Leitartikel

Ludwig Feßler: ein unternehmungslustiger 80er

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

Ludwig Feßler war genau 50 Jahre als persönlich haftender Gesellschafter verantwortlich für die seit 1845 in seiner Familie befindliche Chiemsee-Schifffahrt. So still wie im Vorjahr der 175. Geburtstag des Unternehmens und die Weitergabe der Verantwortung an seinen Sohn Michael und seine Tochter Birgit erfolgte, so lautlos ging auch der 80. Geburtstag vorüber. „Sogar innerhalb der engsten Verwandten und Freunde kam es nur zu einem Sektglas-Prosit über den Gartenzaun hinweg, es sind halt jetzt arg sparsame Zeiten“ – so Ludwig Feßler, der auf ein ganz und gar aktives und auch ehrenamtliches Leben  zurückschauen kann.

Bei einem Gespräch im Hafengelände, das Ludwig Feßler mit seiner Familie und seinen  rund 70 Beschäftigten in den letzten Jahren komplett umgebaut und fertiggestellt hat, beginnt Ludwig Feßler mit den Anfängen seines Lebens: „Als Sonntags-Kind kam ich 1941 bei einer Hausgeburt mit dem Beistand des Priener Arztes Dr. Otto Eyrich im Haus „Am Roseneck 1“ zur Welt“. Der behüteten Kindheit  in schweren Kriegsjahren folgten fünf Jahre Volksschule in Prien, sechs Jahre Oberschule in Traunstein, je ein Jahr Praktikum bei den Firmen Beilhack in Rosenheim und MAN in Augsburg sowie das Studium in Augsburg (Rudolf-Diesel-Polytechnikum) und München (Oskar-von-Miller-Polytechnikum)das erfolgreich als Maschinenbau-Ingenieur abgeschlossen wurde. „Daheim im elterlichen Schifffahrtsbetrieb war ich natürlich schon immer zeitweise  eingebunden, ehe es als frischgebackener Ingenieur zur Bundeswehr musste. Zu diesen 18 Monaten erinnert sich Ludwig Feßler unter anderem wie folgt: „Die Grundausbildung machte ich bei der Luftwaffe in Penzing bei Landsberg und wurde dann nach Erding versetzt, um dort am Prüfstand für Düsentriebwerke zu arbeiten. Der schönste Tag war als ich anlässlich meiner Verlobung mit meiner ein Jahr später geehelichten Frau Ingrid einen Tag Sonderurlaub bekam“. Der Bundeswehrzeit folgte der berufliche Dauereinstieg ins Familien-Unternehmen.  1970 wurde meine Schwester Edeltraud und ich als Komplementäre in der Chiemsee-Schifffahrt KG eingetragen. Nach dem Tod von Edeltraud 1979, war ich allein als geschäftsführender Gesellschafter der Firma Chiemsee-Schifffahrt KG zusammen mit meiner Schwester Irmingard tätig.  Ein schwerer Schlag war es, als in der Zeit des Baus und Betriebsbeginns der neuen Klinik St. Irmingard meine Schwester Edeltraud  verstarb und damit eine Neuverteilung der Aufgaben erfolgen musste“.

Familie, Ehrenamt und Unternehmen unter einem Hut

Für Ludwig Feßler hatten und haben das Familienleben und die damit verbundenen Unternehmen mit Schifffahrt, oberste Priorität. Darüber hinaus aber waren und sind ehrenamtliche Engagements und Kontaktpflege von hoher Bedeutung. Fast ganze 50 Jahre war er Schriftführer der Krieger- und Soldatenkameradschaft Prien, das gleiche Amt führte er 21 Jahre beim TuS Prien aus, den er weitere zwölf Jahre als Vorsitzender des Gesamtvereins führte. 17 Jahre gehörte er der Kirchenverwaltung der Priener Pfarrei „Maria Himmelfahrt“ an und viele Jahre bracht er auch seine Erfahrungen und Einschätzungen beim Vorstand des Tourismusverbandes München-Oberbayern sowie im IHK-Gremium Rosenheim  ein. Über 40 Vereinen kultureller und geselliger Art gehört Ludwig Feßler von AWO bis zur Wasserwacht, vorwiegend natürlich in Prien aber auch in weiterer Umgebung als förderndes Mitglied an. 18 Jahre war er auch Vorsitzender des Bayerischer Fahrgastschiffs-Verbandes e.V., dessen Gründung er überhaupt auf den Weg gebracht hat. Es erfolgte anschließend die Zusammenführung der Schifffahrtsverbände aus Bayern, Österreich und der Schweiz zum „alpenländischen Schifffahrtsverband“, dessen Vorsitz jeweils jährlich durch die jeweiligen Länder wechselte. Sein besonderes Interesse galt auch den jährlichen internationalen Binnenschifffahrtstreffen (Deutschland, Österreich, Schweiz, Holland und Frankreich), denen er fast immer beiwohnte und die er selbst in den Jahren 1977, 1986 und 2013 mit über 400 Teilnehmern am Chiemsee organisiert hatte.  – so Ludwig Feßler, der sich auch gerne als Organisator von Treffen mit seinen vormaligen Schüler- und Studentenfreunden bewährt hat. Dazu erzählt er am Rande: „Ich war einer der ersten Volksschüler bei der Priener Lehrerin Emilie Bogenberger, damals waren wir 65 Buben in einer Schulklasse“.

Natürlich bedauert Ludwig Feßler die derzeitigen Einschränkungen durch die Pandemie, dazu erklärt er: „Zu unserem 175. Jubiläum des Familien-Unternehmens Chiemsee-Schifffahrt hatte Ministerpräsident Dr. Markus Söder seinen Besuch angekündigt, auf der Herreninsel wäre in diesem Sommer eine dann nach Regensburg verlegte Landesausstellung gewesen und auch sonst wäre viel mehr los als jetzt wirklich los ist. Bei alledem: die Gesundheit geht vor und so hoffen wir, dass sich schon bald wieder viele Leute am und auf dem Chiemsee frei bewegen und erfreuen können“. Feßler selbst bezeichnet sich nach der Übergabe an Sohn Michael und Tochter Birgit als „Freier Mitarbeiter“, der noch regelmäßig, aber nicht mehr so lange in sein Büro geht und im Hafen nach dem Rechten schaut. „Solange es gewünscht ist, will ich gerne mit Rat und Tat zur Verfügung stehen“ – so der Ausblick eines munteren  und  weiterhin unternehmungslustigen Achtzigers.

Fotos: Hötzelsperger – 1. Ludwig Feßler in diesen Tagen im Hafen von Prien-Stock  –  2. Im Jahr 2005 bei der Vorstellung des Buches „150 Jahre Chiemsee-Schifffahrt“ mit Familie bzw. mit Sohn Michael und Autor Arno Berleb.

 

 

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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