Tourismus

Zum Aprilstart: Aschauer bauen für Wolfs-Beobachtungen

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

Der Wolf kehrt nach vielen Jahrzehnten wieder heim nach Aschau. Sieben Jungwölfe, die im vergangenen Jahr auf dem Truppenübungsplatz Grafenwöhr geboren wurden, wurden dort eingefangen. Die Wolfsdichte ist dort mittlerweile zu hoch, wie der Wolfsbeauftragte im Bundesforstamt Grafenwöhr erklärte; bevor sie geschossen werden, sollen sie lieber in ein gut geeignetes wolfsfreies Revier in Oberbayern umgesiedelt werden. Das weitgehend ungenutzte Naturschutzgebiet Geigelstein zwischen Aschau und Schleching bot sich nach Meinung des Bayerischen Staatsministeriums für Landwirtschaft und Forsten dafür geradezu an.

„Wir haben hier ein weiträumiges Gebiet, das vom Menschen ungenutzt ist und auch einer größeren Wolfspopulation alle Lebensmöglichkeiten bietet“, so der leitende Lupologe Sebastian Vogel von der LMU München. Am Mittwoch, 1. April gegen 13 Uhr treffen die sieben Neu-Aschauer in Begleitung des Bürgermeisters von Grafenwöhr im Festhallengelände ein, die Bevölkerung ist dazu ganz herzlich eingeladen, für Freibier und Brotzeit ist gesorgt. Im Anschluss an dieses erste Beschnuppern werden die Wölfe von der Bergwacht über die Priener Hütte auf die Rossalm gebracht und dort freigelassen.Die Gemeinde Aschau ist als Bergsteigerdorf von dieser erneuten Bereicherung der heimischen Natur begeistert: „Wir haben die Baumaßnahmen im Kampenwandgebiet erweitert und im Zuge der Kanalisation auch gleich die Fundamente für den wolfsicheren Zaun eingebaut. Mit künstlichen Höhlen im Bereich der Steinling- und der Sonnenalm haben wir Plätze geschaffen, an denen die Wölfe ihre Jungen aufziehen können und zugleich von den Touristen bei der Welpenaufzucht beobachtet werden können“. Dieser Zaun soll die Wölfe vor menschlichen Übergriffen aus dem Norden schützen, nach Süden ist die Umzäunung offen, damit ein ungestörter Austausch mit den Wölfen in Tirol und Norditalien stattfinden kann.

Die Almbauernvereinigung stand der Ansiedlung der jungen Wölfe zunächst skeptisch gegenüber. Der Wolfsbeauftragte im Landratsamt versicherte den betroffenen Bauern jedoch glaubhaft, dass Wölfe keine Gefahr für Rinder auf den Almen darstellen. Kalbinnen seien als Beutetiere für Wölfe einfach zu groß und zu wehrhaft, daher würden sie auch in Ruhe gelassen. Da im gesamten Geigelsteingebiet keine Geißlein oder Schafe als mögliche Beutetiere vorhanden sind, werden sich die Neuansiedler hauptsächlich von Wild, Beeren und Kräutern ernähren. Wölfe sind ein Zeiger für intakte Naturlandschaften. Sie sind sehr anpassungsfähig und können sich auch im Hochgebirge ernähren, wie Beispiele aus den Abruzzen zeigen. Die Almweidegebiete sind durch Menschenhand entstandene künstliche Landschaften. Durch die extensive Beweidung werden sie nicht ausreichend genutzt. Durch einen Rückgang der Beweidung würde die ausufernde Artenvielfalt eingeschränkt und die Fichten und Föhren könnten dort wieder ungestört wachsen. „Das muss uns der Wolf schon wert sein“.

Die Jägervereinigung Rosenheim sieht keine ernsthafte Konkurrenz: „dort oben auf dem Geigelstein gibt es so viele mögliche Beutetiere für die Wölfe, die paar Stück Wild werden uns nicht fehlen. Vielleicht kann durch das Wolfsrudel das Problem der zunehmenden Murmeltier- und Biberpopulation im Naturschutzgebiet etwas eingeschränkt werden“. Die Tourist Info Aschau ist begeistert von dieser Idee: nach allen Preisen und Auszeichnungen der letzten Jahre werde Aschau nun zum ersten Wolfsdorf in Oberbayern. „Wir stellen uns vor, dass das Rudel viele Naturfreunde anzieht, die von ausgewählten Beobachtungspunkten aus das Verhalten der Wölfe in der freien Wildbahn beobachten werden“. Zugleich können dadurch die Besucherströme in den Bergen und im Naturschutzgebiet kanalisiert werden. Die Leute werden von erfahrenen Rangern der Bergwacht von der neu gebauten Bergstation der Kampenwandbahn zu den Übersichtspunkten geführt oder mit dem Frischluftbus hingebracht. Damit entfallen die vielen Einzelwegerl und Trampelpfade der Bergwanderer im Naturschutzgebiet. Erste Überlegungen, die neue Attraktion in das Bankerlwegenetz einzuarbeiten, werden weiter verfolgt. Wildlebende Wölfe stellen keine Gefahr für den Menschen dar, lediglich Hunde können bei Bergwanderungen betroffen sein: „Wir appellieren an alle Hundehalter ihre Lieblinge ganz dicht an der Leine zu halten, wenn der erste Hund von der Leine geholt wird, haben wir möglicherweise ein Problem, denn Wölfe sind schlau und merken sich diese günstige Essenlieferung“, so der Projektleiter und Lupologe Sebastian Vogel.

Bericht und Fotos: Heinrich Rehberg / Wolf-Fotos: Nationalpark Bayerischer Wald

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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