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Stephanskirchen: Otfried Preußler – Ein Herz für Kinder

Manche Dinge gehören einfach zusammen, obwohl es am Anfang nicht danach aussieht. Oder anders gesagt: Hätte dem jungen Otfried aus Nordböhmen in den 1930er Jahren jemand gesagt, dass er später mal seine Zelte im oberbayrischen Stephanskirchen aufschlagen wird, hätte der wohl ungläubig geschaut und dezent den Kopf geschüttelt. Doch dann kamen der zweite Weltkrieg und die Liebe.

Ersteres war eine schlimme, entbehrungsreiche Zeit für Otfried Preußler, der fünf Jahre in sowjetischer Kriegsgefangenschaft leiden musste. Und das Zweite war dann doch noch eine Geschichte mit Happy End. Preußler fand seine vertriebene Familie und Annelies Kind, seine Braut aus seinem Geburtsort Reichenberg, wieder. Ausgerechnet in Rosenheim.

Und da heiratete und blieb das Paar. Besser gesagt im Stephanskirchener Ortsteil Haidholzen, im Rübezahlweg. Otfried Preußler war damals 26 Jahre alt, studierte für das Lehramt und startete dann als Lehrer an der Volksschule in Stephanskirchen. Da es während des Studiums immer finanziell eng war, arbeitete er nebenbei noch als Lokalreporter und begann, für den Kinderfunk Geschichten zu schreiben.

Die kamen sowohl in der Redaktion als auch bei den Kindern bestens an und so wurde schon in Preußlers jungen Jahren der Grundstein gelegt für seinen Erfolg als Kinderbuchautor. Den Feinschliff in dieser Hinsicht bekam er, wie er selbst sagte, dann durch seinen Lehrerberuf. Denn: „Was ich von meinen Schulkindern, was ich von Kindern überhaupt lernen konnte, soweit es Geschichten für Kinder betrifft, das glaube ich während meiner Lehrerjahre gelernt zu haben. Es sind Jahre gewesen, in denen auch ich – und zwar unter anderem als Geschichtenerzähler – zur Schule gegangen bin“, behauptete er schon im Jahr 1954.

Zwei Jahre später war dies dann auch messbar: „Der kleine Wassermann“ erschien, Preußlers erster großer Erfolg. Und die Themen flogen ihm nur so zu. Denn die lagen quasi griffbereit im Kinderzimmer. Weil der Schriftsteller abends seinen drei Töchtern öfters selbst ausgedachte Gutenacht-Geschichten erzählte, wurden daraus irgendwann einmal auch Bücher. Wie „Die kleine Hexe“, der nächste Verkaufsschlager von Preußlers Schreibtisch.

Es folgte eine sehr kreative Zeit und in den folgenden Jahren erdachte Otfried Preußler Figuren, die auch heute noch zu den Stars der Kinderbuchszene gehören. Ganz vorne dabei: „Der Räuber Hotzenplotz“, „Das kleine Gespenst“ oder der „Kater Mikesch“, der durch die Augsburger Puppenkiste gleich noch bekannter gemacht wurde.

Als 1971 das Buch über den Zauberlehrling „Krabat“ erschien, dachten viele Stephanskirchner sofort daran, dass diese Geschichte wohl nur in der Krottenhausmühle spielen konnte, an der der Schriftsteller oft auf seinen langen Spaziergängen rund um Stephanskirchen vorbeikam. Der Autor selbst lächelte – und schwieg. Ein bisschen Geheimnis sollte wohl schon sein, denn die Krabat-Mühle, so denken Preußler-Kenner heute, stand wohl eher in seiner böhmischen Heimat.

Wie dem auch sei – eines ist verbrieft: Otfried Preußler hat nach all den Jahren in Stephanskirchen sein Herz an die Region verloren. Schon lange vor seiner Pensionierung an der Schule, die 1979 in Otfried-Preußler-Schule umgetauft wurde, engagierte er sich in der Region. Er war Mitbegründer des gemeinnützigen Hilfswerks für die orthopädische Kinderklinik Aschau und brachte sich bei vielen Wohltätigkeitsveranstaltungen für Kinder ein.

Dass bis zu seinem Tod am 18. Februar 2013 die Kinder einen besonderen Platz in seinem Herz hatten, zeigt die Tatsache, dass trotz vieler Ehrungen wie das Bundesverdienstkreuz oder der Maximiliansorden der Goldene Marmeladedeckel der Lese-Raben aus Brannenburg zu seinen liebsten Auszeichnungen zählten. Damit bewies Otfried Preußler, dass einer seiner berühmtesten Sätze nicht einfach so daher gesagt war: „Seien Sie gut zu den Kindern – wir haben nichts Besseres!“

Text: af – Fotos: re

Beitrag entstand in Kooperation mit dem Wendelstein Anzeiger – www.wendelstein-anzeiger.de

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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