Kultur

Müllner-Peter-Museum in Sachrang wieder offen

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

Ein schmales, über 200 Jahre altes Büchlein ist im Müllner Peter Museum in Sachrang der Star der neuen Ausstellung „Antimonbutter und Fingerwurm“ in den Ausstellungsräumen im dritten Stock der Alten Schule. Beides sind heute unverständliche Begriffe, aus einer längst vergangenen Zeit vor über 200 Jahren. Sie stammen aus einem Büchlein das zufällig in gesammelter Flohmarktware entdeckt und für das Sachranger Museum angekauft wurde.

Ohne Zweifel stammt es von Peter Huber, seit Jahrzehnten allgemein bekannt als der Müllner Peter von Sachrang. „Ein Schreibbuch vor mich, Peter Hueber Mühlensohn von Gränzhub“ hat das Sachranger Allroundgenie sein Notizbüchlein betitelt, in dem er gängige Rezepte für Mensch und Tier aufführt, die er tagtäglich bei seinen Behandlungen verwendete. Durch Handschriftenvergleiche in der Münchner Staatsbibliothek mit bereits bekannten Handschriften des Müllner Peter wurde der Echtheitsnachweis erbracht: das Büchlein wurde von Peter Huber eigenhändig verfasst und geschrieben. Allerdings ist es für die Allgemeinheit nicht lesbar, die Schrift und das Neben- und -durcheinander von deutschen, lateinischen und französischen Begriffen erschwert das Verständnis des Werkes. Es ist das Verdienst von Magister pharm. Manuel Fleischmann aus Wien und Apotheker Dr. Günter Fleischmann aus Bad Aibling das Büchlein mit seinen Rezepten entschlüsselt und für die heutige Zeit lesbar gemacht zu haben.

Der Museumsverein Müllner Peter von Sachrang stellte zusammen mit Dr. Günter Fleischmann eine Ausstellung rund um dieses Büchlein zusammen, mit Apothekengerät und Heilpflanzen aus der Zeit. Bei der Ausstellungseröffnung in der Alten Schule stellte Dr. Fleischmann den zeitlichen Zusammenhang des Notizbuches mit der Lebensgeschichte des Müllner Peter und der „großen Geschichte“ her: Nach den verwendeten Zitaten und Rezepten ist es wohl in den Jahren kurz vor 1800 entstanden, da der Müllner Peter aus dem ihm vorliegenden Buch von P. Christian Baumann (1783) zitiert. Er bezeichnet sich auf dem Titelblatt noch als Müllerssohn und nicht als Müller, das heißt, er hat es vor der Übernahme der Mühle im Jahre 1809 verfasst.

Nach der Entzifferung – „das kann ja keiner mehr lesen“ – und Einordnung der Rezepturen stellte Dr. Fleischmann fest: „das ist ja lauter giftiges Zeug, hoffentlich baut das keiner nach“. Die Auswertung ergab auch, dass sich der Müllner Peter mit seinem Wissen auf dem Stand der damaligen Zeit um 1800 befand, einer Zeit in der Ärzte auf dem Land eine Seltenheit waren. Auffällig war, neben der vielfältigen Verwendung von giftigen Schwermetallen, dass der Müllner Peter in seinem Notizbuch keine oder nur wenig Heilpflanzen aus den heimischen Bergen aufführt, sondern nur Pflanzen aus dem Hausgarten. Manche Rezepte in dem Büchlein sind auch für die gegenwärtige Heilkunde noch bedeutsam. Andere sind eher unwirksam oder zu giftig, da inzwischen wirksamere und ungiftigere Arzneien zur Verfügung stehen. Das Schreibbuch ist daher aus seiner Zeit heraus zu verstehen und nicht als Rezeptbuch zur unkritischen Nachahmung.

„Wir hatten es uns zum Ziel gesetzt, die alte, medizinhistorisch interessante Handschrift in eine lesbare Form zu bringen und so zu kommentieren, dass heutige Leser sich ein Bild von den Krankheiten, Fachbegriffen und Arzneien der damaligen Zeit machen können Es war naheliegend, zum Verständnis heute nicht mehr gebräuchlicher Arzneien, wie Antimonbutter oder Krankheitsnamen, wie Fingerwurm die Nachschlagewerke aus der Zeit des Müllner-Peter auszuwerten. Dazu gehören natürlich die damals gültigen Arzneibücher, die Anleitungen für Ärzte und Apotheker“.

In mehreren Vitrinen stellt der Müllner Peter Museumsverein Beispiele für Arzneimittel aus dem Büchlein – zusammengestellt von Dr. Fleischmann – vor; sie geben den Besuchern Auskunft, wie Arzneimittel um 1800 aussahen und wie sie verwendet wurden. Altes Apothekengerät wird ebenso gezeigt wie die wichtigsten Arzneipflanzen aus dem Schreibbüchlein des Peter Hueber.

Das Museum und die Sonderausstellung können bis zum 31. Oktober Freitag, Samstag, Sonntag & Feiertags von 14 bis 17 Uhr besucht werden. Führungen durch das Museum, den Sachranger Kräutergarten am Alten Schulhaus sowie das Dorf und die Kirche können vereinbart werden.

Bericht und Bilder: Heinrich Rehberg

– Ein Schreibbuch vor mich, Peter Hueber Mühlensohn von Gränzhub“ Ein schmales über 200 Jahre altes Büchlein (links) ist im Müllner Peter Museum in Sachrang der Star der neuen Ausstellung „Antimonbutter und Fingerwurm“ in den Ausstellungsräumen im dritten Stock der Alten Schule mit verschiedenen zeitgenössischen medizinischen Werken aus der Zeit um 1800.

– Ausstellungseröffnung in Sachrang: Die Vorstandschaft des Museumsvereins Müllner Peter von Sachrang und die Familie Fleischmann haben gemeinsam die Sonderausstellung in der Alten Schule in Sachrang zusammengestellt. Von links: Beirätin und Kräuterfrau Martina Glatt – zweite Vorsitzende Brigitte Peters – Magister pharm. Manuel Fleischmann aus Wien – Beatrix Fleischmann – Apotheker Dr. Günter Fleischmann – erste Vorsitzende Cäcilie von Feilitzsch-Rauch

  • Apotheker Dr. Günter Fleischmann erklärt die Vitrinen der Ausstellung „Antimonbutter und Fingerwurm“ in den Ausstellungsräumen im dritten Stock der Alten Schule
  • Fachliteratur und Apothekergerät aus der Zeit um 1800 in den Ausstellungsräumen im dritten Stock der Alten Schule

 

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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