Mit Donizettis „Maria Stuarda“ präsentiert Regisseur Ulrich Rasche im Salzburger Festspielhaus diesen August ein bildgewaltiges Operndrama voller musikalischer Feinheiten – und mechanischer Herausforderungen.
Maria Stuart, Königin von Schottland, muss flüchten und sucht Schutz bei ihrer Cousine, Königin Elisabeth I. von England. Diese fürchtet jedoch, Maria werde ihr den Thron streitig machen. Zudem liebt sie Roberto, Graf von Leicester, der aber Maria zugeneigt ist. Misstrauen und Eifersucht bewegen Elisabeth, und als Maria sie als „Bastard“ beschimpft, wird unversöhnlicher Hass daraus. Sie unterschreibt das Todesurteil und lässt die Rivalin hinrichten.
Aus dem Dunkel erscheinen zwei schräge, sich drehende Tableaus. Auf dem einen schreitet eine Frau in Schwarz, auf dem anderen eine in Weiß. Elisabeth I. und Maria Stuart auf Drehschreiben, die ihre jeweiligen Königreiche symbolisieren, und auf denen sie zwei Stunden lang, wie Getriebene, schreiten werden.
Historisch begegneten sich die beiden Frauen nie, doch in der Oper von Gaetano Donizetti (1797-1848), nach Schillers Drama, kommen sie sich nah. Dies ist ein musikalischer Höhepunkt am Premierenabend im ausverkauften Großen Festspielhaus. Die Sängerinnen der Hauptrollen beherrschen den Belcanto, den kunstvollen Schöngesang: Kate Lindsey als Elisabetta, mit rundem, teils gutturalem Mezzosopran, und Lisette Oropesa als Maria, mit kraftvoll-kernigem Koloratursopran. Beide Sängerinnen verpacken das Drama in glanzvolle Kantilenen, phrasieren geschmackvoll und stilsicher, mit ausladenden Koloraturen und Portamenti.
Das Gesangsduell – und die Sympathien des Publikums – gewinnt die Titelheldin, trotz ihres tragischen Todes, der durch eine sich senkende, riesige Scheibe angedeutet wird. Die Sopranistin Lisette Oropesa ist der Star des Abends. Es ist ihr Debut in einer Opernproduktion der Salzburger Festspiele. Bei soviel Dramatik der weiblichen Hauptrollen drohen die Männer in den Hintergrund zu geraten, doch bestechen der schmelzende Tenor Bekhzod Davronovs (Roberto), der profunde Bass Aleksei Kulagins (Talbot) und der angenehme Bariton Thomas Lehmans (Cecil).
Das Bühnenbild, mit den zwei riesigen, rotierenden Drehscheiben, verhindert ein schauspielerisches Agieren der Sänger, da sie zwei Stunden im gleichen Takt gegen den Drehsinn laufen müssen. Auch wenn die Sängerinnen im Interview betonen, dass das ständige Gehen auf der schrägen Drehscheibe die Gesangstechnik unterstütze, bleibt es für die Zuschauer schwierig, die Vorstellung ohne „Drehwurm“ zu verlassen. Dafür bekam Regisseur und Bühnenbildner Ulrich Rasche einige Buhrufe.
Das Quietschen und Knarren der bewegten Scheiben beeinträchtigt die Musik, besonders bei leisen Momenten. Die Atmosphäre, welche die Musik aufbaut, auch mit Stille und Innehalten, wird durch die laute Mechanik zerstört. Ob man den ausgezeichnet disponierten Wiener Staatsopernchor hinter die Bühne verbannen muss, um dafür ein stummes Bewegungs-Ensemble auf die Bühne zu holen, ist fraglich. Die Wiener Philharmoniker unter Antonello Manacorda zeigten ihr Welt-Format, im Dienste des Belcanto. Frenetischer Applaus für alle Beteiligten, jedoch überstrahlte Lisette Oropesa als demütige Primadonna assoluta alles im Opernhighlight dieses Festspielsommers.
Weitere Aufführungen bis zum 30. August 2025.
Text: Daniella Rieger-Böhm – Bildrechte: Monika Rittershaus SF




