Ein despotischer Machtmensch treibt seine Lebensgefährtin in die Depression und manipuliert die gemeinsame Tochter.
Philadelphia, 2004. Deena Garvey, Pflegerin im Krankenhaus, ist verschwunden. Ihre Schwester Nessa verdächtigt Lucas Chevalier, mit dem Deena von 1999 bis 2002 zusammen war und mit dem sie die gemeinsame Tochter Ruby hat, sie ermordet zu haben. Deena war Lucas vollkommen hörig, obwohl der skrupellose Tyrann sie dominiert, geschlagen und erniedrigt hatte. Deena wurde depressiv, trennte sich von Lucas. Nach der Trennung kam es zu einem Streit um das Sorgerecht für Ruby, das schließlich die Mutter bekam, die ihre psychischen Probleme inzwischen überwunden hatte. Der Vater, der sich im Sorgerechtsprozess von einer dubiosen Bekannten ein glänzendes Leumundszeugnis hatte ausstellen lassen, durfte sie jedes zweite Wochenende sehen. Die Suche der Polizei nach Deena bleibt erfolglos. Lucas holt seine Tochter gegen deren Willen ganz zu sich und zieht bald nach Vermont zu seiner Mutter in die ländliche Abgeschiedenheit. Der Vater beteuert Ruby immer wieder seine Liebe, aber nur mit Worten, er setzt Ruby ständig unter Druck, schüchtert sie ein, überwacht sie per Video in allen Räumen, aber sie traut sich nicht, sich gegen ihn zu wehren.
Una Mannion geht in ihrem Roman der Frage nach, warum sich Frauen von herrschsüchtigen Männern manipulieren lassen. Die präzise Beobachterin hat ein Auge fürs Detail, erzählt sprachlich eindringlich, lebendig, einfühlsam und ohne Verklärung und verbindet dabei brillant Milieubetrachtung mit spannungsgeladener Dramaturgie. Die Charaktere sind gut gezeichnet und die Autorin schafft es meisterhaft, die Schönheit der Natur, aber auch die bedrückende Atmosphäre des ländlichen Amerikas einzufangen. Der überzeugende Roman ist berührend, eindringlich, manchmal auch sehr traurig und sehr empfohlen.
Buchprofile – Rezension von Günther Freund
Mannion Una, Sag mir, was ich bin , STEIDL, 2024, 304 S., 28,00 €
ISBN/EAN: 9783969994030




