Land- & Forstwirtschaft

Zum Tod vom “Fritzn-Hans” – Erinnerungen – Teil I

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

Im gesegneten Alter von 90 Jahren verstarb Johann Kloo aus Zimmerau in der Gemeinde Oberaudorf. Der “Fritzn-Hans” war für seine Heimatgemeinde, für die Landwirtschaft und für die Bewahrung von heimatlichen Kulturgütern ein wertvoller und aktiver Mitbürger. Mit diesem Beitrag erinnern wir an Johann Kloo.

 Wie Fritzn-Bauer Hans Kloo von Oberaudorf bäuerliche Raritäten für die Zukunft bewahren möchte – ein Gespräch im Jahr 2004

 Oberaudorf (hö) – Bäuerliche Raritäten und landwirtschaftliches Herzblut sind gleichermaßen bei Hans Kloo, Fritznbauer von Oberaudorf anzutreffen. Wann immer man auch mit ihm über die Vergangenheit und Zukunft der Landwirtschaft spricht, sprüht aus seinen Worten Tatkraft und die leuchtenden Augen zeigen, dass das Interesse am Erhalt wichtiger Inhalte vergangener Bauerngenerationen mehr sind als ein Lippenbekenntnis. Bei einem Treffpunkt am und im Futterstall vom Audorfer Berg erläuterte Hans Kloo seine Leidenschaft.

Das Holzbarometer

Bereits beim Eingang zum Futterstall fällt am Stadltor ein selten vorzufindendes Hilfsmittel für den findigen Bauern auf. Es ist ein Holzbarometer, der aufgrund besonderer Erfahrungen ebenso zuverlässig gelesen werden kann wie ein herkömmlicher Barometer. „Er reagiert zwar anders, aber wenn man seine Reaktionen kennt, kann man wahrlich richtige Wetterprognosen ablesen“, so Hans Kloo, der für das Holzbarometer einen trockenen, dürren, 30 Zentimeter langen und fingerstarken Fichtenast verwendet hat. „Bei Föhn zeigt das Barometer nach unten“, so die Erkenntnis des Fritznbauer nach seinen jahrelangen Beobachtungen.

Zur Geschichte der Futterställe der Audorfer Bergbauern

In früheren Zeiten hat es bei den Bergbauern im Oberaudorfer Bereich zahlreiche Futterställe gegeben. Gerade bei höheren Lagen und in wenig zugänglichen Bereichen konnte man sich damit behelfen. Im Sommer und Herbst  wurde die Bergwiesenernte ins Trockene gebracht. Früher hatte jeder Bergbauer links und rechts des Auerbaches einen Futterstadel, manche hatten sogar zwei.  Heute gibt es noch rund 25 dieser alten Futterstadel. Nur wenige sind allerdings so gut erhalten und von der Ortsmitte so schön mit einer kleinen Wanderung erreichbar wie der Futterstadel von der Gemeinde Oberaudorf. Dieser schwebt schon seit vielen Jahren vor, diesen Stadel in ein kleines bäuerliches Museum zu verwandeln. Eine Informationstafel vor dem Stadel gibt interessante Auskünfte über diese Form von bäuerlichen Gebäuden. Auf der Tafel heißt es zu den Futterställen der Audorfer Bergbauern: „Dieser Futterstall vom Audorfer Berg soll an die Arbeitsweise der Bergbauern beiderseits des Auerbachtales erinnern. Durch die schwierigen und steilen Zufahrten zu den Bergwiesen waren die Bergbauern gezwungen, abseits ihrer Höfe Futterställe zu errichten. Dies ersparte den mühevollen Heutransport zum Hof sowie den Misttransport – als notwendigen Dünger – zur Wiese. Das Heu wurde gleich dort, wo man es erntete, eingelagert und im Winter aufgefüttert. Die Bauweise war stets die gleiche: der Platz wurde so gewählt, dass sich durch die Hanglage eine ebene Tenneneinfahrt ergab. Eine Wasserquelle musste in der Nähe sein. Die Größe der Futterställe (für sechs bis sechzehn Jungtiere) richtete sich nach den umgebenden Wiesen. Der Unterbau wurde mit Naturstein und Kalk gemauert. Die sehr kleinen Fenster hielten die Wärme im Stall. Die Blockbauweise der Tenne mit Lüftungsfugen ließ das Heu gut nachtrocknen. Manche dieser Futterställe zählen zu den ältesten Gebäuden in unserer Gemeinde. Während die Bauernhöfe in den Kriegen mit Österreich 1704 und 1743 abgebrannt wurden, blieben die Futterställe dank ihrer versteckten Lage oft verschont. Heute droht allerdings vielen der Verfall, denn durch die Mechanisierung der Heuernte haben die Futterställe ihre Aufgaben verloren“ – so die amtliche Tafel vor dem Stall.

Ehrenamtliche  und Gemeinde könnten zusammenspannen für neues Museum

Ein großer Vorteil für den Erhalt alter Raritäten und Geräte ist es, dass Hans Kloo rechtzeitig die Dinge, die man praktisch nicht mehr brauchte, zur Seite tat. So hat er in seinem von einem vorher hochgelegenen Platz jetzt in die Nähe der Ortsmitte verlegten Futterstadel eine Vielzahl an Gerätschaften und früheren Arbeitsgeräten, die sich schön ausstellen lassen. Kaum zu glauben ist die Bandbreite der vormals zur Arbeit benötigten und nunmehr für einen musealen Dienst dienlichen Sachen. Ein Museum wäre es auch, das dem Fritznbauer vorschwebt. Mit der Gemeinde wurde dieses Thema schon mal vor einigen Jahren wohlwollend angegangen, aber inzwischen mahlen die kommunalen Mühlen dem Bauern zu langsam. Hans Kloo vermutet, dass die erforderlichen Ausbauarbeiten des Stadels mit Wasser und Strom gescheut werden, obgleich die Kosten nicht zu hoch wären. Viele weiteren Arbeitsdienste könnte sich Kloo auf ehrenamtlicher Basis vorstellen. Ob Historischer Verein, Gebirgsschützen oder Trachtenverein, alle Gruppierungen im Ort wären aufgerufen, für den Erhalt von heimatlichem und bäuerlichem Wissen einen Beitrag zu leisten. Gar vielfältig erläutert der Fritznbauer die jetzt schon im Stadel befindlichen Erinnerungsstücke. Es sind dies unter anderem: Daxnschneider, Schindlmesser, Sensen, Rechen, Heugabeln, Kumpf (für Wetzsteine), Sicheln, Dreschflegel (mit und ohne Lederriemen), Heu-Netze (wegen der oftmals schwierigen Berglage), Bergschlitten, Odel-Schöpfer, Heuwagen, Gsed-Bank zum Heuschneiden (aus der Zeit der Inn-Schiffahrt, als kurz-geschnittenes Heu den Rössern gegeben wurde und diese damit schneller gefüttert werden konnten), Windmühle zum Getreidsortieren und –Reinigen (später auch genutzt zum Heublumen-Ausblasen und Staubentfernen), Zugsäge zum Trennen von Balken, Butterfaßl, Holzrohre, Bienenkörbe, Vollholz-Schubkarren mit Holzradl, Bretter-Hobel mit Gaster-Bank (Gastern entspricht Zusammenfügen), Pflüge, Odlfaßl, Misttruhe, Heinzelbank zum Schnitzen, Kälbermaschine (Geburtshelfer) und weitere Gerätschaften. Zu diesen gehören Namen, die heute kaum noch bekannt sind, wie zum Beispiel: Aggeregge, Zugscheid, Ochsenkummet, Heuhiefel, Kälbersechter, Raithaken (zum Schneiden von verwilderten großen Sträuchern), Schlegelhack, Sapie Stangelschapfn oder Kuhbarren. Dies alles befindet sich in der Parterre-Ebene. Im unteren Raum des Stalles beherbergte im Winter das Jungvieh. Der von diesem angefallene Mist wärmte zum Teil so, dass die Raumtemperatur höher war und das Tränkwasser nicht einfror. Alle sechs bis acht Wochen wurde ausgemistet. Noch heute ist ein großer Trog mit Wasserdurchlauf  zu sehen. Angefangen ist eine Darstellung mit Geräten zur Käseherstellung und Milchherstellung wie sie früher war.

Gemeinde Oberaudorf seit fünf Jahren Besitzer des Futterstalles

Seit fünf Jahren ist die Gemeinde Oberaudorf im Besitz des im guten Bauzustand befindlichen Futterstalles, der vormals dem Lengauerbauern gehörte. Die Bergbauernhöfe waren alle dreiteilig: der Bauernhof, die Alm, auf der das ganze Vieh im Sommer war und der Futterstadel. Im Herbst kamen die Kühe und Kälber zurück zum Hof, das Jungvieh aber kam zu den Futterstadeln.

Die Ausstattungspläne und Überlegungen, aus dem Stall ein lebendiges Museum zu machen, brauchen allerdings Unterstützung. Hans Kloo hat noch mehr Geräte. „Aber wenn´s keiner anschaut oder anschauen kann, dann brauche ich sie auch nicht reintun. Bereits jetzt besteht eine umfangreiche Inventarliste. Nach den Vorstellungen von Hans Kloo wäre es denkbar, dass sich ein kleiner Arbeitskreis mit einer Handvoll Ehrenamtlicher in guter Abstimmung mit der Gemeinde um die Fortentwicklung des Stalles bemüht. Vorstellbar wäre für Hans Kloo auch, dass er für Führungen zur Verfügung steht. Diese Form der Wissensvermittlung macht er bereits für seine alte Schnapsbrennerei auf dem Hof. Ausserdem hat der rührige Bauer vor einigen Jahren eine umfangreiche Text- und Bilddokumentation zum Thema „Vom Flachs zum Leinen“ in Verbindung mit der Brechstube von Zimmerau gefertigt. Diese Zusammenstellung ist im übrigen beim Fritznbauer Hans Kloo in Oberaudorf, Telefon 08033-2276 erhältlich. Gerne gibt der Bauer auch Auskünfte über seine Pläne zur Verwirklichung eines kleinen bäuerlichen Museums im Futterstall von Oberaudorf.

Anton Hötzelsperger

Fotos/Repros: Hötzelsperger

 

 

 

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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