) als „Ritter“ Helmbrrecht (Foto©OSchmelmer)

4) Maiden aus Wurmannsquick (Niederbayern) reisten an, um „Helmbrecht 2025“ zu sehen (Foto @Daniella Rieger-Böhm)

5) Feuerspiele ©A.D.L.Fotografie

6) Standing Ovations beim Abschlussapplaus

 

 


Redaktion

Toni Hötzelsperger

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