Natur & Umwelt

Tittmoning:  Wertvolle Lebensräume

Veröffentlicht von Toni Hötzelsperger

Wahre Blühparadiese sind viele Hochwasserschutz-Deiche im Amtsbereich des Traunsteiner Wasserwirtschaftsamtes. Besondere Pflanzen und seltene Tierarten finden auf den Deichen wertvolle Lebensräume. Allerdings wächst dort oft auch das schnell wachsende Einjährige Berufkraut, das heimische Pflanzen gerne verdrängt. Wie sich das lästige Kraut aus Nordamerika in Schach halten lässt und wie ein durchdachtes Mähkonzept die positive Entwicklung einer Deichwiese fördert, lässt sich am Hainacher Deich beobachten, südlich von Tittmoning.

Einjähriges Berufkraut gefährdet heimische Pflanzen

Der Deich liegt im Flora-Fauna-Habitat-Gebiet (FFH-Gebiet) „Salzach/Unterer Inn“. Seine Lebensräume gelten daher als schützenswert. Und in der Tat leben auf dem Hainacher Deich besondere Pflanzen und Tiere: Der Kreuzenzian lässt sich ebenso finden wie der Argusbläuling, eine eher seltene Schmetterlingsart. Allerdings wächst auf dem Deich eben auch das Einjährige Berufkraut. Ein invasiver Neophyt, dessen Eigenheit es ist heimische Pflanzen zu verdrängen. Die Pflanze wird zwischen 50 und 100 Zentimeter hoch, ihre Wurzeln können sich bis zu einem Meter tief ins Erdreich graben. Sie ist sehr verbreitungsfreudig, daher lässt sie sich nur schwer ausrotten.

Zweimal im Jahr wird gemäht

Um einer solchen Entwicklung zu vorzubeugen, lässt das Wasserwirtschaftsamt den Deich seit dem vergangenen Jahr zweimal pro Jahr mähen. Einmal schon sehr früh im Jahr, im Mai, noch ehe das Einjährige Berufkraut zu blühen beginnt und Samen bildet. Ein zweites Mal dann im Herbst. In diesem Vorgehen hatten sich die beiden Landespflegerinnen am Amt, Andrea Rimböck und Katharina Beck, eng abgestimmt mit der Höheren Naturschutzbehörde ebenso wie mit der Unteren Naturschutzbehörde. Ein Monitoring, so war vereinbart worden, soll die Umsetzung bis Ende 2026 begleiten. Auf diese Weise lassen sich die Auswirkungen der zweimaligen Mahd überprüfen.

Besondere Pflanzen- und Tierarten bleiben erhalten

Eine erste Auswertung durch die beauftragte Diplom-Biologin Johanna Stegherr sowie den ebenfalls beauftragten Diplom-Biologen Markus Sichler vom Büro für Landschaftsökologie belegt bereits Erfolge: Das Berufkraut geht offensichtlich etwas zurück und die Artenvielfalt auf der Deichwiese bleibt erhalten. Neben Kreuzenzian und Argusbläuling haben sich am Hainacher Deich außerdem Leguminosen-Weißlinge, eine Gruppe von Schmetterlingsarten, angesiedelt. Beste Bedingungen fände auch der Wiesenknopf-Ameisenbläuling. Diese Schmetterlingsart braucht als Nahrungsgrundlage eine Pflanze mit ganz ähnlichem Namen: den Großen Wiesenknopf. Die Biologen hoffen auf eine positive Entwicklung in den kommenden Jahren.

Natur- und Artenschutz im Einklang mit dem Hochwasserschutz

Nicht nur am Hainacher Deich setzt das Wasserwirtschaftsamt Traunstein auf ausgeklügelte Mähkonzepte. Seit Langem kümmert sich die Behörde darum, den Blühreichtum auf seinen Deichen zu erhalten, zu fördern und mit den Anforderungen des technischen Hochwasserschutzes in Einklang zu bringen. Wichtig dabei ist es den Belangen des Natur- und Artenschutzes möglichst gerecht zu werden. Die Deiche werden auf der Wasserseite zweimal im Jahr gemäht, um der Kraft eines Hochwassers eine stabile und geschlossene Grasnarbe entgegen zu setzen. Das Gras darf auf der Wasserseite nicht zu hochstehen, da sich im Falle eines Hochwassers Feinteile, etwa Äste und Laub, auf ihm ablagern könnten. Auf der Landseite besteht mehr Spielraum: Sie wird, je nach Bewuchs und unter Berücksichtigung von Artenschutzbelangen, ein- bis zweimal jährlich gemäht, frühestens ab Mitte Juni. Mit dieser Frühsommermahd werden dem Boden Nährstoffe entzogen: Ein positiver Effekt, der den Blühreichtum fördert.

Neben der Wahl des richtigen Zeitpunkts und der Mähhäufigkeit spielt die Wahl der Mähgeräte eine wichtige Rolle: Sie sollen Pflanzen und Tieren so wenig wie möglich schaden. Zum Einsatz kommen daher weder Kreiselmäher noch Schlegelmäher oder ähnliche Geräte. Stattdessen nutzen die Arbeiter Balkenmäher. Auch die Form des Mähens wird den beauftragten Firmen streng vorgeben: Das ist die für Insekten und Kleintiere verträglichste Art des motorisierten Mähens. Das Mähgut bleibt vor der Abfuhr in der Regel bis zu drei Tage liegen, damit die Tiere aus dem Schnittgut herauskrabbeln können.

Bericht und Bilder: WWA Traunstein / Markus Sichler 

Kreuzenzian: Der Kreuzenzian wächst von Juni bis September auf dem Hainacher Deich bei Tittmoning. Foto: Markus Sichler

Großer Wiesenknopf: Auf dem Hainacher Deich bei Tittmoning findet sich auch der Große Wiesenknopf. Der Wiesenknopf-Ameisenbläuling ist bisher noch nicht gesehen worden. Diese besondere Schmetterlingsart braucht den Großen Wiesenknopf als Nahrungsgrundlage.

Biene auf Acker-Witwenblume: Für Insekten ist der Hainacher Deich bei Tittmoning ein Paradies. Das Bild zeigt eine Biene auf einer Acker-Witwenblume.

 

 


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Toni Hötzelsperger

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