Brauchtum

Pfingstbrauchtum im unteren Bayrischen Wald

Brauchtum rund um Pfingsten gibt es im Bayerischen Wald viel mehr, als so mancher vermuten möchte. Während so mancher Brauch weitum bekannt ist, werden einige Bräuche nur in einer kleinen Region gepflegt. Dazu zählt auch das Pfingst- oder Wasservogelsingen am Pfingstsonntag, das im unteren Bayerischen Wald nur im nördlichen Landkreis Passau und im Landkreis Freyung-Grafenau daheim ist.

Als am Pfingstsonntagabend wieder Burschen und heute auch Dirndln wasserfest eingepackt durch die Dörfer des unteren Bayrischen Waldes gezogen sind, dann war ihnen schon klar, was auf sie zukommen wird. Während die Bezeichnung Pfingstsingen noch relativ harmlos klingt, so kann man beim „Wasservogelsingen“ schon erahnen, dass das Pfingstsingen keine trockene Angelegenheit ist. Vielmehr sind die Pfingstsinger auf so manche Wasserschlacht vorbereitet. Denn die Hausbewohner und vor allem die Kinder warten bereits mit gefüllten Wassereimern auf die Pfingstsinger-Gruppen. Noch bevor die Sänger die ersten Gstanzl anstimmen können, kommen oft bereits die ersten Wassergüsse auf sie zu.

Franz Kindermann, Ehrenmitglied des Dreiflüsse-Trachtengaues Passau und Ehrenvorstand der „Waldlerbuam“ Waldkirchen, hat sich im letzten Jahr genauer mit diesem Pfingstbrauch beschäftigt. Woher der Brauch des Pfingstsingens stammt, kann heute nicht mehr gesagt werden. Der Freyunger Kreisheimatpfleger Gerhard Ruhland hat in einem Bericht zwei mögliche Erklärungsansätze, die durch die überlieferten Gstanzl erklärt werden können. Zum einen könnten die Wasservögel alte heidnische Fruchtbarkeitsriten symbolisieren, aber auch christliche Wurzeln dieses Brauches sind wahrscheinlich.

Heute machen sich die jungen Burschen auf dem Weg durch die Dörfer. Damals waren es aber die Knechte der Bauern, die als Wasservögel unterwegs waren und den Heische-Brauch pflegten. Sie erbitten also bei dem Hausbewohnern Gaben. Waren es früher hauptsächlich Eier, die die Burschen danach verkauft haben, um ihr Einkommen aufzubessern, bekommen die Pfingstsinger heute oft Geldspenden. Aber auch Eier sind noch immer eine gern gesehene Belohnung. Natürlich spielt auch der Spaßfaktor eine Rolle.

Vor den Häusern steht der „Meua“, der Eiermarder, an vorderster Front. In dieser Zeit stimmen die Vorsänger die Gstanzl an, die von der übrigen Gruppe mit dem Refrain „So reisen, so reisen, so reisen wir daher” beantwortet werden. Die Gstanzl sind auf die Bewohner jedes Hauses bezogen und können Lobstrophen, Neckereien oder Bettelreime sein. Die Texte handeln zunächst von der Kirche und dem Pfingstfest, von Bauer und Bäuerin, die früher zu diesem Anlass von ihren Bediensteten schadlos auf die Schippe genommen werden durften, vom Wirt und von Mitgliedern der Gruppe selbst. Und schließlich werden die Zuhörer verspottet, die angeblich zu wenig Wasser zum Begießen der Sänger beibringen.

Im Dreiflüsse-Trachtengau Passau wird der Brauch nicht nur von den Trachtenvereinen im unteren Bayerischen Wald gepflegt, sondern auch viele Feuerwehren und Kameradschaftsvereine sind am Pfingstsonntagabend unterwegs. Zum Abschluss gehört der gemütliche Teil des Pfingstsingens dazu, bei dem dann gemeinsam die gesammelten Eier verspeist werden und der Durst gelöscht wird.

Ein paar Gstanzl der Pfingstsinger:

Heut is de heilige Pfingstnacht, der Heilige Geist hat´s aufbracht.
Mia geh’n ma über de greane Au, begegnet uns unser liabe Frau.
Mia geh’n ma über de greane Wies, begegnet uns Herr Jesu Christ.“
Wenn da Bauer in der Früh afsteht, mit Gott verricht er sei Gebet!
Bäurin hot an seidan Rock, der steh’d ihr wia a Nagalstock
Da Baua ha a faule Dirn, i glaub, de ka koa Wossa kriang
Mia san so bresldrucka, als wia a Ofaglucka
D’Wasservögl muass ma giaß’n, sonst duad’s se’s no vadriaßn.

Bericht und Fotos: Christop Hauzeneder

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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