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Versammlung der Forstberechtigten im Chiemgau

Veröffentlicht von Toni Hötzelsperger

Möglicherweise die letzte Jahresversammlung des Verbandes der Forstberechtigten im Chiemgau mit Landrat Siegfried Walch als erstem Vorsitzenden war mit über 200 Besuchern im Hotel Zur Post wieder sehr gut besucht. Der Verband zählt über Jahrzehnte gleich bleibend etwa 800 Mitglieder, davon rund 550 aus dem Landkreis Traunstein, 250 aus dem Berchtesgadener Land und einige aus anderen Landkreisen. Die jeweiligen Rechte sind nicht an Personen gekoppelt, sondern liegen auf dem jeweiligen Hof, der vererbt wird.

Der Zusammenhalt und das gute Miteinander der Almbauern und Waldbesitzer mache das ganze Jahr über viel Spaß, denn „auf die Bauern ist allweil Verlass“ stellte Landrat Siegfried Walch bei der Eröffnung der Versammlung fest. Der Verband kämpfe für die besonderen Interessen der Landwirtschaft und vertrete ihre Belange, damit sie auch in Zukunft bewahrt werden. Im Gedenken an den im letzten Jahr verstorbenen Gründer des Verbandes der Forstberechtigten im Chiemgau, Leonhard Schmucker, hob der Landrat dessen unermüdlichen Einsatz für die Landwirte und die Anliegen der Forstberechtigten hervor. Schmucker hatte den Verband auch mit Hilfe des legendären Hutzenauer, dem damaligen Landtagsabgeordneten Georg Eisenberger 1952 gegründet, da die seit Jahrhunderten, teils noch aus dem Mittelalter bestehenden Forstrechte immer wieder gefährdet sind, weil der Staat versucht, sie aufzulösen. Deshalb siedelte Schmucker die Geschäftsstelle im Landratsamt mit dem jeweils amtierenden Landrat als erstem Vorsitzenden an.

Immaterielles Kulturerbe und Wolf

Der Verband sei in seinem Bemühen, dass die Art und Weise des Wirtschaftens im Bergwald in das bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes (IKE) aufgenommen wird, ein gutes Stück weiter gekommen, so der erste Vorsitzende. Die Alm- und Alpwirtschaftwirtschaft in Oberbayern und den Alpenlandkreisen sei ein wertvoller Teil unserer Kulturlandschaft, betonte der Landrat, so dass die Bedingungen für traditionelle und zeitgemäße Bewirtschaftung sowohl auf Berechtigungs- als auch Eigentumsalmen gesichert werden müssten. Um diese Wertschätzung der Wirtschaftsweise der Landwirte im öffentlichen Bewusstsein zu fördern, aber auch um die Identität und den Zusammenhalt der Region zu erhalten, müsse der kulturelle Nutzen dieser Wirtschaftsweise definiert, erhalten und geschützt werden. Das bedeute nicht, dass das materielle Eigentum oder der Besitz beim IKE aufgeführt würden, sondern Wissen, Traditionen, Bräuche und Handwerkskünste, die von Generation zu Generation weitergegeben und neu gestaltet werden. „Damit haben wir ein Instrument mehr in der Hand, um uns auch gegen die Bedrohungen durch Große Beutegreifer wie Wolf und Bär zu schützen“. Siegi Walch plädierte vehement dafür, dass „der Wolf ins Bundesjagdrecht“ aufgenommen werden müsse, nicht nur ins Landesjagdrecht. „Jetzt sind wir an dem Punkt, wo das realistisch ist“, so Walch.

Dann eröffnete er der Versammlung die inzwischen weit verbreitete Nachricht, dass er sich bereit erklärt habe, als neuer Bundestagsabgeordneter zu kandidieren. Es sei eine schwere Gewissensentscheidung gewesen, denn er sei kein „Stoderer“ (Städter), er liebe seine Heimat und seine Aufgaben als Landrat, die er nun seit 11 Jahren erfüllt. Aber er sei auch überzeugt davon, das Land habe sich in eine völlig falsche Richtung entwickelt, denn „in Deutschland bestraft man Leistung, Arbeit und Engagement und belohnt Nichtstun und Ausruhen in der sozialen Hängematte“. Von vielen sei er überzeugt worden, dass wer A auch B sagen müsse – daher die Kandidatur.

Im folgenden Grußwort sagte auch Ruhpoldings Bürgermeister Justus Pfeifer, dass die Almbauern und Forstberechtigten Jahrhunderte lang die Kulturlandschaft geprägt hätten, die Grundlage für den auch in Ruhpolding florierenden Tourismus. Der Bund Naturschutz sei dagegen erst 1975 gegründet worden.

Hohes Lob zollten der erste Vorsitzende und mehrere Redner wieder der Geschäftsführerin und stellvertretenden Vorsitzenden des Verbandes, Maria Stöberl, die sich das ganze Jahr über um die Belange der Forstberechtigten engagiert kümmert. Das wurde auch in ihrem Jahresbericht deutlich, der schriftlich für alle Teilnehmer auslag. Ihr größter Dank sei es immer, wenn die jährliche Versammlung der Forstberechtigten so gut besucht sei. Eindringlich forderte sie die Anwesenden auf, bei Problemen mit Forst, Holz- und Weiderechten nicht abzuwarten, sondern sich gleich bei ihr telefonisch zu melden. Probleme könnten im Vorfeld oft rechtzeitig und gütlich gelöst werden. Die Abgabe von Rechtholz verjährt nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch nach drei Jahren. Danach können sie vom Verpflichteten, den Bayerischen Staatsforsten, verweigert werden, wovon die Staatsforsten inzwischen verstärkt Gebrauch machen, erklärte die Geschäftsführerin. Wenn die Rechtsholzbezüge wegen eines größeren Bauvorhabens angespart werden sollten, sei das dringend vorher zu vereinbaren. Ebenfalls müsse ein Aufschub aus Krankheitsgründen rechtzeitig mit den Staatsforsten vereinbart werden. Es sei „ewig schad“, wenn die Rechtsholzbezüge verfallen würden.

Geregelte Finanzlage

Der Kassenbericht von Ludwig Böddecker zeigte, dass der Verband finanziell gesichert dasteht und auch mögliche Rechtsstreitigkeiten durchstehen kann. Die Kasse geprüft hatten Johann Meier und Sepp Zeller, der den Prüfbericht vortrug, so dass die Vorstandschaft einstimmig entlastet wurde. Einstimmig fiel auch der Beschluss, die Mitgliedsbeiträge, die seit 2001 unverändert sind, nicht zu erhöhen. Ebenso wurde ohne Gegenstimme beschlossen, keinen eigenen Haushaltsplan aufzustellen. Damit  ermächtigen die Mitglieder die Vorstandschaft, die Mittel den Verbandszwecken entsprechend zu verwenden. Maria Stöberl verwies allerdings darauf, dass in den nächsten Jahren mal eine geringfügige Beitragsanpassung fällig sei.

Klimawald – Waldumbau im Staatswald

Unterlegt mit vielen Lichtbildern referierte der Leiter des Forstbetriebs Ruhpolding (86 Forstmitarbeiter), Joachim Keßler, zum Thema „Holznutzung –Klimawandel –Waldumbau im Staatswald“. Er zeigte, wie man versuche den Wald, angesichts des fortschreitenden Klimawandels, resistent und klimaangepasst zu machen. Nachweislich sei die Vegetation „vorverlegt“. Gegenüber von vor 10 Jahren sei die Temperatur um 1,9 Grad gestiegen. Das bedeute mehr Verdunstung, so dass auch der Wasserhaushalt beeinflusst werde. 2024 hätten im April schon sommerliche Temperaturen geherrscht, der Mai dagegen sei sehr nass gewesen. Hohe Temperaturen bedeuten viel Trockenheit, Waldbrandgefahr und die Ausbreitung des Borkenkäfers, so Keßler, andererseits gebe es höhere Niederschlagsmengen, was zum Beispiel Schneebruchereignisse und heftige Sommergewitter bedeute. Auch starke Stürme häufen sich, so dass reihenweise zu trockene Bäume umgerissen würden. 2024 seien über eine Million Euro allein für die Käferbekämpfung ausgegeben worden. Für immer größere Waldflächen sei daher eine aktive Forstwirtschaft notwendig, damit die Wälder vielfältig gemischt, artenreich, gepflegt, vital und stabil, dazu strukturreich und altersdifferenziert würden. All das koste nicht nur viel Geld, sondern brauche auch eine steigende Zahl an Mitarbeitern.

Zum Dank für das Referat überreichten Maria Stöberl und Siegfried Walch Keßler das Buch „Der Volkstribun mit dem Gamsbart“- Hutzenauer Geschichten über den Ruhpoldinger Landtagsabgeordneten Georg Eisenberger.

Hauptalmbegehung in Ruhpolding 

Bei der Aussprache wünschten viele Redner Landrat Siegi Walch viel Glück für seine weitere politische Karriere und freuten sich auf dessen Unterstützung für die Belange der Forstberechtigten und Almbauern in Berlin. „Wir Almbauern stehen voll hinter dir“, sagte Bezirksalmbauer Ludwig Böddecker, Sulzner von Ruhpolding. Er wies auf die Hauptalmbegehung und den Almbauerntag hin, die heuer im August in Ruhpolding stattfinden werden.

Andreas Aigner, Naderbauer von Marquartstein, Piesenhausen, der eine 43 Hektar große Almfläche bewirtschaftet, forderte die Versammlung eindringlich auf, im Falle einer Aufgabe der Landwirtschaft ihre Holz- und Forstrechte an Kollegen zu veräußern und sie keinesfalls an den Staat zurückzugeben. Denn dann gäbe es immer weniger Rechte. Er betonte auch, wie wichtig das Wegerecht sei, damit die Materialtransportwege zu den Almen klappten, aber auch von Bergwacht und Feuerwehr stets befahrbar seien. Außerdem sprach er sich dafür aus, dass der Vergrößerung von Almkasern von Seiten der Bürokratie nicht so viele Steine in den Weg gelegt würden, denn „die Almen sind kein Museum“ und auch da ziehe die Neuzeit ein. Der Vorsitzende, der zum Parteitag nach Nürnberg musste, verließ die Versammlung woraufhin nach dem offiziellen Teil die vier Buam der Fuschbach Musi unter Leitung von Johannes Miller aufspielten und es noch lange kein Ende der Diskussionen gab.

Bericht und Fotos: Christiane Giesen

Zu „Holznutzung – Klimawald –Waldumbau im Staatswald“ informierte bei der Versammlung der Forstberechtigten im Chiemgau der Leiter des Forstbetriebs Ruhpolding, Joachim Keßler.

Joachim Keßler, Leiter des Forstbetriebs Ruhpolding, die Geschäftsführerin des Verbandes der Forstberechtigten Maria Stöberl und der erste Vorsitzende, Landrat Siegfried Walch.  

Blick in den Saal     –   auf die Vorstandschaft 



Redaktion

Toni Hötzelsperger

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