Zu einem Konzert unter dem Motto „Dixit Dominus“ („Der Herr sprach“) luden der Chor „Sänger ohne Grenzen“ und die „Capella regalis“ unter der Leitung von Michael Anderl zu grenzenlos schöner Musik in die Pfarrkirche St. Andreas ein. Außer diesem gleichnamigen Werk HWV 232 von Georg Friedrich Händel (1685-1759) standen dessen Komposition „Nisi Dominus“ („Wenn nicht der Herr“), HWV 238, sowie Werke von Adam Gumpelzhaimer (1559-1625) zu dessen 400. Todesjahr auf dem Programm, wie „Surrexit Dominus“, „Cantabo Domino“ und „Aller Augen“. Weitere Werke aus der Zeit der Renaissance waren „Canzona octavi toni“ von Christian Erbach d.Ä. (um 1570-1635), „Canon terza à 6“ von Giovanni Priuli (um 1575-1626), „Magnificat primum à 5“ von Anton Holzner (um 1599-1635), „Intonazione del Ottavo tono“ von Giovanni Gabrieli (1557-1612) und „Regina caeli laetare à 6“ von Giacomo Perlazio (vor 1591-1612). Inhaltlich basieren diese Werke auf biblischen und liturgischen Texten.
Die Streicher der Capella regalis musizierten auf historischen Instrumente mit Darmsaiten und sorgten für den Originalklang der Zeit. Auch die Spielweise darauf unterscheidet sich von derjenigen der moderneren Instrumente. Zum Beispiel werden die Violinen ohne Kinnhalter an der Schulter angelehnt, die Bögen der Streichinstrumente werden nicht direkt am Frosch gehalten, sondern weiter vorne, und das größte und damit tiefste Streichinstrument ist eine Violone mit Bünden, wie sie auch eine Gitarre hat.
Werke der Renaissance und der Barockzeit standen sich hier gegenüber und ließen ihre unterschiedlichen Klang- und Rhythmuswelten aufscheinen. Im Vorwort des Programmheftes werden die unterschiedlichen Stile mit „prima prattica“ (etwa bei Gumpelzhaimer) und „seconda prattica“ (basierend auf dem Generalbass im Barock) beschrieben. In den beiden Werken von Georg Friedrich Händel, der ca. 100 Jahre nach seinen Komponistenkollegen geboren ist und der Barockzeit zugeordnet wird, glänzten die Solisten in ihren jeweiligen Soli und in unterschiedlichen Konstellationen, wie auch im Dialog mit dem Chor. Die Sopranistinnen Anne Reich und Eva Maria Amann bestachen – besonders im Schlussteil „Gloria patri“ von „Dixit Dominus“ – mit Koloraturen, bevor die Chorfuge das Werk abschloss. Auch Vanessa Fasoli, Alt, Manuel Warwitz, Tenor und Bongo Karadjov, Bass machten die barocken Werke von Händel zu etwas Besonderem. Der Chor gestaltete die Chorfugen delikat und transparent, so dass Händels programmatisch-inhaltliche Aussagen auch musikalisch zum Ausdruck kamen. Zum Beispiel erklingt im sechsten Satz von „Dixit Dominus“, in dem es um das strafende Gericht geht und „der Herr die Häupter im Land vieler Völker zerschmettern“ werde, zur bildlichen Veranschaulichung eine Abwärtsbewegung der Melodie, und das bedeutungstragende lateinische Verb wird beim Singen in Stücke zerrissen: „con-quas-sa-bit“, was der Chor deutlich zum Ausdruck brachte.
Nach der Canzona von Christian Erbach auf der Truhenorgel bot das „Surrexit Dominus“ von Gumpelzhaimer („Der Herr ist auferstanden“ – nach Matthäus 28 und Johannes 10) dem Chor die Möglichkeit im viermaligen Halleluja in allen Stimmlagen zu jubeln und so ein musikalisches Abbild aller Menschen zu symbolisieren, die Gott loben. Gumpelzhaimers „Cantabo Domino“ („Ich werde dem Herrn singen“) ist eine Psalmvertonung (Psalm 104). Dem eigentlichen „Magnificat“ nach Lukas stellte der Chor eine gregorianische Antiphon über Maria voraus, die gemeinsam mit Maria Magdalena am Ostersonntag nach dem Grab Jesu schauen wollte. Ein gregorianisches “Magnificat octavi toni“ wechselte danach versweise mit Anton Holzners „Magnificat“ ab, dargestellt durch den Wechselgesang zwischen dem Dirigenten und dem Chor. „Regina caeli laetare“ („Freu dich, du Himmelskönigin“) von Perlazio passte ebenfalls zum Marienmonat Mai.
Ein Konzert auf sehr hohem Niveau mit selten gehörter Musik.
Bericht und Fotos: Brigitte Janoschka
- Applaus für alle Mitwirkenden nach einem Konzert mit Seltenheitswert
- Bei den barocken Werken wirkten Solisten mit: (von vorne rechts hinter den Instrumentalistinnen) Manuel Warwitz, Tenor, Bonko Karadjov, Bass, Vanessa Fasoli, Alt und (links neben dem Dirigenten Michael Anderl) Eva Maria Amann, Sopran. Verdeckt: Anne Reich, Sopran.