Gesundheit & Corona

Tirol: Wie dem Winter trotzen? – Corona-Tagebuch

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

Von Karl Stankiewitz –  „Winter is coming“ stand auf einer Tasse, die Bayerns Regierungs- und CSU-Chef auf einem -Parteitag den Kameras präsentierte. Derweil warnte der deutsche Gesundheitsminister radikal und ausnahmslos vor Auslandsreisen in den Herbst- und Winterferien. Und unsere oberste Krisenmanagerin nannte das, was auf uns alle zukommt, in ihrer einfachen, aber eindringlichen Sprache „eine schwierige Zeit“. Grippezeit, Virenzeit, Coronazeit nächste Folge. Und höchste Zeit, sich neuen Herausforderungen zu stellen.

Tatsächlich haben sich Politiker, Planer und Geschäftemacher längst auf einen Winter des Missvergnügens vorbereitet. Markus Söder zum Beispiel rückte, als die Sonne noch glühte, die Weihnachtsmärkte mit ihren allzeit umlagerten Glühwein-Standln ins Visier..Einfach ausfallen lassen wie dieses Weltvolksfest in München? Auf keinen Fall, beharren Betreiber und Behörden uni solo. und die Traditionsträger sowieso. Söder, dessen Heimatstadt ja die Mutter aller Christkindlsmärkte beherbergt, weiß schon mal einen Ausweg: Laufstege. Der Vorschlag soll wohl dem Gegeneinanderlaufen von Menschenmassen durch Einbahnen vorbeugen. wie es auch andernorts geschieht.

Indessen überlegen die Gastwirte, die nach wie vor zu den Hauptkrisenopfern gehören, wie sie dem drohenden Schlamassel ein weiteres Mal entkommen können. Immerhin haben sie mit behördlich geduldeten Freischankflächen und der gut organisierten, soeben beendeten „Wirtshaus Wiesn“ die Saison in den warmen Wochen noch halbwegs gerettet. Für die kältere Jahreszeit können die Gastronomen zwar das Merkel-Motto „Wir schaffen das“ noch kaumt bestätigen,

Keine schlechte Idee ist, die auf Parkplätzen usurpierten „Schani-Gärten“ in angewärmtem Zustand weiter zu betreiben. Dies soll nun durch Heizpilze und vielleicht auch Überdachung geschehen. Das ist teuer und alles andere als ein Beitrag zum Energiesparen. Trotzdem haben,fast alle Fraktionen des Stadtrats eine solche Hilfsaktion befristet gebilligt. Auch wenn die Grüne Gudrun Lux eine Beheizung der Stadtluft durch Ökostrom „noch uncool“ fand. Das Verbrennen von Holzkohle erzielt hier leider nicht den gleichen Effekt wie bei gebrannten Mandeln oder heißen Maroni, was so manche Weihnachtsbuden wärmt.

Auch die an Wachstum gewöhnte Touristikbranche hat für eine halbwegs gute Wintererholung gerüstet. Die Kataloge des Münchner Veranstalters Studiosus ist um gut die Hälfte geschrumpft, viele beliebte Ziele wurden gestrichen. Bayern darf hoffen. Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger, der auch für Fremdenverkehr zuständig ist, verbreitete mit in seiner einfachen, aber eigenwilligen Sprache wieder mal Optimismus: „Wintersport ist in diesem Jahr auf jeden Fall verantwortbar.“. Die Nase vorn hat aber wieder mal Europas führendes Winterurlaubsland Österreich, speziell unser Nachbar Tirol.

In der U-Bahn-Station empfängt mich ein Riesenplakat mit der frechen Frage: „Wir sind bereit. Und du?“ Gemeint ist der Saisonstart eines Gletscherskigebiets. Die Werbung kommt aus jenem Land, das ein europäischer Startplatz der Seuche war. Zugegeben, es war nicht in Hintertux passiert, sondern beim Après-Ski in Ischgl, dessen Ruf als wintertouristischen Hotspot ich selbst als Reisejournalist gefördert hatte.Weihnachten 1978 etwa mit einer Reportage über diese neue „europäische Attraktion.“ Später habe ich den Ski-Wahn meines immer noch liebsten Alpenlandes eherkritisch beleuchtet, mit Schlagzeilen wie „Tirol treibt’s immer toller“ oder „Ganz Tirol ein Skizirkus“.

Publicity dieser Art gefällt den Verantwortlichen jetzt überhaupt nicht mehr. Dass die Berliner Institutionen das Bundesland Tirol komplett als Corona-Risikogebiet eingestuft haben, beklagte Landeshauptmann Günther Platter als „schweren Schlag für unseren Wirtschaftsstandort, unseren Arbeitsmarkt und ganz Tirol”. Stimmt wohl auch: 52 Prozent aller Übernachtungen in Tiril entfallen auf deutsche Gäste.. „Unfair“ nannte der Tourismusverband Ischgl den bayerischen Landeschef, Er ziehe das Dorf bei jeder Gelegenheit zu Vergleichen heran (zuletzt mit Budapest). Deshalb wurde Herr Söder zu einem persönlichen Vergleich eingeladen. Après-Ski alter Art würde ihm, falls er denn käme, wohl kaum geboten.

Bericht: Karl Stankiewitz

Grafik: Tirol-Werbung

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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