Leitartikel

Volksmusikpfleger Ernst Schusser geht in den Ruhestand

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

Ernst Schusser hat sein Leben der Volksmusik gewidmet. Ihr gehört seine Leidenschaft und sein unermüdliches Engagement. Dabei wird er seit vielen Jahrzehnten von seiner Familie und von ehrenamtlichen Mitgliedern des Fördervereins für das Volksmusikarchiv unterstützt. Ende Oktober gibt er nun seine Aufgaben als Volksmusikpfleger weiter.

Angefangen hatte alles mit dem Sammeln und Dokumentieren der Volksmusik in Oberbayern während seines Studiums zum Volksschullehrer. Beim Auf- und Ausbau des Volksmusikarchivs des Bezirks Oberbayern leistete Ernst Schusser Pionierarbeit. Die Initiative ging vom damaligen Bezirksvolksmusikpfleger Wastl Fanderl (1915-1991) aus. Im Jahr 1985 wurde das Volksmusikarchiv gegründet und die Sammlung von Ernst Schusser übernommen. Ziel war es, die Volksmusikpflege auf eine breitere Basis zu stellen und einen Ort für die Sicherung und Aufbewahrung der wertvollen, vornehmlich in Privatbesitz befindlichen Dokumente der regionalen Musikkultur in Oberbayern zu schaffen. Sie wurden damit dem Vergessen und dem Verlust entrissen.

Im Dezember 1986 trat Ernst Schusser im neu gegründeten Volksmusikarchiv seinen Dienst an. Inzwischen hatte er sein Studium an der Ludwig-Maximilians-Universität München in den Fächern Didaktik der Geschichte, Bayerische Geschichte sowie Deutsche und Vergleichende Volkskunde beendet. Damals war Wolfgang Scheck (1943-1996) bereits seit vier Jahren Wastl Fanderl als Bezirksvolksmusikpfleger nachgefolgt. Nach seinem frühen Tod im Jahr 1996 wurden die Fachberatung Volksmusikpflege und die Fachberatung Volksmusikarchiv unter die einheitliche Leitung von Ernst Schusser gestellt. Seit 1999 befindet sich die renommierte Volksmusikfachberatung des Bezirks Oberbayern im Gebäude des ehemaligen Krankenhauses von Bruckmühl.

Das Volksmusikarchiv in Bruckmühl ist seither ein Synonym für das Miteinander von praktischer Volksmusikpflege und Dokumentation der regionalen Musikkultur. Viele der einzigartigen Materialien vom Kiem Pauli, von Wastl Fanderl und Annette Thoma werden dort aufbewahrt – ebenso wie eine historische Schellack-Plattensammlung, Lied- und Musikhandschriften, alte Notendrucke, Aufzeichnungen aus mündlicher Überlieferung und eine umfangreiche Sammlung von Instrumenten. Auf der Grundlage der reichhaltigen eigenen Originalbestände unterstützen Ernst Schusser und sein Team seither Sänger, Musikanten und Volksmusikfreude bei der Suche nach Noten. Das Augenmerk liegt auf dem eigenen musikalischen Tun und Erleben. Das Aufbereiten und Bereitstellen traditioneller Volksmusik für den heutigen Gebrauch gehören ebenso zu Ernst Schussers Verdiensten wie die wissenschaftliche Auswertung aktueller Themen.

Ein besonderes Anliegen von Ernst Schusser ist, die Volksmusikarbeit des Bezirks Oberbayern aktiv in die Gesellschaft hinein zu tragen und Überlegungen und Impulse aus der interessierten Bevölkerung zeitnah aufzugreifen. Sein Markenzeichen ist es, zusammen mit Eva Bruckner in ganz Oberbayern Volksmusik unter die Leute zu bringen: auf Straßen und Plätzen, in Wirtshäusern, Biergärten und an anderen Orten, wo Menschen zusammenkommen. Ernst Schusser spielt Akkordeon und Eva Bruckner begleitet ihn mit der Gitarre. Zum Repertoire gehören Balladen und Moritaten genauso wie deutschsprachige Volkslieder und religiöse Lieder. Überaus beliebt ist auch die Initiative „Weihnachtslieder Selber Singen“.

Mit dem Erwerb des Gebäudekomplexes am Krankenhausweg in Bruckmühl im Jahr 2017 ging die Planung einer Generalsanierung und Neuausrichtung des Volksmusikarchivs und der Volksmusikpflege einher. In den nächsten Jahren wird sich viel verändern. Aber Tradition und Veränderung sind kein Widerspruch. Die regionale Musikkultur entwickelt sich stetig weiter. Und gerade das war Ernst Schusser immer besonders wichtig.

Bezirkstagspräsident Josef Mederer hatte Ernst Schussers Tätigkeit als Leiter des Volksmusikarchivs und der Volksmusikpflege des Bezirks Oberbayern über den gesetzlichen Ruhestand hinaus um ein Jahr bis Ende Oktober 2020 verlängert. Nun ist es so weit. Wir bedanken uns herzlich für seinen unermüdlichen Einsatz in den vergangenen 34 Jahren und wünschen ihm für die Zukunft alles Gute, Gesundheit und viel Freude an den Möglichkeiten und Aktivitäten des neuen Lebensabschnitts. (Elisabeth Tworek)

Bericht: Elisabeth Tworek   – Foto: Bezirk Oberbayern / Archiv BHM Amerang

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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