Brauchtum

Schuhplatteln: eine bayerische Leidenschaft über Generationen hinweg

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

Bayern/Weißbach an der Alpenstraße/Jochberg   – Schuhplatteln ist in Bayern eine lebenslange Leiden- und Eigenschaft. Das zeigt sich am Beispiel von Peter Eicher, dem stellvertretenden Landesvorsitzenden des Bayerischen Trachtenverbandes, der auch noch im schönen Alter von 75 Jahren noch die Lederhose hervorholt und die ihm gängigen Plattler an seine Enkelkinder weitergibt. Seit seiner Jugendzeit war für ihn das Platteln etwas Interessantes, 1962 trat Peter Eicher als junger aktiver Plattler dem Trachtenverein „D´Weikerstoana“ Weißbach bei.  In diesem gehörte er von 1965 bis 1974 als Ausschussmitglied und Vorplattler und von da an bis 1999 als 1. Vorstand der Vorstandschaft an. Zweiter Gauvorstand im Gauverband I war Peter Eicher von 1995 bis 1998, anschließend wurde er 1. Gauvorstand, der er heute noch ist. Weitere ehrenamtliche Leistungen waren 18 Jahre das Plattlerproben-Spielen mit der Ziach im eigenen Verein. Damit aber nicht genug: heute noch zeigt er dem jungen Familien-Nachwuchs die ersten Kenntnisse und den Fünfer-Schlag vom „Häuslratz“ sowie danach weitere Plattler.

„Mit der Lederhose auf die Welt gekommen bin ich nicht“, so beginnt Peter Eicher bei unserem Gespräch in seinem Haus auf dem Jochberg und er fährt fort: „Als ich erstmals mit unseren Urlaubsgästen im Alter von gut 16 Jahren zu einem Almtanz des Weißbacher Trachtenvereins im dortigen Alpenhotel kam, da war ich vom Schuhplatteln fasziniert. Mit Weißbachs Vorplattler Hans Holzner ging es schon bald mit den Proben los, so dass ich zwischen Weihnachten und Neujahr bei einem Gäste-Abend erstmals auftreten sollte, doch Zahnschmerzen und ein geschwollenes Gesicht verhinderten dies“. Der erste öffentliche Auftritt mit der Tracht war damit 1962 beim Maibaumaufstellen in Weißbach, dabei durfte er mit seinem Vorplattler als einer der beiden Vorreiter dabei sein.

„Ehrlich, sauber und nicht verkitscht – das ist bayerische Lebensfreude“

Wichtig war es Peter Eicher von Anbeginn seines Mitmachens, dass die Traditionspflege nicht dem Kommerz oder dem Tourismus nachgeben darf, dazu gilt für ihn folgender Grundsatz: „Bayerische Kultur und Lebensfreude muss sauber gepflegt und echt bleiben und darf nicht verkitscht werden“. Diese Einstellung bewahrte er auch in seinen Jahren als er als Vorplattler und Funktionär Verantwortung übernahm und sie gilt auch heute noch. Trotz seiner 75 Jahre zeigt Peter Eicher, dass Schuhplatteln nicht nur für junge Aktive ist, sondern bei entsprechender Gesundheit auch noch im Alter Freude macht, zumal dann, wenn sein zehn und sechs Jahre alten  Enkel Georg und Valtentin zusammen mit zwei Nachbars-Buam bei ihm regelmäßig anklopfen und eine private Plattlerprobe wünschen.  Montags ist dann in der Werkstatt die von den Buam bezeichnete „Beda-Probe“ und Peter Eicher spielt dazu mit der Ziach auf. Auch diese kleinen Nachwuchs-Schuhplattler können bayerische Plattler-Karriere über den Verein hinaus machen, das hofft Peter Eicher, wenn er mit den Worten zurückblickt: „Mit meinen Söhnen Georg und Peter und mit den Nachbars-Buam Hubert und Martin   haben wir dank zusätzlicher, privater Proben es geschafft, dass alle vier in die Gaugruppe bzw. Gaujugendgruppe des Gauverbandes I kamen“.

Plattler-Erlebnisse bei Olympiaden  und  Weltmeisterschaften

Der Gauverband I mit seinen 118 Trachtenvereinen ist der größte von allen 22 Gauverbänden, die unter dem Dach des Bayerischen Trachtenverbandes zusammengeschlossen sind. „Durch das und mit dem Platteln haben wir schon viele besondere Erlebnisse gehabt, die unseren Gemeinschaften und unserem Ansehen gut getan haben“ – dabei denkt Eicher unter anderem an die Eröffnungsfeier zu den Olympischen Sommerspielen am 26. August 1972 in München. „Da waren zahlreiche Plattlerbuam und Trachtendirndl aus ganz Bayern und so auch aus dem Gauverband I und vom Chiemgau-Alpenverband zusammen mit der Musikkapelle Ruhpolding, den Berchtesgadener Weihnachtsschützen und den Schnalzerpassen aus dem Rupertiwinkl dabei, das war ein gigantischer Auftritt, der um die Welt ging. Leider führte das Olympia-Attentat Anfang September dazu, dass der für die Schlussfeier geplante Auftritt der Trachtenpaare mit der eigens neu einstudierten Olympia-Polka wieder vom Programm gestrichen wurde“. Ein weiterer außergewöhnlicher Auftritt war 1974 bei der Fußball-Weltmeisterschaft in München beim Rahmenprogramm beim Spiel um den dritten Platz. Und 1976 waren Trachtlerinnen und Trachtler vom Gauverband I bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Sommerspiele in Montreal  dabei, da konnten sie dem weltweit zugeschalteten Publikum auch die Olympia-Polka zeigen. Für ihn persönlich war auch eine Auftritts-Reise der Gaugruppe vom Gauverband I mit dem damaligen Landesvorsitzenden Otto Dufter, dessen Frau Hilde und seiner Frau Lotte zu einem offiziellen Kulturaustausch nach Moskau von bleibender Erinnerung.

Zum Gau-Jubiläum Besuch beim Papst in Rom

Als der Bayerische Trachtenverband 2008 das Jubiläum „125 Jahre Trachtenvereine in Bayern“ beim Heimat- und Volkstrachtenverein in Altötting feiern konnte, da gab es jahrelange Vorbereitungen. „Hierzu gehörte es, dass wir mit Bürgermeister Herbert Hofauer, mit Altöttings Trachtenvorstand Fritz Stocker und mit unserem Gauvorplattler Jürgen Wiedl nach Rom fuhren, um unsere Festzeichen und Fahnenbänder vom damaligen Papst Benedikt XVI segnen zu lassen. Das war für mich einer der bewegtesten Momente in meinem langen Trachtlerleben“ – so Peter Eicher. Marksteine seines Wirkens waren darüber hinaus 2008 ein „Jahr der G´wand-Kultur“, 2015 das Festjahr anlässlich „125 Jahre Gauverband I“ mit Herausgabe der zweiten Gau-Chronik sowie das Jahr 2005, in dem er als Zweiter Kassier erstmals in die Vorstandschaft des Bayerischen Trachtenverbandes gewählt wurde. In diesem ist er seit 2011 stellvertretender Landesvorsitzender, der es heuer und derzeit überaus bedauert, dass Corona dem Schuhplattler- und Trachtler-Dasein arg zusetzt. „Hoffen wir, dass sich wieder Gaufeste und sonstige Veranstaltungen durchführen lassen“ – diese Hoffnung hat Peter Eicher auch deshalb, weil er heuer die geplante Weitergabe seiner Ämter als stellvertretender Landesvorsitzender und als Gauvorstand vom Gauverband I in den regulären Versammlungen vollziehen will. Doch Corona machte schon einen Strich durch die zweifache Rechnung, der Bayerische Trachtenverband musste seine im Oktober beim Bayerischen Inngau geplante Jahrestagung mit Neuwahlen auf unbestimmte Zeit verschieben. Dazu Peter Eicher: „Aber die Plattlerproben daheim für unsere Buam, die machen wir mit Abstand und Anstand weiter“ und er fügt dankbar hinzu: „All meine Tätigkeiten mit der Trachten- und Brauchtumspflege und auch die langjährige Mithilfe beim Bau und Betrieb des Trachtenkulturzentrums habe ich auch dem Verständnis meiner Frau Lotte zu verdanken, die mich oft begleitete und immer unterstützte!“.

Foto/s/Repros: Hötzelsperger – 1. Peter Eicher als junger Schuhplattler bei seinem ersten öffentlichen Einsatz beim Maibaumaufstellen in Weißbach mit seinem Freund und damaligen Vorplattler  Hans Holzner (re.)

  1. Peter Eicher bei Papst Benedikt XVI in Rom zusammen mit (von re.) Bürgermeister Herbert Hofbauer, Gauvorplattler Jürgen Wiedl und Trachtenvorstand Fritz Stocker aus Altötting.
  2. Peter Eicher als aktiver Schuhplattler
  3. Peter Eicher – u.a. mit seiner Ehefrau Lotte bei der Goldenen Hochzeit im Vorjahr
  4. Peter Eicher mit Ziach beim Proben mit den Buam
  5. Peter Eicher als Aktiver beim Dreisteyerer mit Liesi Steinbacher (li.) und mit Anne Bauregger (Bild aufgestützt, beim anderen Bild Liesi = re.).
  6. Einer der Nachwuchs-Buam beim Auftritt anl. der Goldenen Hochzeit von Peter und Lotte Eicher – Foto von Inge Erb

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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