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Greimhartinger Buben erforschen Kriegs-Schicksal ihrer Urgroßtante

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

Die Geschichte der eigenen Familie und insbesondere das Schicksal ihrer Urgroßtante war für die Brüder Matthias und Michael Summerer aus Stiedering bei Greimharting (Gemeinde Rimsting) Anlass, um sich am regionalen Schülerwettbewerb „Heimat erleben“ des Landkreises und der Stadt Rosenheim zu beteiligen. Die beiden Buben der Kommunalen Realschule Prien (Klassen 6a und 9b) bekamen in der Kategorie „Mittelschulen, Realschulen und Gymnasien mit Grund- und Sekundarstufe“ für ihre gemeinsame Arbeit den 1. Preis, verbunden mit einem Preisgeld von 500 Euro. Betreuender Lehrer war Albert Eichmeier.

Als Matthias und Michael Summerer den Aufruf für den heimatlichen Wettbewerb  vernahmen, da erinnerten sie sich an das Schicksal ihrer Urgroßtante Maria Summerer aus Stiedering. Als Titel ihrer Arbeit, die es außerhalb des Unterrichts zu fertigen galt, wählten sie „Widerstand und Verfolgung 1933 bis 1945 in Prien am Beispiel unserer Urgroßtante Maria Summerer“. Maria Summerer soll gegenüber einem Bekannten das Hitler-Regime kritisiert und den Kriegserfolg in Frage gestellt haben. Ihr wurde der Prozess gemacht und am 5. Februar 1941 wurde sie zu einem Jahr Gefängnis verurteilt. Das Urteil fällte die 1. Kammer des Sondergerichts für den Bezirk des Oberlandesgerichts München beim Landgericht München I mit Landgerichtsdirektor Braun. Das im Staatsarchiv befindliche Urteil, das im übrigen das einzige noch schriftlich vorhandene Urteil eines Sondergerichts für Prien und Umgebung ist, sollte Regime-Gegner zum Schweigen bringen. Die Archiv-Unterlagen zu Urteil, Verhaftung und Gefängnis waren ein Teil der Hilfe für die beiden forschenden Buben. Der andere Teil waren mündliche Überlieferungen. Hier halfen vor allem Großvater Johann Summerer, der Maria Summerer persönlich recht gut kannte. Maria Summerer war vor ihrer Haft zuletzt beim Autohaus Walter Dingler in Prien für den Haushalt und auch bei deren Tankstelle angestellt, auch die Nachfahren der damaligen Besitzer konnten in Kenntnis von Person und Charakter von Maria Summerer zur inhaltlichen Aufklärung beitragen. Bei der Tankstelle kam es auch zum schicksalhaften Wortgefecht mit dem Kraftwagenführer Konrad W., der bei einem Fronturlaub von Frau Summerer ob des unsinnigen Krieges angesprochen wurde. W. meldete die Aussagen von Maria Summerer der „Politischen Leitung“ und so kam es zur Verhandlung. Nach dem Krieg wurde Maria Summerer wieder rehabilitiert, beim Urteil handelte es sich letztlich um eine ungerechte Entscheidung.

Begeistert zeigte sich der betreuende Lehrer Albert Eichmeier. „Nachdem die Arbeit von Matthias und Michael Summerer nicht Bestandteil des schulischen Lehrstoffes war, mussten sie zusätzlich forschen und lernen, sie taten dies sichtbar gerne und auch sehr zur Freude der Eltern“, so der Geschichts- und Religions-Lehrer aus München, der mit Michael Summerer immer nur kurz -sozusagen zwischen Tür und Angel- den Verlauf der Forschungsarbeit besprechen konnte. Da Lehrer Eichmeier schon vor seinem Schulantritt in Prien in München im Staatsarchiv zu Themen während der Zeit des Zweiten Weltkriegs forschte, kamen auch dessen Erfahrungen den Studien der beiden Brüder aus Stiedering zugute. Nützlich waren weitere Gespräche der Buben mit Verwandten und Bekannten. Die Preisverleihung im Landratsamt nahmen stellvertretender Landrat Josef Huber und der Kulturreferent des Landkreises Rosenheim Christoph Maier-Gehring vor.  Die Jury vom Wettbewerb „Heimat erleben“ gehörten an Schulamtsdirektorin Helga Wichmann, die drei Rosenheimer Kreisheimatpfleger Karl J. Aß, Ferdinand Steffan, Michael Stratbücker, der Rosenheimer Stadtarchivar Karl Mayr, der Rosenheimer Museumsleiter Walter Leicht sowie Kulturreferent Christoph Maier-Gehring.

Fotos/Repros: Hötzelsperger –

  1. Matthias und Michael Summerer in ihrer Chiemgauer Tracht, beide sind Mitglieder beim Trachtenverein „Ratzingerhöhe“ Greimharting
  2. Preisverleihung im LRA: von links: Kulturreferent Maier-Gehring, Matthias und Michael Summerer und stv. Landrat Josef Huber.
  3. Familie Summer im Jahr 1950 vor dem heutigen Bauernhaus – von links: Anna Summerer (Schwester), Maria Summerer, Maria Summerer (Schwägerin und Stiederingerbäuerin), Neffen Johann (1936 – später Stiederingerbauer), Franz (1938), Alois (1940) und Leonhard (1943) mit Polarspitz „Prinz“.
  4. Die Realschüler Michael (li.)  und Michael Summerer.
  5. Altes Haus in Stiedering um 1913, Geburtshaus von Maria Summerer (2. von links) mit Mutter und Geschwistern
  6. Die Stiederinger-Familie um 1910 – Maria Summerer 2. hinten rechts

Nähere Informationen:  Familie Summerer, Telefon 08051-9617348

Anlage: Lebenslauf der inhaftierten Maria Summerer vom 13. November 1941

 

 

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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